30. Dezember 2019, 10:56 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Tiere in freier Wildbahn ganz nah heranholen, Details entdecken, die sonst in der Distanz verborgen bleiben: Ferngläser sind nicht nur für viele Naturliebhaber unersetzlich. Doch wer noch nie eines besessen hat, sollte sich vor dem Kauf schlau machen.
Das kleine Einmaleins von Ferngläsern
Stefan Bosch vom Landesverband Baden-Württemberg des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) beobachtet gerne Vögel in freier Wildbahn und setzt das minimale Budget für ein Einsteiger-Glas bei 150 Euro an. Für die Suche müsse man zunächst die angegebenen Werte richtig interpretieren: „Jedes Fernglas definiert sich zunächst über eine Zahlenkombination, zum Beispiel 10×40“, erklärt Bosch.
„Die Zahl 10 beschreibt, um wie viel näher ein Objekt dem Betrachter erscheint. Im Beispiel also erscheint ein 50 Meter entfernter Vogel, als wäre er fünf Meter entfernt“. Er rät zu einer 7- bis 10-fachen Vergrößerung. Hinzu kommt das Sehfeld: Es ist kleiner, je stärker das Fernglas vergrößert. Man hat mehr Schwierigkeiten, ein Objekt zu finden, je kleiner das Sehfeld ist.
Der zweite Wert gibt den Durchmesser der Frontlinse in Millimetern (mm) an – und eine weitere Eigenschaft: den Lichteintritt. Faustregel: Eine größere Frontlinse ab 40 mm ist für ungünstige Lichtverhältnisse besser. Wer das Fernglas nur am Tag nutzt, kann auf Werte von 20 bis 32 mm setzen.
Größere Frontlinse besser bei wenig Licht
Die Lichtstärke hängt auch von der Vergrößerung ab. Eine Beispielrechnung: Die Größe der Frontlinse, etwa 40 mm, geteilt durch die Vergrößerung, etwa 10, ergibt den Wert 4. Dieser Wert mit sich selbst multipliziert, hier im Beispiel also 16, ergibt die Lichtstärke. Faustregel laut Bosch: „Je größer die Zahl, umso größer die Lichtstärke und desto heller und detailreicher das Bild.“
Eine weitere wichtige Kennzahl ist für Bosch die Dämmerungszahl: Wie gut stellt das Fernglas Objekte in der Dämmerung dar? Der Wert sollte zwischen 12 und 25 liegen, so der Nabu-Experte: „Je höher die Zahl, umso brillanter und heller erscheint das Bild“. Brillenträgern empfiehlt Bosch, das Glas im Fachhandel einstellen zu lassen.
Das kleine Leichte für die Wandertour
Für Markus Bautsch von der Stiftung Warentest ist eine entscheidende Überlegung, wie man das Fernglas nutzen möchte: „Lichtstarke, große und schwere Ferngläser sind ideal fürs Birdwatching, kleine leichte mit geringerer Vergrößerung eher was für die Wandertour.“ Nabu-Experte Bosch empfiehlt eine konkrete Checkliste für die Auswahl beim Fachhändler: „Achten Sie auf Handlichkeit, Bedienungsfreundlichkeit, Ergonomie und optische Qualität“, so der Experte: „Für gelegentliches Beobachten reicht ein Glas mit 7×42, 7×50 oder 8×42, für leidenschaftliche Beobachter ist 10×40 oder 10×50 optimal und in der Dämmerung ein 8×56 vorteilhaft“. Die spielten allerdings preislich häufig in der Oberklasse.
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Schadstoffe in Gehäusen, Augenmuscheln oder Gurten
Einen großen Wermutstropfen für Fernglas-Freunde hat die Stiftung Warentest gefunden: 16 von 17 getesteten Feldstechern („test“-Ausgabe 8/2019) aus allen Preisklassen waren mit schädlichen, teils krebserregenden Stoffen belastet und wurden „mangelhaft“ bewertet. Die Stoffe steckten in Gehäusen, Augenmuscheln oder Gurten – für Tester Markus Bautsch genau die Teile, mit denen Nutzer häufig in Kontakt sind: „Die Riemen lassen sich entfernen. Vorsichtige Nutzer können auch durch Handschuhe und Kragen den Kontakt reduzieren.“ Zudem seien einige Schadstoffe flüchtig gewesen, daher sollten neue Ferngläser vor dem ersten Gebrauch möglichst lange ausdünsten.
Der Testsieger Canon 10×30 IS II (460 Euro) war als einziges Fernglas im Vergleichstest nicht mit Schadstoffen belastet und erreichte ein „Gut“ (2,0). Es punktet zudem mit einem Bildstabilisator. Die besten optischen Eigenschaften im Test hatten das Steiner Skyhawk 4.0 10×42 (480 Euro) sowie das Zeiss Terra ED 10×42 (445 Euro).
Beide Ferngläser hätten ohne die schadstoffbedingte Abwertung im Test ganz vorne mitgespielt. Bei diesen beiden Modellen weisen die Warentester deshalb darauf hin, dass nur die Tragegurte belastet waren, sich diese aber entfernen lassen. Und beide Hersteller tauschen belastete gegen unbelastete Gurte um. Anfänger sollten sich also nicht abschrecken lassen. Die Belohnung seien viele unvergessliche Eindrücke, sagt Nabu-Mann Bosch. „Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, draußen ohne Fernglas unterwegs zu sein.“