24. Mai 2019, 16:10 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Die Folgen des US-Verbotes für amerikanische Unternehmen, die mit Huawei zusammenarbeiten, werden immer stärker sichtbar. Nun entfernt Google das Huawei Mate X und P30 Pro vollständig von Android.com.
Die USA hatten Huawei erst letzten Freitag auf eine schwarze Liste von Unternehmen gesetzt, deren Geschäftsbeziehungen zu US-Partnern strengen Kontrollen unterliegen. Wer US-Technik an Huawei verkaufen oder transferieren will, muss eine Lizenz erwerben. Diese kann laut US-Regierung verweigert werden, wenn Sicherheitsinteressen berührt sind.
Mit der neuesten Entwicklung wird Google – von einer dreimonatigen Gnadenfrist abgesehen – künftig nicht mehr in der Lage sein, mit dem chinesischen Unternehmen bei der Einführung neuer oder der Aktualisierung bestehender Geräte zusammenzuarbeiten.
Auf der offiziellen Android-Homepage von Google gibt es eine Liste von Geräten, die dazu dient, die Vielfalt in Sachen Hardware-Kompatibilität des Betriebssystems hervorzuheben sowie die neuesten Geräte von Samsung, Nokia und Co ins Rampenlicht zu stellen. In dieser Woche entfernte Google nun das aktuelle Huawei-Flaggschiffe und P30 Pro und das in den Startlöchern stehende Falt-Smartphone Mate X aus dem Seitenabschnitt.
Auch aus der von Google geführten Liste über Smartphones, auf denen Android läuft, sind sämtliche Huawei-Smartphones seitdem verschwunden. In der Liste werden sind die Geräte aller Smartphone-Hersteller verzeichnet, die eine Android-Partnerschaft mit Google haben. Sucht man jetzt in dem Verzeichnis nach dem Begriff „Huawei“, werden keine Ergebnisse gefunden.
90 Tage Aufschub für Teil der Maßnahmen gegen Huawei
Zumindest bis Mitte August müssen sich Nutzer von Huawei-Smartphones noch keine Gedanken über Software-Updates und Google-Apps machen. Die US-Regierung gab zugunsten der Nutzer etwas nach und lockerte die strengen Maßnahmen gegen den chinesischen Konzern. Nun werden einige Kooperationen mit Huawei für zunächst 90 Tage weiterhin erlaubt. Diese Ausnahmeregelung betrifft vor allem die Versorgung bereits ausgelieferter Smartphones sowie den Betrieb von Mobilfunk-Netzwerken mit Huawei-Technik.
Für Nutzer von Huawei-Smartphones bedeutet das unter anderem, dass Google in den kommenden drei Monaten die Telefone weiterhin in vollem Umfang mit Updates und Apps versorgen wird. Die einstweilige Lockerung gilt jedoch nicht für die Verwendung von US-Technologie in neuen Produkten. Damit ist Huawei künftig weiterhin untersagt, Smartphone-Modelle mit vorinstallierten Google-Diensten zu verkaufen. Der Aufschub der Maßnahmen solle Betroffenen die Zeit geben, nach Alternativen zu suchen und sich auf die Änderungen einzustellen, erklärte das US-Handelsministerium in der Nacht zum Dienstag. Es werde nun geprüft, ob die Regelung über 90 Tage hinaus verlängert werde.
Bei der jüngsten Vorstellung der neuen Top-Modelle der Huawei-Tochtermarke Honor gab es keine Stellungnahme zu den Vorgängen bei Google. Die Geräte bleiben also vorerst von den Sanktionen unberührt.
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Was passiert nach Ablauf der 90-Tage-Frist?
Die Zusammenarbeit von Huawei und Google liegt also vorerst auf Eis. In der Konsequenz könnte nun eine Folge sein, dass sich auf neuen Geräten der Chinesen in Kürze keine Google-Dienste mehr nutzen lassen. Doch was ist mit Nutzern, die bereits ein Huawei-Gerät ihr Eigen nennen?
Wie TECHBOOK auf Nachfrage seitens des Herstellers mitgeteilt wurde, gibt es für Besitzer von Huawei-Smartphones und -Tablets keinen Anlass zu befürchten, dass ihre Geräte von heute auf morgen nicht mehr funktionieren. Auch wenn Google nicht mehr mit dem chinesischen Telekommunikations-Unternehmen zusammenarbeiten darf, versichert der Internet-Konzern den Nutzern, dass der Zugriff auf den App-Store weiterhin erhalten bleibt. Produkte, die bereits verkauft wurden oder aktuell verkauft werden, sind nicht betroffen. Es werden weiterhin Sicherheitsupdates und Services zur Verfügung gestellt, für alle Huawei- und Honor-Smartphones sowie Tablets, die bereits verkauft wurden oder weltweit noch auf Lager sind.
Auch die wichtigen Hintergrunddienste von Google Play sollen weiter funktionieren. Außerdem sollen die Nutzer den Aussagen zufolge weiter auf die diversen, unter dem Schlagwort Play Protect zusammengefassten Sicherheitsfunktionen bauen können. Durch den unveränderten Zugriff auf den Play Store müssen sich Verbraucher auch keine Sorgen machen, beliebte Anwendungen wie Google Maps oder Gmail nicht mehr nutzen zu können.
Alternative Stores
Wer sich von Googles App-Store und Anwendungen unabhängiger machen möchte, kann alternative Stores wie etwa F-Droid ausprobieren. Dort finden sich ausschließlich freie, Open Source Anwendungen.
Auch der Amazon Appstore, APKMirror.com oder die Seiten der App-Entwickler selbst können gute Quellen sein. APKMirror.com oder Entwickler bieten allerdings nur Apps im apk-Format zur Installation an und es gibt keine automatischen App-Aktualisierungen wie bei App-Stores.
Einen ausführlichen Artikel mit Anleitung, wie Sie Android ohne Google benutzen können, finden Sie hier: So nutzen Sie Ihr Android-Smartphone ohne Google-Konto.
Eigenes Betriebssystem noch Ende 2019?
Aufgrund des massiven Drucks durch die US-Sanktionen will der chinesische Konzern bald mit einem eigenen Betriebssystem an den Start gehen. Diese Plattform soll bestenfalls noch 2019 oder spätestens zum nächsten Frühjahr einsatzbereit sei.
Den Ankündigungen zufolge soll das System mit Namen „HongMeng“ auf Smartphones, Computern, Tablets, Fernsehern, in Autos und tragbaren Geräten laufen. Darüber hinaus soll sie mit Android-Apps kompatibel sein, kündigte Yu Chengdong, Chef der Huawei-Verbrauchersparte, im Gespräch mit der chinesischen Zeitung „Phoenix News“ an.
Bereits seit 2012 verfolgt das Unternehmen die Entwicklung eines eigenen Betriebssystems. Die Arbeit daran soll nun nochmal massiv beschleunigt werden, da Huawei durch die Einschränkungen durch die US-Regierung eklatante Wettbewerbsnachteile erwartet. Diese entstehen zum Einen, weil andere Smartphone-Anbieter neue Versionen des Android-Betriebssystems früher erhalten und Huawei keine vorinstallierten Google-Dienste mehr anbieten dürfe.
Weitere US-Partner trennen sich von Huawei
Wie die BBC berichtete, hat inzwischen auch der Chipentwickler ARM jegliche Zusammenarbeit mit Huawei eingestellt. Die Chip-Entwürfe von ARM bilden die Grundlage der Prozessoren in nahezu allen aktuellen Smartphones und Tablets. Das gilt auch für die Chips aus Huaweis eigener Entwicklung.
ARM ist in Großbritannien ansässig und gehört dem japanischen Technologiekonzern Softbank. Die Firma habe ihre Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass die Chip-Designs von ARM auch aus den USA stammende Technologie enthielten und deshalb alle Geschäfte mit Huawei eingestellt werden müssten, berichtete der britische Sender. Ohne eine Zusammenarbeit mit ARM dürfte Huawei das Smartphone-Geschäft außerhalb des chinesischen Heimatmarktes vergessen können.
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Auch für Google ein Risiko
Neben seiner überwältigenden Dominanz beim Desktop-Browsing hat die weit verbreitete mobile Nutzung von Maps, Gmail und den anderen Diensten von Google hat dem US-Unternehmen geholfen, eine marktführende Position mit Android aufzubauen.
Mit der Trennung von Huawei riskiert Google jedoch, dass die umsatzgenerierenden Daten aller Huawei-Nutzer weltweit wegfallen könnten.
Die Konkurrenz, chinesische Smartphone-Hersteller wie Xiaomi, Oppo und OnePlus allen voran, werden die Entwicklungen genau verfolgen. Sollte es Huawei tatsächlich gelingen, erfolgreich ein eigenes System aufzubauen, ist es naheliegend, dass sich diese Unternehmen ebenfalls Gedanken machen, wie sie sich von der Abhängigkeit solcher externer Faktoren lösen können.