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20 Jahre vor Erfindung des Internets

Die Geschichte von Ray Tomlinson und der ersten E-Mail

Erste E-Mail von Ray Tomlinson: @-Zeichen
Ray Tomlinson gilt als Erfinder der E-Mail Foto: Getty Images
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

7. Juli 2024, 9:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Ein digitales Leben ohne E-Mails ist heute kaum denkbar. Ihr Erfinder, Ray Tomlinson, war seiner Zeit damit weit voraus. TECHBOOK erzählt die ganze Geschichte.

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Sie haben es heute wahrscheinlich schon getan. Und viele andere Menschen haben es heute in jedem Fall schon getan. Weltweit passiert es täglich mehr als 300 Milliarden Mal. Es geht um die E-Mail. Der elektronisch versendete Brief hat die Kommunikation auf der ganzen Welt verändert. Ist eine Nachricht früher tage- oder wochenlang unterwegs gewesen, dauert die Zustellung einer E-Mail nicht länger als der Klick auf die Enter-Taste. E-Mail-Nummer 1 ging im Jahr 1971 auf digitale Reise. Versendet hat sie Ray Tomlinson. An den Inhalt kann er sich nicht mehr erinnern. Seine Erfindung hingegen hat die Welt auf den Kopf gestellt.

Ray Tomlinson und das ARPANET

Dass sich Ray Tomlinson nicht an den Text seiner ersten E-Mail erinnern kann, verwundert nicht. Schließlich arbeitete der US-Informatiker bei der Firma Bolt Beranek and Newman (BBN) in Cambridge, Massachusetts, Ende der 1960er-Jahre an ganz anderen Dingen.

Bei BBN forschte er zusammen mit einem Team an einer Möglichkeit, Dateien zwischen Computern hin- und herzuschicken. Das war damals vor allem für das Verteidigungsministerium der USA interessant. Dieses beauftragte BBN im Jahr 1968 mit dem Projekt.

Ziel der Forschung war es, ein Computernetzwerk aufzubauen. Das Netz trug den Namen ARPANET, die englische Abkürzung für: Advanced Research Projects Agency Network. Das ARPANET gilt als der Vorläufer des späteren Internets.

Schon bald fand Ray Tomlinson mit seinem Team eine Lösung, um Dateien zwischen verbundenen Computern zu verschicken. Während dieser Arbeit kam der Informatiker auf die Idee, es wäre doch hervorragend, nicht nur Dateien, sondern auch Nachrichten von einem Computer auf einen anderen zu schicken.

Passend zum Thema: Das wurde aus dem E-Mail-Dienst Hotmail

Vorläufer der E-Mail

Schon seit Mitte der 1960er-Jahre existierte eine Art Vorläufer der E-Mail. Damals gab es nicht viele Computer. Das lag auch an der enormen Dimension der damaligen Rechenmaschinen. Die ersten Computer glichen einer riesigen Schrankwand und kosteten eine Menge Geld. Daher leisteten sich nur Universitäten oder Forschungseinrichtungen ein solches Gerät.

Diese wenigen Geräte teilten sich dann mehrere Mitarbeiter. Am Institut für Technologie in Massachusetts entwickelten Programmierer das Nachrichten-System „Mailbox“. Damit konnte man zumindest Nachrichten auf dem Computer hinterlassen. Andere Kollegen sahen die Text-Nachricht dann beim nächsten Einschalten des Rechners.

Ray Tomlinson wollte allerdings Nachrichten auf elektronischem Wege zwischen mehreren Computern verschicken. Für seine Idee opferte er auch seine Freizeit. Seinen Kollegen erzählte er zunächst nichts von seinen Experimenten.

Wie die E-Mail an das @-Zeichen kommt

Im Jahr 1971 war es dann so weit. Der Informatiker schrieb ein kleines Programm. Angeblich brauchte er dafür nur wenige Stunden. Mithilfe dieses Programms wollte Ray Tomlinson eine digitale Nachricht versenden.

Dazu verband er zwei dicht nebeneinanderstehende Computer mit einem drei Meter langen Netzwerkkabel. Schon während der Programmierung überlegte er sich zudem eine Adress-Struktur. Diese bestand aus dem Namen des Absenders und dem Computernamen des Empfängers – also vom Gedanken schon ganz ähnlich wie heutige E-Mail-Adressen.

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Einziges Problem: Beide Namen mussten sinnvoll voneinander getrennt sein. Dafür sind Zahlen und Buchstaben allerdings ungeeignet. Auf seiner Tastatur entdeckte er dann allerdings das unscheinbare @-Zeichen. Dieses erfüllte genau den Zweck, den Ray Tomlinson beabsichtigt hat. Es kann als deutlich sichtbares Trennzeichen dienen und wird ansonsten in der üblichen Schreibsprache kaum benutzt.

So erlebte die Welt ohne allzu große Aufmerksamkeit die Geburtsstunde der ersten E-Mail-Adresse: „tomlinson@bbntenexa“. Die üblichen Kennungen wie „.com“ oder „.org“ fehlen noch. Sie sind schlicht überflüssig. Denn die Anzahl der Computer ist überschaubar.

Auch interessant: Setzt man einen zusätzlichen Empfänger in CC oder doch lieber BCC?

E-Mail zunächst bedeutungslos

Ray Tomlinson erfand die E-Mail nebenbei, in seiner Freizeit. Seine Erfindung war für die Menschen auch erst einmal ohne Bedeutung. Die Relevanz dieser „Freizeitbeschäftigung“ spielte der Informatiker später oft runter. Dabei hatte er damit die Kommunikation am Ende des 20. Jahrhunderts vollkommen verändert. Auch seine Kollegen bei BBN reagierten eher genervt. „Sag das bloß niemanden! An sowas sollten wir nicht arbeiten“, entgegnete ein Kollege Ray Tomlinson, als der ihm von seinem Programm erzählte.

Es dauerte noch knapp 20 Jahre, bis Ray Tomlinson und der Rest der Welt die Bedeutung der E-Mail für die weitere Computergeschichte begriffen. Ende der 1980er-Jahre startete nämlich das Internet. Die E-Mail wurde dann zum wichtigsten Kommunikationsmittel im World Wide Web.

E-Mail und Spam

Bereits im Jahr 1984 landete die erste elektronische Post in Deutschland. Sie wurde an „rotert@germany“ verschickt. Hinter der E-Mail-Adresse steckte Michael Rotert, der damals an der Universität Karlsruhe arbeitete.

Der Inhalt dieser E-Mail ist überliefert: „Willkommen in CSNET! Michael, this is your official welcome to CSNET.“ CSNET steht für Computer Science Network. Über dieses US-amerikanische Netzwerk tauschten sich damals Wissenschaftler elektronisch aus.

Neben der unumstritten nützlichen E-Mail hat Ray Tomlinson aber – vermutlich unfreiwillig – auch etwas anderes erfunden: den E-Mail-Spam. Die erste „offizielle“ Spam-Mail landet im Jahr 1978 über das ARPANET auf 400 Rechenmaschinen. Versendet wurde sie von Gary Thuerk, Mitarbeiter eines US-amerikanischen Computerunternehmens namens Digital Equipment Corporation.

Bei seiner E-Mail handelt sich um die Einladung zu einer Produktvorstellung. Der Name Spam-Mail tauchte allerdings erst Anfang der 1990er-Jahre auf, in den Anfängen des Internets.

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Leiser Ruhm

Ein wohlhabender Mann ist Ray Tomlinson mit seiner Erfindung nicht geworden. Der Informatiker arbeitete nicht einmal an der Weiterentwicklung der E-Mail-Technologie mit. Er verdiente sein Geld weiter als Programmierer, zuletzt beim US-Rüstungskonzern Raytheon.

Am 5. März 2016 verstarb Ray Tomlinson dann an einem Herzinfarkt. Vier Jahre vorher wurde er aber noch in die „Internet Hall of Fame“ aufgenommen – seine größte Auszeichnung. Seine „Freizeitbeschäftigung“, die E-Mail, bleibt hingegen auf ewig mit seinem Namen verbunden.

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