25. Juni 2017, 8:19 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wer mit waghalsigen Sportvideos aus der Ich-Perspektive beeindrucken möchte, greift meist zur Actioncam. Zahllose Hersteller bereichern inzwischen mit ihren Modellen den Markt. Die sind aber längst nicht alle gleich gut. Knackpunkt ist der Verwacklungsschutz.
Lange schien es nur den Hersteller GoPro zu geben, dessen Unternehmensname für viele zum Synonym für Actioncams geworden ist. Doch längst erweitern Modelle verschiedenster Marken von Sony über Rollei oder Ricoh bis hin zu Panasonic das Angebot.
Außerdem gibt es Niedrigpreis-Produkte aus China, die teils für knapp 100 Euro zu haben sind. „Actioncams unterscheiden sich gegenüber klassischen Digitalkameras und Camcordern vor allem in zwei Punkten“, sagt Moritz Wanke vom „Chip“-Magazin: Objektiv und Robustheit.
„Actioncams nutzen in fast allen Fällen ein Ultra-Weitwinkelobjektiv“, erläutert Wanke. So zeichnen sie möglichst viel von der Umgebung auf, je nach Modell bis zu fast 180 Grad. So muss man nicht allzu sehr auf den Bildausschnitt achten, wenn man in vollem Tempo durch den Puderschnee wedelt. Wer die Kamera nur in die richtige Richtung hält, hat das Wichtigste drauf. Dafür müssen Actionfilmer andere Abstriche machen. Die Geräte haben keinen optischen Zoom. Und durch die Weitwinkellinse entsteht der Fischaugeneffekt, die Linien sehen am Rand des Bildausschnittes extrem verzerrt aus. Ein Tipp fürs Filmen daher: zentrale Motive in die Mitte. Dann erscheinen die Proportionen einigermaßen realistisch.
Vorteile bieten die sportlichen Kameras beim Gehäuse. Das steckt Stürze ebenso gut weg wie Sand oder Spritzwasser. Mit vielen Modellen kann man abtauchen, teilweise sogar ohne zusätzliches Schutzgehäuse. „Wir lassen die Kameras aus einem Meter Höhe auf Beton oder eine Wasseroberfläche fallen und machen einen Kältetest bei minus zehn Grad“, erzählt Sandra Schwarz von der Stiftung Warentest. Erkenntnis aus den Robustheitsprüfungen: „Die halten das ziemlich gut aus.“
Deutlicher unterscheiden sich die Kameras bei der Bildqualität. „Mit Gegenlicht haben viele Probleme“, sagt Schwarz. Gleiches gelte für wenig Licht. Hier macht sich auch die abgespeckte Ausstattung der kompakten Actionhelden im Vergleich zu anderen Kameras oder Camcordern bemerkbar. Oft lassen sich nur ISO-Wert oder Weißabgleich manuell regeln. Auch das Fokussieren fällt wegen der Festbrennweite weg. Alles, was weiter entfernt ist als der Schärfepunkt, verschwimmt. „Im Hintergrund hat man nur noch Brei“, sagt Schwarz.
Was die Auflösung angeht, bieten inzwischen die meisten Hersteller Ultra-HD, auch als 4K bekannt. „Das entspricht der vierfachen Auflösung von Full-HD und bedeutet für die Praxis mehr Details und höhere Schärfe“, erklärt Wanke. Allerdings geht dadurch auch viel Speicher und Akkuleistung drauf. Eine weitere Kennzahl ist die Bildrate: Je mehr Bilder pro Sekunde, desto flüssiger wird die Aufnahme nachher abgespielt, vor allem bei Slow-Motion-Wiedergabe. Testerin Schwarz weist allerdings darauf hin, dass man sich hier nicht unbedingt auf die Angaben der Hersteller verlassen kann.
Wichtiger als Auflösung und Bildrate sei ein wirkungsvoller Verwacklungsschutz, betont Schwarz. Sonst erkennt man etwa von der rasanten Downhill-Fahrt im Nachhinein nur wildes Durcheinander. Deshalb braucht es einen leistungsfähigen Bildstabilisator, der auch das Geruckel auf der Mountainbike-Piste ausgleicht. „Bei manchen Videos wird einem sonst schon beim Zusehen schlecht“, sagt Schwarz. Da die Hersteller meist keine Kennzahlen zum Bildstabilisator angeben, sind Nutzer hier auf Testberichte oder eigene Probefilme angewiesen.
Und wie soll das eigentlich gehen mit dem Filmen, wenn man mit vollem Karacho durch die Landschaft prescht, seine ganze Konzentration und vor allem beide Hände zum Lenken braucht? „Angefangen bei klassischen Klebehalterungen über spezielle Klemmhalterungen für Motor- und Fahrradlenker bis hin zu Brustgurten und Tiergeschirr steht für jede Gelegenheit das Passende bereit“, zählt Wanke die Befestigungsoptionen für Actioncams auf. Schwarz rät, beim Kauf auf das beiliegende Zubehör zu achten. Überraschend: „Oft haben die preiswerten Modelle das meiste Zubehör dabei.“
Darüber hinaus unterscheiden sich die Kameras in den Details der Ausstattung. Manche bieten zusätzliche Anzeigen wie Barometer oder Geschwindigkeitsmesser, Zeitraffer und Zeitlupenaufnahme oder Fotofunktion, weiß Constanze Claus vom Photoindustrie-Verband. Steuern lassen sie sich entweder über eingebaute Bildschirme, Fernbedienungen oder per App auf dem Smartphone. Neuere Modelle funktionieren zunehmend per Sprachsteuerung, wodurch man die Hände frei und keine Probleme mit der Bedienung hat – etwa mit den dicken Snowboard-Handschuhen den Aufnahmeknopf zu treffen.