9. November 2023, 11:35 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Konto erstellen, App herunterladen, Kontakte knüpfen und Inhalte abrufen – das war bei den Social-Media-Riesen bisher kostenlos möglich. Doch nun müssen Nutzer in der EU entscheiden: Möchten sie die Dienste weiter gratis nutzen, doch dafür (unter anderem) einen Haufen Werbung angezeigt bekommen? Oder schließen sie lieber ein kostenpflichtiges Abo ab? TECHBOOK hat sich die Features der einzelnen Bezahl-Modelle angeschaut und beantwortet, ob sie sich lohnen.
Surfen ohne Werbung? Das war einmal. Von browserbasierten Websites über Apps – digitale Inhalte werden quasi überall durch Anzeigen ergänzt. Das kann den Spaß am Surfen natürlich ein wenig trüben. Nutzer, die der Spam nervt, können deshalb immer öfter Abos abschließen. So geschehen müssen sie für ihren Zugang zwar bezahlen, bekommen dafür aber keine oder zumindest weniger Werbung angezeigt. Solche Bezahl-Modelle haben in den vergangenen Jahren zahlreiche redaktionelle Portale eingeführt; bei Streaming-Anbietern wie Netflix, Amazon Prime Video und Disney+ sind es vor allem ergänzende Abo-Optionen, die – gegen einen höheren Beitrag – weniger beziehungsweise keine Spots zwischenschalten sollen. Nun ziehen die Social-Media-Dienste nach.
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Übersicht
Warum auf einmal Bezahl-Modelle bei Social Media?
Hintergrund der Neuerungen sind bei den meisten Social-Media-Diensten veränderte Datenschutz-Bestimmungen in Europa. Diese bringen mit, dass Nutzer explizit zustimmen müssen, die durch ihre Social-Media-Aktivität preisgegebenen Informationen für personalisierte Werbung zur Verfügung zu stellen.
Wer das nicht möchte, soll über das neue Abo-Modell die Möglichkeit bekommen, sich davon „freizukaufen“. Es ist also nicht nur ein abwägen zwischen Werbung und keine Werbung, sondern auch, wie hoch man den Schutz der eigenen Daten priorisiert.
13 Euro für Meta-Dienste ohne Werbung
Bei den Diensten von Meta – Facebook und Instagram – würde ein solches Bezahl-Modell für die Apps „ab 12,99 Euro“ kosten und käme dann ohne Werbung aus. Für die Nutzung über den Browser wären es immer noch rund 9,99 Euro.
Allerdings: Bei den bereits happigen Beträgen soll es nicht bleiben. Wer das Kleingedruckte im Meta-Newsroom ausführlicher liest, findet heraus, dass die genannten 9,99 Euro beziehungsweise 12,99 Euro sämtliche verknüpften Konten eines Nutzers abdecken – vorerst. „Ab dem 1. März 2024 wird jedoch eine zusätzliche Gebühr von 6 Euro pro Monat im Browser und 8 Euro für iOS und Android für jedes zusätzliche Konto im Account Center des Nutzers erhoben.“ Die Kosten können sich also ziemlich läppern.
Die verschiedenen Abo-Modelle von X
Die Meta-Dienste sind nicht die einzigen, die Nutzer zur Kasse bitten wollen. Elon Musk, Chef von X (ehemals Twitter), tut es bereits. Das schon vor Monaten eingeführte „X Premium“ kostet monatlich rund 9,50 Euro und versorgt Abonnenten einerseits mit dem blauen Häkchen, das einen verifizierten Account attestieren soll. Darüber hinaus bietet es „vorzeitigen Zugang zu ausgewählten neuen Funktionen“, heißt es dazu im X-Hilfe-Center. Werbung kommt trotzdem, aber demnach nur halb so viel wie in der Gratis-Version.
Im Oktober launchte Musk ein weiteres Abo-Modell, das für bereits 19 Euro im Monat ganz ohne Werbung auskommen will. Gleichzeitig kam das günstigere, doch dafür auch funktionell eingeschränkte Abonnement für ca. 3,60 Euro.
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Auch TikTok soll kostenpflichtig werden
Ebenfalls TikTok plant offenbar die Einführung einer werbefreien Version. Das hat das Social-Media-Portal laut einem Bericht des Online-Magazins „Tech Crunch“ inzwischen bestätigt. Ein solches Bezahl-Abo soll demnach monatlich rund 4,99 US-Dollar (etwa 4,68 Euro) kosten und befinde sich aktuell im Test. Erste Nutzer sollen bereits Screenshots von Bannern gemacht haben, die zur Wahl zwischen der bisherigen werbefinanzierten und einer neuen kostenpflichtigen, doch dafür werbefreien Version auffordert.
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Lohnt es sich, für Instagram, Facebook oder Twitter zu zahlen?
Die monatlich aufgerufenen Preise der Social-Media-Riesen sind recht hoch. Ob es sich lohnt, sie zu bezahlen, ist – neben der eigenen finanziellen Situation – vor allem eine Frage der Haltung zum Thema Privatsphäre. Denn klar: Der (wenn auch nicht unerhebliche) Faktor Werbereduktion ist nur das Eine. Dass folglich die persönlichen Informationen von Abonnenten nicht mehr verwendet werden sollen, ist ein weiteres wesentliches Argument. Wem der Schutz seiner Daten wichtig ist, für den kann ein entsprechendes Bezahl-Modell sinnvoll sein.
Gleichzeitig sollte man wohl das Produkt, um das es hier geht, auch kritisch einordnen. Social Media kann einerseits zur Zerstreuung und daneben als sinnvolles Informationsmedium genutzt werden. Die Plattformen bringen aber auch nicht zu unterschätzende Gefahren für die Demokratie und das gemeinschaftliche Zusammenleben mit. Und viel profaner: Die meisten von uns würden wohl zugeben, dass die Nutzung von Social Media häufig aus reiner Routine erfolgt. Man hat das Smartphone auch deshalb recht häufig in der Hand. Und diese mal aufs Herz: Fühlen Sie sich, wenn Sie Ihren Insta-Feed durchgegangen sind, öfter so richtig gut?
Die TECHBOOK-Redaktion kommt in der Mehrheit am ehesten zu der Meinung, dass sich die Bezahl-Abos auf Instagram, X, Facebook und Co. nicht lohnen. Der große Vorteil ist neben dem Thema Datenschutz erstmals ein teilweise werbefreies Erleben der Plattformen. Aber wie bereits erwähnt: Am Ende hat jeder seine eigenen Prioritäten, die Entscheidung ist individuell.