6. Februar 2019, 18:19 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
E-Scooter sollen im Frühjahr endlich auch in Deutschland zugelassen werden. TECHBOOK erklärt, was Sie für den Kauf wissen müssen.
Bereits seit einiger Zeit ist ein Gesetzesentwurf in der Mache, der endlich die langersehnte Fahrerlaubnis für die sogenannten E-Scooter, also kleine motorisierte Tretroller, bringen soll. In anderen europäischen Ländern und vor allem in den USA sind die kleinen Elektrotretroller schon längst an der Tagesordnung. Vor allem für die „letzte Meile“ von der U-Bahn bis zum Arbeitsplatz oder kürzere Strecken, die zu Fuß zu lang sind, stellen die Roller eine saubere Alternative zum Auto dar.
Bislang sind diese Fahrzeuge in Deutschland im öffentlichen Straßenverkehr jedoch verboten und dürfen nur auf abgeschlossenem Privatgelände betrieben werden. Das Inkrafttreten der Verordnung war ursprünglich für das Jahr 2018 angesetzt, nun soll es laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) endlich so weit sein. Noch im ersten Halbjahr 2019 wird mit dem neuen Gesetz gerechnet.
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Bislang heftige Strafen für illegale Fahrzeugführung
Elektrisch oder anderweitig motorisierte Fahrzeuge, die schneller als sechs Kilometer pro Stunde fahren, setzten bislang Versicherung, Führerschein und Zulassung voraus. Ausnahme sind die zweirädrigen Segways mit Lenkstange, für die es eine gesonderte gesetzliche Ausnahmeregelung gibt. Alle anderen elektrischen Fahrzeuge, die kleiner als ein E-Bike und schneller als eine elektrische Spielzeugeisenbahn unterwegs sind, können also höchstens im eigenen Garten gefahren werden.
Bislang war es nicht möglich, für E-Scooter eine Zulassung zu bekommen, da die Fahrzeuge nicht den Anforderungen entsprechen, die laut der Straßenverkehrsordnung an Kraftfahrzeuge gestellt werden. Ohne Zulassung bekommt man auch keine Versicherung, was praktisch einem Verbot gleichkommt.
Wer sich trotzdem mit einem E-Scooter, E-Board oder Hoverboard auf die Straße begibt, verstößt gleich mehrfach gegen geltende Gesetze. Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, Fahren ohne Zulassung und bei Jugendlichen womöglich auch noch Fahren ohne Fahrerlaubnis. Dass das richtig teuer werden kann, steht außer Frage: neben hohen Geldstrafen droht im schlimmsten Fall sogar eine Haftstrafe.
Zumindest für E-Scooter soll der Gesetzesentwurf der Bundesregierung nun eine rechtliche Grundlage schaffen, damit die Fahrzeuge im Straßenverkehr legal genutzt werden können. Auch eine Ausnahmeverordnung für Fahrzeuge ohne Lenkstange ist laut Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister (CSU), in Arbeit.
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Neuer Gesetzesentwurf nicht ohne Kritik
Laut Scheuers Verordnung müssen die elektrisch betriebenen Roller eine Lenkstange, zwei Bremsen, Blinker vorne und hinten, sowie eine Klingel haben. Auf eine Anfrage der Grünen über den Stand des Gesetzesentwurfs antwortete die Bundesregierung Mitte 2018: „Elektrokleinstfahrzeuge sollen im Verordnungsentwurf unter anderem mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mindestens 12 km/h bis maximal 20 km/h definiert werden. Die geplante Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am öffentlichen Straßenverkehr beinhaltet zulassungs-, fahrerlaubnis-, genehmigungs- und verhaltensrechtliche Aspekte. Elektrokleinstfahrzeuge sollen zukünftig verkehrsrechtlich wie Fahrräder mit der Maßgabe besonderer Vorschriften behandelt werden.“
Besondere Vorschriften heißt in diesem Fall, dass die Nutzung von E-Scootern nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gestattet sein wird. So wird als Maximalgeschwindigkeit 20 km/h vorgeschrieben, 5 km/h weniger als bei E-Bikes erlaubt sind. Über eine Griff-Bremse und Beleuchtung vorne und hinten muss das Fahrzeug natürlich auch verfügen. Besonders kontrovers ist die Vorgabe, dass die Fahrzeuge ähnlich wie Mofas und Mopeds eine eigene Versicherung brauchen und damit auch eine Versicherungsplakette. Mindestalter zum Führen eines E-Scooters ist 15 Jahre, zudem wird mindestens ein Mofa-Führerschein vorausgesetzt. Das Fahren auf der Straße ist trotz aller Anforderungen dennoch nicht erlaubt. Wo ein Fahrradweg vorhanden ist, muss dieser auch genutzt werden.
Für diesen Vorschlag hagelte es Kritik – und zwar nicht nur von Besitzern der sogenannten „Elektrokleinstfahrzeuge“. Auch Richard Goebelt vom TÜV-Verband sagte in einer Pressemitteilung: „Elektro-Tretroller sind Teil des zukünftigen Mobilitätsmixes in unseren Städten und sollten so flexibel und praktikabel wie möglich reguliert werden“. Durch die Versicherungspflicht wären die Elektrokleinstfahrzeuge rechtlich den normalgroßen Kraftfahrzeugen gleichgestellt und unterlägen damit besonderen Einschränkungen. Zum Beispiel dürfe ein E-Scooter dann nicht wie ein „normaler“ Tretroller mit in den öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden, da versicherungspflichtige Fahrzeuge von der Beförderung ausgeschlossen sind. „Ein Mitnahmeverbot in Bussen und Bahnen widerspricht dem Mobilitätsgedanken von E-Scootern. Roller mit Elektromotor sind eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Verkehrsmitteln, um kürzere Distanzen in einem urbanen Umfeld zurückzulegen“, so Goebelt.
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TECHBOOK hat die E-Scooter bereits getestet
TECHBOOK-Redakteur Andreas Filbig war schon in Venice Beach, Los Angeles, mit einem E-Scooter auf der Strandpromenade unterwegs. Einen Eindruck können Sie sich mit diesem kleinen Clip machen:
Ich selbst war auch schon mit einem E-Scooter des Unternehmens Bird auf der Straße. Bird sowie die Konkurrenten Lime und Wind sind bereits in den USA und Europa weit verbreitet und funktionieren ähnlich wie die Car-Sharing-Größen DriveNow und Car2Go. Man installiert die App, sucht nach einem Fahrzeug und mietet dieses dann auf Minutenbasis.
Beim Anbieter Bird wird ein Euro als Startpauschale fällig, danach kostet jede Minute 15 Cent. Anders als etwa bei Lime, bei dem erst das Benutzerkonto mit Geld aufgeladen werden muss, kann man mit einem Bird-Roller einfach losfahren, der Betrag wird dann direkt von der Kreditkarte abgebucht.
Ich hatte meine erste Erfahrung mit einem Bird-Roller während eines Wien-Aufenthalts. Dort sind E-Scooter seit Ende 2018 erlaubt und die großen Verleihunternehmen haben die Stadt innerhalb kürzester Zeit gut erschlossen. E-Scooter sind in Wien den E-Bikes gleichgestellt, das heißt, sie dürfen nur auf der Straße oder dem Fahrradweg gefahren werden. Überall fahren die flinken Elektroflitzer ganz ohne Abgase durch Wiens Straßen, auch wenn sich nicht jeder an die Vorgabe hält, nicht auf Bürgersteigen zu fahren.
So funktioniert die E-Scooter-Miete
Die Fahrzeugmiete ist unkompliziert und schnell. Zuerst muss die App aus dem Apple Appstore oder dem Google Play Store geladen werden. Nach dem Herunterladen muss lediglich die E-Mail-Adresse per Code bestätigt werden. Nun muss nur noch der Name und die Kreditkarte hinterlegt werden und schon kann die Fahrt beginnen. Mit aktiviertem GPS kann man in der App nach dem nächsten E-Scooter suchen und sobald man in der Nähe des Fahrzeugs ist, auf den „Ride“-Button drücken. Ebenfalls per App wird dann der Code auf dem Roller eingescannt und schon kann die Fahrt beginnen.
Warum Sie jetzt auf keinen Fall einen E-Roller kaufen sollten
Zum Starten muss der Ständer eingeklappt und der Roller mit Antreten in Bewegung versetzt werden. Sobald er rollt, drückt man nur noch den Schalter am Lenker nach unten und der Motor springt an. Während der Fahrt muss man mit beiden Füßen auf der Standfläche stehen.
Die E-Scooter sind schnell. Nicht schneller als ein E-Bike oder ein tüchtiges Fahrrad, aber deutlich schneller als ein normaler Tretroller. Eine Strecke, für die ich zu Fuß eine Dreiviertelstunde benötigt hätte, habe ich mit dem E-Scooter in nur zehn Minuten zurückgelegt. Nur was für Draufgänger? Keineswegs, denn meine Frau, die eher vorsichtig mit schnellem Fahren ist, war mit mir unterwegs und ebenfalls vom ihrem Roller überzeugt. Bremsen, Anfahren und Lenken waren einleuchtend und funktionierten tadellos, eine Lernkurve gibt es praktisch nicht.
TECHBOOK meint
„Obwohl es erfreulich ist, dass Deutschland endlich E-Scooter zulassen wird, muss man sich trotzdem fragen, wieso es so lange gedauert hat. Klar, Sicherheitsbedenken müssen in die Entscheidung mit einfließen. Niemand will, dass Passanten und Kinder noch mehr gefährdet werden, als sie es bereits jetzt durch wildgewordenene Fahrradfahrer sind. Aber das Beispiel anderer Länder zeigt, dass es auch einfacher gehen kann als mit dem Sonderweg, den Deutschland jetzt schon wieder bei der gesetzlichen Regelung geht. Eine Gleichstellung mit E-Bikes wäre nicht nur einfacher, sondern auch für die Fahrer besser. Warum ein E-Scooter, der mit 20 km/h sowieso schon einem E-Bike hinterherhinkt, zusätzlich Blinker und Versicherung braucht, leuchtet mir einfach nicht ein.“– Adrian Mühlroth, Redakteur