14. April 2021, 8:02 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Viele kleben die Webcam ab, um sich nicht beobachtet zu fühlen. Denn Kameras werden immer kleiner und unauffälliger. Nicht so hingegen die „Eyecam“.
Ein Forscherteam an der Universität des Saarlandes hat eine Webcam entwickelt, die aussieht wie ein menschliches Auge. Die Designstudie trägt den Namen „Eyecam“ und soll unser Verhältnis mit sogenannten „Sensing Devices“ wie etwa Webcams und Sprachassistenten in Frage stellen.
Ist die Eyecam ein verspäteter Aprilscherz?
Auf den ersten Blick wirkt die Eyecam wirklich wie ein Scherz. Auch das Promo-Video, in dem die Augenkamera – oder das Kameraauge? – vorgestellt wird, erweckt nicht den Eindruck, als wäre das Projekt ernst gemeint. Mit der Eyecam eine Bindung eingehen? Ihr die Augenbrauen streicheln und sie mit anderen Personen teilen?
Doch ganz im Gegenteil, hinter der Eyecam verbirgt sich ein Forschungsprojekt, das unseren Umgang mit den Kameras und Mikrofonen, die uns im Alltag ständig umgeben, auf den Prüfstand stellt.
Komplexe Imitation des menschlichen Auges
Die Eyecam ist nicht nur im Aussehen, sondern auch in der Funktionalität an das menschliche Auge angelehnt. Die Kamera kann das Gegenüber in eine beliebige Richtung verfolgen und blinzelt dabei. Selbst die Lider und die Augenbraue werden dabei mitbewegt. Schaut das Auge etwa nach oben, öffnet sich das obere Lid vollständig, während sich das untere schließt.
Auch kann das Auge menschliche Emotionen imitieren. Dazu verändert Eyecam die Augenbraue in etwa so, wie Menschen es tun würden.
Aus der Ferne wirkt die Eyecam recht realistisch, mit Falten in der Haut, einzelnen Haaren in Braue und Lidern. Sogar kleine Äderchen sind in der Sklera (auch „weiße Augenhaut“) zu erkennen.
Mini-Computer und Teile aus dem 3D-Drucker
Der Bewegungsapparat und die Elektronik sitzen in einem Gehäuse, das von der Silikonhaut umgeben ist. Die Kamera wird von einem Raspberry Pi Zero gesteuert, ein Mini-Computer, der oft für derartige Projekt zum Einsatz kommt. Die Eyecam wird einfach an einen Computer angeschlossen und als Webcam erkannt.
Die Teile der Eyecam kommen aus dem 3D-Drucker – inklusive das halbrunde Auge selbst. Die Silikonhülle ist handgearbeitet, die Haare einzeln eingesetzt.
Das Projekt ist komplett Open Source, das heißt, die Baupläne stehen kostenlos zur Verfügung. Wer Zugriff auf einen 3D-Drucker hat, kann die Eyecam also jederzeit nachbauen.
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Eyecam ist Teil einer wissenschaftlichen Arbeit
Teyssier hat die Eyecam zusammen mit seinem Team am Human-Computer Interaction Lab an der Universität des Saarlandes entwickelt. Das Projekt ist Teil einer wissenschaftlichen Arbeit mit dem Titel „Eyecam: Revealing Relations between Humans and Sensing Devices through an Anthropomorphic Webcam“ (Eyecam: Das Aufdecken der Verhältnisses zwischen Menschen und „Sensing Devices“ durch eine anthropomorphe Webcam).
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Der Forscher ist der Meinung, dass „Sensing Devices“ wie Kameras und Mikrofone unseren Alltag infiltriert haben, sodass wir gar nicht mehr merken, dass sie da sind. Teyssier schreibt auf der Projektseite: „[wir sind umgeben] von Überwachungskameras, die uns auf der Straße beobachten, Google- und Alexa-Lautsprecher hören uns zu“. Auch die Webcam in unserem Laptop schaue uns ständig zu und wir würden es gar nicht mehr bemerken. Die Eyecam soll das genaue Gegenteil dazu sein. Die Kamera soll auffallen und deutlich machen, dass sie das Gegenüber auf Schritt und Tritt verfolgt.