27. Oktober 2022, 20:15 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Wer beim Dating auf Online-Plattformen nach einiger Zeit aufgefordert wird, Nacktbilder oder explizite Videos zu verschicken, sollte sehr vorsichtig sein. Denn Bilder und Webcam-Videos mit sensiblen Inhalten können im Internet schnell in falsche Hände geraten. TECHBOOK erklärt die miese Internet-Erpressung, die auch Sextortion genannt wird.
Verschiedene Polizeidienststellen warnen immer wieder vor der Erpressung durch Sextortion, das vermehrt junge Männer betrifft. Sextortion ist ein englischer Begriff und bezeichnet eine sexuelle Erpressung über das Internet. Zuletzt hatte die Thüringer Polizei mehrere Fälle öffentlich gemacht.
Übersicht
So funktioniert die miese Online-Erpressung
Bei der Masche versuchen die Täter, über soziale Netzwerke und Dating-Plattformen, mit ihren potenziellen Opfern ins Gespräch zu kommen. Die Cyber-Kriminellen gehen dabei sehr kreativ vor. Solche Erpressungen zielen aber immer auf das Gleiche ab – Scham bei den Opfern auszulösen, damit diese hohe Geldsummen zahlen.
So wurde laut thüringischer Polizei ein 19-Jähriger im Oktober über Instagram erpresst. Ihm wurde eine Nachricht geschickt, dass ein Video mit sexuellem Inhalt vom ihm existiere, auf dem er nackt sei. Falls er nicht 9000 Euro zahlt, würden alle seine Kontakte dieses Video zugeschickt bekommen. Die Drohung einer Veröffentlichung im Internet ist in solchen Fällen üblich. Andere junge Männer in Thüringen sollten im September und Oktober ebenfalls hohe Summen zahlen, ansonsten würden die heimlich aufgezeichnete Videos veröffentlicht. Die bayrische Polizei warnte schon im September 2022 vor vermehrten Fallzahlen.
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Wer im Netz unterwegs ist, sollte generell niemals der Bitte nachkommen, fremden Personen eindeutige Fotos zu schicken oder erotische Handlungen in einem Video zu zeigen. Im Internet können sich Betrüger schnell als jemanden anderes ausgeben. Die Täter gehen dabei perfide und in verschiedenen Varianten vor.
Variante I: Die Flirt-Falle auf Dating-Portalen
Bei der Dating-Variante versuchen die Täter das Vertrauen der Opfer über Flirt-Nachrichten zu erlangen. Oft läuft es nach dem gleichen Schema ab. Man loggt sich in seinen Account ein und empfängt auf einmal eine Freundschaftsanfrage oder Nachricht von einer unbekannten Person. Nach einer kurzen Sichtung des Profilbildes fällt einem auf, dass die Person einem zwar unbekannt, aber durchaus attraktiv ist. Wer dann nicht misstrauisch wird, wenn es direkt in eine sexuelle Richtung geht, geht in die Sextortion-Falle. Denn meist flirten die Täter auf Instagram, Facebook, Snapchat oder Twitter und geben sich als junge Frauen aus, die an sensiblen Material mit sexuellem Inhalt interessiert sind.
Sie versuchen, ihre Opfer schnell zu überreden, sich vor der Webcam auszuziehen und sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Die Täter lenken die Kommunikation dabei häufig auf Video-Telefonie um. Dann fällt es ihnen leichter, Videos und Bilder mit sexuellem Inhalt abzugreifen. Danach beginnt die Internet-Erpressung, indem gedroht wird, das gesammelte Material zu veröffentlichen, falls keine Zahlungen fließen.
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Variante II: Erpressung mit geklauten Daten
Eine andere Variante von Sextortion sind Nachrichten und E-Mails an eine Vielzahl von Personen. Dabei handelt es sich meisten um reine Drohungen, dass Nacktvideos oder -Bilder existieren. Die Cyber-Kriminellen haben die Hoffnung, dass unter den zahlreichen Empfängern einige Personen Angst bekommen. In Wirklichkeit haben die Täter aber keine Informationen über ihre angeschriebenen Opfer.
Tatsächlich kann es aber auch passieren, dass ein Empfänger dieser Nachrichten mit seinem Namen und persönlichen Informationen angeschrieben wird. In diesem Fall basiert die Internet-Erpressung auf im Darknet veröffentlichte Daten, die gekauft wurden. Damit untermauern die Täter ihre Behauptung, der Rechner oder gegebenenfalls das Smartphone seien gehackt worden. Oft bauen die Täter auch einen Link in ihre Nachrichten ein, um die Opfer von den vermeintlichen Nacktvideos zu überzeugen, warnt die Polizei Nordrhein-Westfalen. Zum Glück besitzen die Täter oft gar kein kompromittierendes Material.
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Variante III: Drohung mit „gehacktem“ Material
Manchmal kommen die Betrüger auch an kompromittierendes Material, indem sie Daten eines mit Malware infizierten Rechners, Laptops oder einem anderen Endgerät abgreifen. Dies kann zum Beispiel passieren, wenn eine speziell präparierte Porno-Webseite besucht wird, erklärt die Polizei Bremerhaven. Ein Virusprogramm aktiviert in diesen Fällen die Webcam des ahnungslosen Opfers, während es sexuelle Inhalte konsumiert. Die entsprechenden Filmaufnahmen greifen die Täter ab und stellen anschließend die üblichen Forderungen nach Geld. In diesem Fall sollten die Opfer den Computer mit einer Firewall und Anti-Virus-Programmen schützen.
Warum trifft die Internet-Erpressung junge Männer?
Laut einer kanadischen Studie des Canadian Centre for Child Protection (CCCP) trifft Sextortion überwiegend männliche Internetnutzer. Von 322 gesammelten Fällen im Juli 2022 sind bei 92 Prozent der Fälle männliche Jugendliche und junge Männer betroffen.
In der Vergangenheit sind zwar auch junge Frauen und Mädchen im Internet mit sensiblen Fotos erpresst worden, aber dies ändert sich immer mehr. Der Unterschied ist, dass die Täter ein krankes sexuelles Interesse an ihren weiblichen Opfern haben und es weniger auf eine Erpressung von Geldsummen hinausläuft. So wollen die Täter von jungen Frauen und Mädchen immer „mehr Bilder und Videos gewinnen, um ihr eigenes Verlangen zu schüren“, sagt Stephen Sauer, Direktor von Cybertip.
Durch den Geldfokus der Erpressungen sind vermehrt männliche Opfer ins Visier der Kriminellen gekommen. Die Gründe, warum junge männliche Opfer ins Visier der Kriminellen geraten, ist auch biologisch begründbar, so Stephen Sauer.
„Wir müssen realisieren, dass Jugendliche, insbesondere Jungen in diesem Alter anfällig für Manipulationstaktiken sind, sie dazu zu bringen, sich online an sexuellen Handlungen zu beteiligen“.
CBC, Stephen Sauer im CCCP.
Tipps, um Sextortion zu verhindern
Das LKA Niedersachsen und verschiedene Polizeidienststellen der Länder geben Tipps, um die Internet-Erpressung mit Videos und Bildern zu verhindern:
- Keine Freundschaftsanfragen von fremden Personen annehmen
- Regelmäßig Account- und Privatsphäreeinstellungen prüfen
- Nicht leichtsinnig persönliche Daten veröffentlichen (Anschrift, Geburtsdatum, Aufenthaltsort usw.)
- Nicht vorschnell einem Videochat zustimmen
- Die Chatkamera abkleben, um nur verbal zu kommunizieren
- Keinen intimen Handlungen in Videochats zustimmen
- Betriebs- sowie Virenschutzsysteme auf dem aktuellen Stand halten, um sich vor Schadsoftware, sogenannter Malware, zu schützen.
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Das sollten Opfer einer Internet-Erpressung tun
- Zahlen Sie in keinem Fall. Ignorieren Sie den Betrüger! Brechen Sie den Kontakt sofort ab!
- Bei verdächtigen E-Mails NIE auf einen Link klicken, es könnte sich eine Schadsoftware dahinter verbergen.
- Wenn Sie betroffen sind, erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.
Wer zur Polizei geht, sollte alle Chatverläufe und Nachrichten zur Beweissicherung mit Screenshots sammeln. Falls im Internet intimes Material veröffentlicht wird, lohnt es sich auch, seriöse Seitenbetreiber und Plattformen anzuschreiben, um eine Löschung zu veranlassen. Generell sollte man bei Kontakten im Internet immer Vorsicht walten lassen. Zudem sollte niemals das Schamgefühl überwiegen. Denn der Gang zur Polizei ist bei Erpressungen generell empfehlenswert. Die Täter sind für die deutsche Polizei zwar schwer greifbar, weil sie oft im Ausland sitzen. Aber vor Scham nichts zu tun, bringt die Täter in eine bessere Position. Von Zahlungen an anonyme Personen ist abzuraten. Wer einmal zahlt, kann sich nie sicher sein, ob er weiterhin erpresst wird.
Quelle:
- Thüringer Polizei Pressemitteilung, aufgerufen am 27.10.22.
- LKA Niedersachsen, aufgerufen am 27.10.22.
- Polizeipräsidium Ober-Bayern Nord, aufgerufen am 27.10.22.
- Polizei Nordrhein-Westfalen, aufgerufen am 27.10.22.
- CBC, aufgerufen am 27.10.22.