22. Juli 2021, 16:45 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Vor genau einem Jahr hat OnePlus mit dem Nord sein erstes Mittelklasse-Smartphone präsentiert. Nun gibt es einen Nachfolger – das OnePlus Nord 2. Und das kommt mit einem außergewöhnlichen Versprechen, denn es soll keine Wünsche offen lassen. Ob das klappt, zeigt der Test.
„Pretty much everything you could ask for“ (So ziemlich alles, was man sich wünschen kann) heißt der Slogan, mit dem OnePlus das Nord 2 anpreist. Die eigentliche Einschränkung in der Aussage hat der Hersteller gestrichen, was das Versprechen sehr absolut macht. Gewagt von OnePlus oder einfach nur selbstbewusst? Genau dieser Frage sind wir im ersten Test des OnePlus Nord 2 nachgegangen.
Übersicht
Design und Verarbeitung des OnePlus Nord 2
Wir fangen wie immer mit dem ersten Eindruck an. Hier kann der Hersteller voll und ganz überzeugen. Das OnePlus Nord 2 ist nicht nur sehr hübsch anzusehen, wobei vor allem die türkise Glasrückseite der Version „Blue Haze“ überzeugt. Es ist auch hervorragend verarbeitet und bietet einen soliden Lieferumfang. Neben dem Smartphone liefert OnePlus auch ein Ladekabel, ein Netzteil mit hohen 65 Watt sowie eine durchsichtige Schutzhülle aus Silikon mit. Lediglich Kopfhörer fehlen, was bei den meisten Herstellern mittlerweile aber der Fall ist.
Dem Gerät selbst sieht man nicht an, dass es sich hierbei um ein Modell der Mittelklasse handelt. Es könnte auch einer höherpreisigen Kategorie zugeordnet sein. Denn die Glasrückseite, das nahezu randlose Display mit Punchhole-Notch sowie die schicke Kameraeinfassung auf der Rückseite machen einiges her. Die seitlichen Tasten sind druckfest und präzise im Gehäuse eingelassen. Hier gibt es somit nichts zu beanstanden. Doch verzichtet OnePlus beim Nord 2 auf eine IP-Norm. Zwar soll das Smartphone laut Hersteller Wasser und Staub standhalten können, den eigentlichen Zertifizierungsprozess im Labor hat es aber nicht durchlaufen. Somit können wir nur davon abraten, die Wasserfestigkeit selbst zu prüfen.
Display und Darstellung
OnePlus verwendet im Nord 2 ein Fluid-AMOLED-Display mit einer Full-HD+-Auflösung von 2400 x 1080 Pixel. Bei einer Displaydiagonale von 6,43 Zoll ergibt das eine Pixeldichte von 410 ppi. Die Werte sind allesamt in Ordnung, stechen aber auch nicht hervor. Anders als die Darstellung selbst, die durch eine satte, aber dennoch natürliche Farbwiedergabe mit hohen Kontrasten und scharfer Schrift überzeugt. Softwareseitige Anpassungen wie „Color Boost“ und „Resolution Boost“ unterstützen die Darstellung. Über eine künstliche Intelligenz optimiert der Bildschirm selbst die Farbintensität und Auflösung – beispielsweise bei YouTube-Content mit eigentlich niedriger Auflösung, der durch „Resolution Boost“ schärfer wiedergegeben werden kann.
Die Bildwiederholrate beträgt 90 Hz. Das ist ein guter Wert, der aber nicht an die Oberklasse herankommt, die oft 120 Hz unterstützt. Dennoch ist sie ein Pluspunkt für Gamer, die durch die 90 Hz eine deutlich flüssigere Wiedergabe und Szenenwechsel erleben als beim Standard von 60 Hz.
Eingangs haben wir das Display als nahezu randlos bezeichnet. Vollständig bis zu den Seiten erstreckt es sich somit nicht. Die Ränder hat OnePlus jedoch schmal gelassen, sodass der Look insgesamt modern erscheint. Positiv ist auch, dass der Bildschirm keine Krümmung hat und somit auch keine störenden Spiegelungen auftreten.
OnePlus Nord 2 im Performance-Check
Das OnePlus Nord 2 ist ein Mittelklasse-Smartphone und muss entsprechend eingeordnet werden. Eine High-End-Ausstattung mit allen Finessen dürfen Nutzer hier somit nicht erwarten. Eine solide Performance mit aktuellem Prozessor und guter Speicheraustattung aber schon. Und die bietet des OnePlus Nord 2.
Für den Antrieb sorgt der Mediatek Dimensity 1200 AI. Hierbei handelt es sich um einen aktuellen Octa-Core-Chip mit einer 1-2-3-Architektur. Der Ultra-Core in Form des Cortex A78 bietet eine maximale Taktrate von 3 GHz und wird immer dann zugeschaltet, wenn das Gerät einen starken Leistungsschub benötigt. Für die reguläre Performance sind anderenfalls die zwei Super-Cores Cortex A78 mit bis zu 2,6 GHz sowie die vier Energiespar-Kerne Cortex A55 mit bis zu 2 GHz zuständig. Die Aufteilung zeigt bereits das hohe Leistungspotenzial, das der Dimensity 1200 AI verspricht. Der Chip ist in der Leistung in etwa dem Qualcomm Snapdragon 870 gleichzusetzen.
Das „AI“ im Namen steht übrigens für die künstliche Intelligenz. Mediatek hat bei seinem Chip im Vergleich zum regulären Dimensity 1200 die APU („AI Processing Unit“) ausgebaut, sodass sich neue automatische Lernprozesse ergeben. Davon profitiert die Software, beispielsweise in Form der erwähnten Displayoptimierungen.
Im Test zeigte sich die gute Performance des Chips in Form von schnellen Reaktionen und Ladezeiten. Beim Scrollen durch die Apps, dem Laden von Inhalten und der ruckelfreien Videowiedergabe kann das OnePlus Nord 2 durchweg überzeugen. Fraglich bleibt die Performance beim Gaming, die wir noch nicht im Detail testen konnten. Reguläre Android-Games meistert der Chip zwar problemlos, ob das aber auch bei den anspruchsvollen Titeln der Fall ist, bleibt abzuwarten. Immerhin haben die Prozessoren von Mediatek im Bereich Gaming immer etwas schlechter als die von Qualcomm abgeschnitten. An dieser Stelle sollte auch erwähnt werden, dass das OnePlus Nord 2 kein echtes Gaming-Smartphone mit eigenem Kühlsystem und 120-Hz-Panel ist.
Technische Ausstattung im Überblick
OnePlus Nord 2 | |
---|---|
Display | 6,43 Zoll, FluidAMOLED, 90 Hz |
Auflösung | FHD+ (2400 x 1080 Pixel), 410 ppi |
Prozessor | Mediatek Dimensity 1200 AI Octa-Core (1x A78 3 GHz + 3x A78 2,6 + 4x A55 2 GHz) |
RAM | 8 / 12 GB GB |
Speicher | 128 / 256 GB, nicht erweiterbar |
Hauptkamera | Triple-Kamera 50 MP Weitwinkel, f/1.88, OIS 8 MP Ultra-Weitwinkel, f/2.25, EIS 2 MP, f/2.5 4K-Video mit 30 FPS |
Kamera-Modi | Nightscape Ultra, AI Photo Enhancement, AI Video Enhancement, UltraShot HDR, Portrait Mode, Night Portrait Mode, Panorama, Pro Mode |
Frontkamera | 32 MP, f/2.45, EIS |
Akku | 4500 mAh, Warp Charge 65 |
Software | Android 11 mit Oxygen OS 11.3 (2 große Android-Updates + 3 Jahre lang Sicherheitsupdates) |
Sicherheit | Fingerabdrucksensor unterm Display, Face Unlock, PIN, Passwort |
Verbindungen | Bluetooth 5.2, NFC |
Internet | WLAN a/b/g/n/ac/ax, LTE, 5G |
Sonstiges | Dual-Lautsprecher, Dual-SIM |
Maße und Gewicht | 158,9 × 73,2 × 8,25 mm, 189 Gramm |
Farben | Gray Sierra, Blue Haze |
UVP | 8/12 GB: 399 Euro 12/256 GB: 499 Euro |
Mit 8 GB RAM und 128 GB Speicher bzw. 12 GB RAM und 256 GB Speicher stehen zwei Ausführungen mit guter Speicherausstattung zur Verfügung. Leider besitzt das OnePlus Nord 2 keinen Micro-SD-Kartenslot, eine Speichererweiterung ist somit nicht möglich. Im SIM-Kartenslot ist lediglich Platz für zwei Nano-SIMs. Immerhin unterstützen beide Plätze 5G.
Anschlüsse und Verbindungen
Bluetooth 5.2, NFC, WLAN 6 und 5G – eigentlich alles dabei, was ein aktuelles Smartphone benötigt. Auch Stereo-Lautsprecher bringt das OnePlus Nord 2 mit, die für ein so kleines Gerät einen erstaunlich satten und lauten Sound bieten. Bei sehr lauter Tonausgabe kommt das Smartphone allerdings ins Scheppern. Auch ein Klinkenanschluss für Kopfhörer fehlt dem Gerät. Sie müssen somit entweder per USB-C oder aber kabellos per Bluetooth angebunden werden.
Android 11 bereits an Bord
OnePlus liefert das Nord 2 bereits mit Android 11 aus. Darüber hat der Hersteller das Oxygen OS 11.3 gelegt. Es ist das erste Smartphone, das mit der neuen Version kommt. Oxygen OS zeichnet sich durch seine saubere Oberfläche ohne Bloatware (vorinstallierte Drittanbieter-Apps) sowie Features wie einem integrierten Dark Mode und anpassbaren Themes aus.
Der Hersteller verspricht zwei große Android-Updates und drei Jahre lang Sicherheitsupdates. Somit ist Besitzern des Gerätes das im Herbst erscheinende Android 12 und Android 13 im kommenden Jahr garantiert.
Schützen lässt sich das System am besten per Fingerabdruck. Der sitzt unter dem Displayglas und reagiert zügig. Nervig ist nur, dass man zunächst den Power-Button drücken muss, um das Smartphone zu aktivieren. Anderenfalls wird der Sensor nicht aktiv.
Kamera im Check
Den Kamera-Test hätten wir beinahe nicht gemacht. Denn beim ersten Öffnen erforderte die App den Zugriff auf das Telefon, um den Telefonstatus zu lesen. Warum? Wird der Zugriff nicht gewährt, schließt die App und das Fotografieren ist nicht möglich. Wir haben diesbezüglich bei OnePlus angefragt, warten aber noch auf eine Antwort.
Ansonsten ist die App gut und übersichtlich aufgebaut. Sie bietet unter anderem einen speziellen Nachtmodus, einen Portrait-Modus, aber auch einen Pro-Modus, mit dem Nutzer selbst alle wichtigen Einstellungen vornehmen können. Im Videobereich ist besonders der neue Dual-View-Modus interessant, der es erlaubt, sowohl mit der Front- als auch der Rückkamera gleichzeitig zu filmen. So lassen sich die eigenen Reaktionen einfangen, auch wenn man hinter der Kamera steht.
Aufnahmen gelingen recht zügig – das kennen wir von früheren Smartphones wie dem OnePlus 7T noch anders. Grund hierfür ist der schnell reagierende Autofokus und der flotte Auslöser im Nord 2 – prima! Schade ist jedoch, dass sich Videoaufnahmen nur in 4K mit bis zu 30 FPS (Bilder pro Sekunde) aufnehmen lassen. Die 8K-Videoaufnahme bleibt den Oberklasse-Smartphones vorbehalten.
Sensoren im Detail
Doch welche Hardware steht zum Fotografieren und Filmen eigentlich zur Verfügung? Das OnePlus Nord 2 bietet eine Triple-Kamera bestehend aus einem 50 Megapixel-Hauptsensor, einem Ultra-Weitwinkel mit 8 Megapixel und einem weiteren 2-Megapixel-Sensor. Ein Teleobjektiv fehlt leider, was in manchen Situationen ein echter Nachteil ist. Abgesehen vom Hauptsensor also eher Durchschnitt. Da schaffen andere Mittelklasse-Smartphones mehr.
Erwähnt werden sollte beim Hauptsensor jedoch, dass es sich um den IMX766 von Sony handelt, den wir schon vom OnePlus 9 kennen. Ihm zur Seite steht ein optischer Bildstabilisator. Besonders am Randbereich von Motiven zeigt der Sensor dank der Freeform-Linse seine Stärken. Es kommt zu weniger Verzerrungen. Außerdem nimmt er auch bei schlechten Verhältnissen viel Licht auf und leuchtet so Motive besser aus. Farben wirken natürlich und dennoch leuchtend.
Die Frontkamera macht Bilder mit bis zu 32 Megapixel, was in diesem Segment sehr gut ist. Sie sitzt in einer Punchhole-Notch. Es gibt einen speziellen Portait-Modus, der den Hintergrund automatisch verschwommen darstellt. Das klappte im ersten Test ganz prima.
Akku – in kürzester Zeit geladen
Der Akku hinterlässt im Test einen guten Eindruck. Mit 4500 mAh hat er eine ordentliche Kapazität und lässt sich dank Warp Charge 65 auch unglaublich schnell wieder aufladen. In gerade einmal gut einer halben Stunde ist die entleerte Batterie wieder voll. OnePlus verzichtet beim Nord 2 allerdings auf Wireless Charging. Zudem bleibt das leistungsstarke 65-Watt-Netzteil, das dem Lieferumfang beiliegt, nur dem Smartphone selbst vorbehalten. Es unterstützt kein PD (Power Delivery) und kann somit nicht zum Schnellladen anderer Geräte wie Laptops oder der Nintendo Switch genutzt werden. Schade!
Preise
Das OnePlus Nord 2 gibt es in zwei Ausführungen und in den zwei Farben Gray Sierra (matt) und Blue Haze (glänzend – hier im Test). Die Version mit 8 GB Arbeitsspeicher und 128 GB internem Speicher gibt es bereits für 399 Euro, ein guter Preis. Mit 499 Euro teurer ist die Version mit 12 GB RAM und 256 GB Speicher. Beide Varianten sind ab dem 28. Juli 2021 verfügbar.
Insgesamt ist die Ausstattung des OnePlus Nord 2 durchaus konkurrenzfähig. Andere Smartphones bis 400 Euro bieten recht ähnliche, manchmal sogar etwas schlechtere Merkmale. Die Highlights des Modells sind vor allem der leistungsstarke Chip, WLAN 6 und 5G sowie die gute Speicherausstattung.
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Fazit: Keine Wünsche offen? Na ja…
Unser Fazit zum OnePlus Nord 2 fällt nach dem ersten Test gemischt aus. Das Smartphone bietet einige Highlights, ist schick anzusehen und leistet sich im Betrieb kaum einen Patzer. Allerdings schneidet sich der Hersteller mit seinem gewählten Werbeslogan selbst ins Fleisch. Ein solches Versprechen kann und sollte man nicht geben, da jeder Nutzer andere Ansprüche an sein Smartphone hat. Doch auch, wenn wir neutral bewerten und den Mittelklasse-Status des Gerätes streng berücksichtigen, bleibt nur ein Fazit: Nein, OnePlus hält sein Versprechen nicht ein.
Dem OnePlus Nord 2 fehlen diverse Punkte, um wirklich wunschlos glücklich zu machen. Das sind unserer Meinung nach:
- eine IP-Norm
- die Möglichkeit, den Speicher zu erweitern
- eine Klinkenbuchse
- Wireless Charging
- bessere Sensoren für Kamera 2 und 3, allen voran ein Teleobjektiv
Das Schlimme ist, dass uns viele dieser Punkte eigentlich nicht gestört hätten, wäre eben nicht das Versprechen gewesen, das unsere Erwartungshaltung an das Smartphone beeinträchtigt hat. Somit sind wir am Ende etwas enttäuscht, obwohl das Gerät an und für sich gut und empfehlenswert ist.