11. September 2024, 18:05 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Die IFA 2024 ist jüngst zu Ende gegangen und für unseren TECHBOOK-Redakteur Woon-Mo Sung endet damit ein besonderes Erlebnis. Nachfolgend erklärt er, warum.
Für TECHBOOK ist es gang und gäbe, jedes Jahr bei der IFA vorbeizuschauen, um über neue Tech-Trends zu berichten. 2024 war auch ich das erste Mal beruflich auf der in Berlin ansässigen Messe dabei. Doch während meine Kolleginnen Rita Deutschbein und Marlene Polywka als Messe-Veteraninnen die Tage routiniert vorbereiteten und bestritten, erhöhte sich mit jedem nahenden Tag vor dem IFA-Besuch mein Puls ein wenig mehr. Denn nicht nur würde ich das erste Mal für unser Portal ein solches Event besuchen oder seit drei Jahren wieder mit einem Pressebadge um den Hals herumlaufen dürfen. Es war auch generell meine erste IFA seit mehr als 20 Jahren. Und das rief allerlei Emotionen in mir hervor.
Bei meinem letzten IFA-Besuch gab es nicht einmal Smartphones
Nachfolgend soll es nicht um neue Entwicklungen und Produkte der diesjährigen Messe gehen. Vielmehr über diese an sich. IFA, das waren für mich drei magische Buchstaben, auf die ich mich als Teenager immer gefreut habe. Wann immer sie sich damals ankündigte, war sie bei mir und meinen Freunden ein heißes Gesprächsthema. Welche Erfindungen würde es dieses Mal zu sehen geben? Und vor allem: Welche Games könnten wir ausprobieren?
Damals, Ende der 90er-Jahre und in den frühen Nullerjahren, existierte die große inländische Konkurrenz der Gamescom (ehemals Games Convention) noch nicht. Und bei meinem letzten IFA-Besuch gab es noch nicht einmal Smartphones.
Dafür verhieß die IFA immer viele kostenfreie Goodies und auch jede Menge Unterhaltung: In mehreren Hallen gab es spektakuläre Shows oder es stand auch schon mal eine Halfpipe herum, auf der Profis mit dem BMX oder Skateboard ihre Tricks zeigten (vermutlich ging es um ein neues „Tony Hawk’s Pro Skater“). Die Gaming-Hallen der IFA waren damals wie das deutsche Gaming-Äquivalent zur E3 in Los Angeles – ein kleines Spielemekka aus Kostümen, Sounds und Animationen; und das gleich um die Ecke. Aber auch in den anderen Bereichen hatte ich stets das Gefühl, dass dort aus Science-Fiction Realität wurde. Jede IFA überraschte mit einem neuen Fingerzeig in eine aufregende Zukunft voller Möglichkeiten. Was für Zeiten.
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Die IFA fühlte sich überraschend gegenwärtig an
2024 stellte sich zumindest für mich persönlich dieses Gefühl nicht mehr ein. Die Gamescom ging erst kurz vor der IFA 2024 über die Bühne, also wozu noch schwere Spielegeschütze in Berlin auffahren? Tatsächlich bin ich auf der Suche nach der diesjährigen Gaming Area mal eben dreimal an ihr vorbeigelaufen – so unscheinbar waren die paar kleinen Kabinen mit PCs.
Die freudige Spannung, die Aufregung in Anbetracht cooler neuer Vorstellungen, all das blieb weitestgehend aus. Stattdessen viele Kühlschränke, Waschmaschinen, Tastaturen, die üblichen riesigen Fernseher und natürlich – KI, KI, und noch mehr KI.
Das Thema ist seit einigen Jahren allgegenwärtig und insgesamt machte mein IFA-Erlebnis einen nicht sehr zukunftsweisenden Eindruck, sondern wirkte eher befremdlich gegenwärtig – zumindest im Vergleich zur, ich gestehe, romantisch verklärten Vergangenheit, als ich aus dem Staunen einfach nicht herauskam. So schlenderte ich die meiste Zeit durch die Gänge, um nahezu nirgends Halt zu machen. Außer beim knuffigen LG-Roboter, der Gefühle erkennen kann. Und bei der kostenlos verteilten Zuckerwatte eines Spielzeugherstellers.
Spaß mit dem Pressebadge
Ist die IFA über die Jahrzehnte einfach langweiliger geworden? Oder bin nur ich das Problem? Vielleicht springt mich in meiner tumben und sicher fehlgeleiteten Erwartung an Dauerbespaßung einfach nicht mehr viel an. Wer weiß. Aber ehe ich mit Anlauf einen Köpper in die nächste seelische Sinnkrise mache, rufe ich mir lieber auch ins Gedächtnis, dass ich trotzdem viel Freude hatte. Vielleicht nicht mit den meisten Messeständen an sich, aber dafür mit vielem anderen.
Allen voran mit Marlene und Rita, mit denen ich die ersten zwei meiner insgesamt vier Tage meines IFA-Besuchs bestritt. Gemeinsam huschten wir ins Pressezentrum, verrichteten unser Tagesgeschäft, nahmen an einigen Pressekonferenzen teil und blödelten bei Samsung vor einer Kamera herum.
Ich muss auch zugeben, dass ich es generell genoss, nach Jahren wieder einmal von einem Presseprivileg profitieren zu können – in Form von mehrtägigem Messezutritt, Gratis-Kaffee und einem köstlichen „100 Jahre IFA“-Cupcake. Manchmal kann ich als Journalist eine verwöhnte kleine Kackbratze sein, aber wenn sich diese Gelegenheit schon bietet (was nicht oft vorkommt), dann genieße ich es auch und dazu stehe ich.
Pöbeln beim Filmtalk und anschließend feiern
Bei meinen Streifzügen über das Gelände landete ich übrigens rein zufällig bei einem Filmtalk von Media Markt mit den Kritikern Robert Hofmann und David Hain, die mit Dietmar Wunder, dem Synchronsprecher von Adam Sandler und Daniel Craig, gesprochen haben. Weil ich mit Schrecken feststellen musste, dass keiner der drei spontan auf den Vornamen des legendären Effektekünstlers Ray Harryhausen kam, rief ich laut von der Seite einfach „Ray!“ rein – das wurde auf der Bühne und vom Publikum anerkennend wahrgenommen.
Und weil die Moderatorin eben offiziell dazu einlud, schlich ich mich im Anschluss auf eine abendliche Party, um nicht nur Drinks und Essen zu genießen, sondern auch um einem im Sommergarten stattfindenden Musikfestival beizuwohnen – herrlich! Rita und Marlene haben definitiv etwas verpasst.
Ein Selfie mit Nicole Scherzinger
Eigentlich lief der offizielle Arbeitsteil auf der IFA 2024 für uns nur zwei Tage, Donnerstag und Freitag. Da ich aber am betreffenden Wochenende ohnehin keine anderen Pläne hatte, entschied ich mich spontan dazu, auf eigene Faust das Messegelände unsicher zu machen. Und zumindest wollte ich mal wieder einen echten Superstar aus nächster Nähe sehen. Da kam es gerade recht, dass die ehemalige „Pussycat Dolls“-Frontfrau Nicole Scherzinger für ein Gespräch zu Gast war.
Danach macht sie Halt in der Halle 17, wo es laut Informationen auf der IFA-Webseite ein Meet and Greet mit ihr geben sollte. Was aber niemand wusste: Dazu gab es eine Gästeliste, für die man sich im Vorfeld anmelden, beziehungsweise qualifizieren konnte – und selbstverständlich zeigten sich dann vor allem Influencer oder andere Industrievertreter vor Ort.
Der Besucherandrang war dennoch groß und viele versuchten, Scherzinger auf dem Weg nach draußen noch ein Foto oder ein Autogramm zu entlocken. Da ich in diesem Moment offenbar nichts Besseres mit meinem Leben anzufangen wusste und eh schon da herumstand, brachte auch ich mich in Stellung – mit Erfolg:
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120 Meter über Berlin
Es war übrigens nicht nur mein erster IFA-Besuch seit mehr als 20 Jahren. Wie ich herausfand, war der Aufzug für den Berliner Funkturm für Gäste kostenlos nutzbar. Und das nutzte ich gleich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, um 120 Meter über dem Erdboden einige ruhige Momente bei einer wunderschönen Aussicht und einer angenehmen Brise zu genießen – an einem Tag allein, am zweiten mit meiner Kollegin Mariya Winterstein und ihrem Mann Roland bei guten Gesprächen. Ich war seit meiner Kindheit nicht mehr dort oben.
Zum Abschluss nahm ich bei mehr als 30 Grad in der Sonne Platz im Sommergarten und lauschte einigen Musik-Acts live bei Eis und Crêpe. Und dabei ließ ich meine ganz persönliche IFA 2024 Revue passieren. Es hat sich seit meinem letzten Besuch einiges verändert und damit meine ich nicht nur die Messe selbst.
Vorbei sind die Zeiten, in denen ich mit Schulfreunden voll juveniler Vorfreude für ein Ticket in der langen Schlange stand und es nicht erwarten konnte, neue Games und Gadgets in die Hände zu bekommen. Dieser unbeschwerte Teil ist jetzt unwiederbringlich Teil der Vergangenheit und ich komme einfach nicht drumherum mir gewahr zu werden, dass ich jetzt einfach mal mehr als 20 Jahre älter bin und ein ganz anderes Leben führe.
Ist es besser oder schlechter? Die Antwort variiert je nach Tagesform. Aber sicher ist, dass mein IFA-Besuch mich mit einem bittersüßen Gefühl aus nostalgischer Sehnsucht und Zufriedenheit im Hier und Jetzt zurücklässt. Und was jetzt noch zu tun bleibt, ist, den Blick in die Zukunft zu richten – auf die IFA 2025.