26. Mai 2017, 15:14 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Mit der Polaroid Snap Touch soll die Ära der Sofortbildkameras wieder aufleben – doch leider ist die Snap Touch zu sehr Lifestyle-Produkt und zu wenig brauchbare Kamera. TECHBOOK hat den Analog-Digital-Hybriden getestet.
Auf dem Papier klingt die „Polaroid Snap Touch“-Kamera nach einer guten Idee: Eine Digitalkamera, die den Charme der Sofortbildkameras wieder aufleben lässt, und gemachte Fotos nicht nur digital abspeichern, sondern auch sofort ausdrucken kann – so, wie man es von Polaroid-Kameras kennt. In der Praxis offenbart die Polaroid Snap Touch allerdings einige Schwächen, die einem den Spaß an der ansonsten vielversprechenden Idee etwas verderben. TECHBOOK hat die Kamera getestet.
Das Design der Kamera ist ihre größte Stärke
Knallig rot kommt unser Testgerät der Snap Touch daher – optisch ist die Kamera ein absoluter Blickfang und verbindet Retro-Optik mit minimalistischen Design. Der einzige physische Knopf am Gerät ist der Auslöser – der Rest läuft über den Touchscreen auf der Rückseite. Selbst das Ein- und Ausschalten der Kamera wurde mit dem Aufklapp-Blitz kombiniert. Dadurch spart man sich zwar einen weiteren Knopf am Gerät, riskiert aber auch, dass sich die Kamera in der Tasche von selbst einschaltet, da der federgelagerter Klappmechanismus sehr leichtgängig ist.
Ebenso minimalistsich wie das Design ist auch der Funktionsumfang: Wie das „Snap“ im Name schon suggeriert, ist die Kamera eher für Schnappschüsse gedacht. Die Einstellmöglichkeiten sind rudimentär: Bis auf ein paar Voreinstellungen für den Weißabgleich, Ein- und Ausschalten des Blitzes oder eine HDR-Funktion können keine manuellen Belichtungseinstellungen vorgenommen werden – selbst eine Belichtungskorrektur fehlt. Man muss sich also völlig auf den Auto-Modus verlassen. Stattdessen orientiert sich die Snap-Kamera an Vorbildern wie Instagram und erlaubt es, direkt Bilder als Collagen zu erstellen oder die Bilder mit Rahmen zu versehen, wie man sie aus dem sozialen Netzwerk kennt.
Bildqualität schlechter als beim iPhone
Was dabei an Foto-Qualität herausspringt, ist leider nicht viel besser als ein aktuelles Smartphone. Die mit 13 Megapixeln aufgelösten Bilder schneiden im direkten Vergleich mit einem iPhone 7 sogar etwas schlechter ab. Bei unserem Testmodell nahm die Schärfe des Bildes zu den Rändern hin immer weiter ab. Zudem ist die Bedienung der Snap Touch im Vergleich zum Smartphone um einiges träger und umständlicher, als man es gewohnt ist. Intuitiv versuchten wir, wie man es vom Smartphone kennt, per Tipp auf den Bildschirm den Fokus zu setzen – leider vergebens. Hier muss man sich voll auf den Auto-Fokus verlassen.
Die Kamera sucht dann häufig für einen Moment den Fokus, bis sie schließlich die Aufnahme macht. Dann folgt eine kurze Verarbeitungszeit, die bis zu zwei Sekunden dauern kann. Was kurz klingt, wirkt im Vergleich mit einem aktuellen Smartphone wie eine kleine Ewigkeit – besonders, wenn man eigentlich gleich das nächste Foto schießen will.
So gut funktioniert das Drucken
Aber das Feature, was die Polaroid Snap Touch überhaupt erst interessant macht, ist die Möglichkeit, die Fotos an Ort und Stelle drucken zu können. Das passiert auf Zink-Papier – einem speziellen Foto-Papier, in das die Farbpigmente bereits eingelassen ist. Die Kamera selbst braucht also keine Tinte, denn die bringt das Papier mit. Eine nette Dreingabe: Das Zink-Paper hat zusätzlich eine Klebefläche, sodass man die Drucke als Sticker verwenden kann.
40 Sekunden dauert ein Druck, währenddessen man allerdings weiter Fotos schießen kann. Eine klassische Sofortbildkamera ist da aber deutlich schneller. Die Druckqualität ist für die 5 x 7,6 Zentimeter großen Fotos in Ordnung – die Bilder sind ausreichend scharf. Allerdings könnten die Drucke kontrastreicher und heller sein – zumindest die Helligkeit kann man aber in den Einstellungen korrigieren. Dort kann man außerdem etwaigen Farbstichen entgegenwirken, und das ist auch nötig: Bei den Testbildern war mal ein rötlicher, dann ein stark bläulicher Stich in den Fotos zu beobachten, die in den digitalen Pendants nicht vorhanden waren.
Alternativ kann man auch Fotos vom Smartphone an die Snap Touch schicken und ausdrucken. Das passiert via Bluetooth und App und funktioniert angenehm reibungslos. Die Kosten für einen Druck belaufen sich auf ungefähr 50 bis 60 Cent pro Foto.
Zu viele Bugs und Probleme
Ärgerlich: Während des Tests mussten wir immer wieder mit kleineren und größeren Bugs und Nachsichtigkeiten kämpfen, die dem Foto-Spaß schnell ein Ende bereiteten.
Da hängt sich die Kamera gerne einfach mal auf und reagiert nicht mehr auf Nutzereingaben. Oder weigert sich, das frisch eingelegte Papier anzunehmen. Oder meldet beim Druck, dass das Papier nicht richtig erkannt wurde. Oder spuckt einfach nur ein weißes Blatt aus. Ist man gerade mit Freunden unterwegs und will einfach nur einen gemeinsamen Moment festhalten, dann können einen solche Fehler schnell die Laune verderben – und den richtigen Moment für ein Foto verpassen lassen.
Obendrein ist der Touchscreen ziemlich träge. Außerdem nervig: Der interne Speicher reicht gerade mal für 16 Fotos – wer mehr schießen will, muss zwingend mit einer Micro-SD-Karte nachrüsten.
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Fazit
Die Polaroid Snap Touch ist ein spannender Versuch, den Charme der Sofortbildkameras in das digitale Zeitalter zu hieven. Und mit der auffälligen Optik und dem Namen „Polaroid“, der zu einem Synonym für Sofortbildkameras geworden ist, ist dabei ein Lifestyle-Produkt herausgekommen, das allein durch den tollen Look Freunde finden wird.
Auf technischer Seite kann die Kamera aber bei weitem nicht so sehr überzeugen wie mit der Optik: Die Snap Touch ist zu träge, zu fehlerbehaftet. Sucht man nach einer Möglichkeit, gemachte Fotos auch unterwegs schnell ausdrucken zu können, dann ist man mit einem eigenständigen Zink-Drucker und Fotos vom Smartphone besser bedient – zum Beispiel HP aber auch Polaroid selbst haben solche Geräte im Angebot. Rund 120 Euro kosten die und sind damit gut 80 Euro günstiger als die Polaroid Snap Touch, die rund 200 Euro kostet.
Oder man entscheidet sich komplett analog zu gehen – und fotografiert einfach mit einer richtigen Sofortbildkamera. Die sind nämlich längst nicht ausgestorben: Fujifilm bietet nach wie vor eine Auswahl solcher Kameras an, die bei gut 70 Euro losgehen – hier fehlt aber wiederum die digitale Komponente.