9. Oktober 2018, 23:45 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Jedes Jahr sterben Tausende Menschen im Straßenverkehr, viele mehr verletzen sich schwer. Mit Sensorik will CurveSYS dagegen kämpfen und Leben retten. Dafür hoffen die Gründer auf ein Investment in der „Höhle der Löwen“.
Unzählige Gründer haben in der Vergangenheit ihre Produkte in der Höhle der Löwen vorgestellt, aber selten war eine Geschichte so emotional wie die von Denis Güzelocak. Denn hinter seiner Idee steckt ein trauriges Erlebnis. Sein Vater hatte einen schlimmen Auto-Unfall, musste mit dem Helikopter ins Krankenhaus geflogen und dort direkt notoperiert werden. Der Fahrer, in dessen Auto der Vater saß, war für einige Sekunden eingeschlafen. Denis Güzelocak war damals gerade einmal 18 Jahre alt, musste sich fortan mit um das Geschäft des Vaters kümmern. „Der immense Druck bescherte mir lange schwere Alpträume, bis ich eines Tages die Idee hatte, eine Müdigkeitserkennung zu erfinden. Ich fragte mich, warum es in einem so teuren Fahrzeug keine Lösung dagegen gab“, sagt Denis Güzelocak gegenüber TECHBOOK. Der Vater überlebte den schweren Unfall.
„Das sollte ein Geschenk für meinen Papa sein“
Genau diese Erfahrung war es, die ihn auf seine Idee brachte. „Dann habe ich mir gedacht: Wenn ich es verhindern kann, dass andere Kinder das nicht durchleben müssen, habe ich etwas Gutes getan. Und dass wir Technik mit Effekt und einem Sinn dahinter verbinden, war eigentlich so die perfekte Lösung“, sagt Denis Güzelocak. Und weiter: „Das sollte ein Geschenk für meinen Papa sein.“
Seit 2011 arbeitet er gemeinsam mit Stefan Weinzierl an einer speziellen Sensorik für Fahrzeuge, damit weniger Menschen im Straßenverkehr verletzt werden oder gar sterben.
So funktioniert die CurveSYS-Sensorik
In jedem beliebigen Kraftfahrzeug soll es möglich sein, die lebensrettende Sensorik zu verbauen. Sie ist multifunktional, an den einzelnen Lamellen des Elements können unterschiedliche Funktionen eingebaut werden. CurveSYS ist eine elastische Sensorik, die sich in verschiedenste Steuerelemente wie etwa Lenkrad, Joystick oder Ganghebel einbauen lässt. Über verschiedene Zonen wird der Kontakt des Autofahrers zum Beispiel zwischen Lenkrad und Hand kontinuierlich gemessen. „Das System kann erkennen, ob die Person mit einer Hand oder beiden Händen in bekannter 10 und 2 Uhr Position fährt“, erklärt Güzelocak.
Die Software und die Algorithmik analysiert anschließend, wie es um den Zustand des Fahrers steht. Akustische und optische Signale unterstützen das System und beugen Fehlmessungen vor. Aufgrund der Algorithmik wertet es etwa Müdigkeit aus und empfiehlt dann dem Fahrer, eine Pause einzulegen. Der typische Sekundenschlaf soll auf diese Weise der Vergangenheit angehören – genauso wie daraus resultierende Unfälle. In schweren Fällen wie bei einem Unfall durch einen Herzinfarkt setzt das System auch einen Notruf inklusive der Ortung des Fahrers ab. Wichtige Daten des Nutzers wie zum Beispiel Blutgruppe sind hinterlegt und werden direkt an das Rettungsfahrzeug weitergeleitet.
Auf den Pitch in der Höhle haben sich die Gründer gut vorbereitet. „Wir kannten die Sendung nur aus dem Fernsehen und wollten dementsprechend so pitchen, wie wir die Fragen aus dem TV kannten“, sagt Denis Güzelocak. Überrascht wurden sie dennoch, weil ihnen ganz andere Fragen gestellt wurden. „Rückblickend hätte ich mich doch mehr darauf konzentrieren müssen, CurveSYS auf eine einfachere Art und Weise zu erklären“, resümiert Güzelocak. Sie seien aber darauf bedacht gewesen, nicht zu viel internes Wissen in der Sendung zu verraten.
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Frank Thelen: „Jungs, jetzt mal ehrlich, das geht nicht“
Dagmar Wöhrl reicht die Präsentation aus der Ferne nicht, sie will die Sensorik persönlich austesten. „Das ist aber sehr komplex“, stellt sie fest. Die Gründer erklären den wirtschaftlichen Nutzen von CurveSYS. So hätte ihre Sensorik großen Nutzen für die Automobilindustrie und Versicherungen. Frank Thelen möchte mehr über die Technik im Lenkrad erfahren. Als er hört, dass für die Technik ein Akku nötig ist, der regelmäßig aufgeladen werden muss, wird er stutzig. „Jungs, jetzt mal ehrlich, das geht nicht. Da kannst du nicht irgendwas ins Auto einbauen, was du ab und zu mitnehmen musst und aufladen musst“, kritisiert Thelen. Das sei für ihn nicht praktikabel, die Gefahr zu groß, dass der Akku etwa zu Hause vergessen werde. „Das macht mir einen ganz schlechten Eindruck“, urteilt er.
Die Gründer argumentieren, dass Autohersteller das Produkt ebenso in das Auto verbauen könnten. Thelen ist vom Auftritt der Gründer nicht überzeugt, steigt aus dem Deal aus. Carsten Maschmeyer möchte mehr über die Gründer wissen, fragt sie nach ihrem beruflichen Hintergrund. Stefan Weinzierl erklärt, er sei gelernter Bankkaufmann und deshalb für die Themen Vertrieb, Finanzen und Versicherungen der Firma zuständig. „Ich bin so eine Laune der Natur“, witzelt Denis Güzelocak. Er habe sich alles selbst beigebracht. Die Antwort reicht Ralf Dümmel nicht aus, er will mehr wissen. Güzelocak erzählt, dass er nach dem Unfall seines Vaters auch seinen Job übernehmen musste. Das Transport-Unternehmen der Familie musste er damals ganz plötzlich führen.
Ralf Dümmel sei selbst einmal bei 200 km/h auf der Autobahn in Sekundenschlaf gefallen. Dabei ist er gegen einen Schwertransporter gefahren. Er hatte Glück, ist mit einem blauen Auge und einem gebrochenen Bein davon gekommen. Trotz dieser sehr persönlichen Erfahrung sei er der falsche Partner für das Produkt.
„Für was soll Ihnen denn noch ein Löwe helfen?“, fragt sich Wöhrl. Schließlich seien die Gründer bereits in engem Austausch mit großen Automobilherstellern. An das internationale Netzwerk eines Investors wollen die Gründer heran. Da Wöhrls Kernkompetenz in einem anderen Bereich liege, möchte sie nicht investieren. Die Zukunftspläne von CurveSYS findet Georg Kofler irreal, steht als Investor nicht zur Verfügung. Am Ende bleibt nur noch Carsten Maschmeyer übrig. Er mustert alle Patente der Firma ganz genau. „Ich halte es für eine gute Idee, aber eine schlechte Präsentation“, sagt Maschmeyer. Er bietet den Gründern 300.000 Euro für 25,1 Prozent der Anteile am Unternehmen an. „Da brauchen wir gar nicht darüber nachdenken“, sagt Güzelocak und tütet den Deal mit Maschmeyer ein.
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So ging es nach der Aufzeichnung der Sendung weiter
Direkt nach der Aufzeichnung wurden die Gründer von der Maschmeyer Group unterstützt, mit der sie weitere Ideen entwickeln und kommende Schritte besprechen können. „Ich würde sagen: Das Maschmeyer-Team ist der FC Barcelona in der Startup League. Wir haben natürlich seit der Ausstrahlung weitere Patente und Schutzrechte eingereicht, aber auch umgehend gemeinsam wichtige Türen bei renommierten Unternehmen geöffnet“, sagt Denis Güzelocak zu TECHBOOK. Mit der Unterstützung ihres Wunsch-Investors Maschmeyer seien sie immer noch sehr zufrieden. Inzwischen würden sie bereits auf Hochtouren an der neuen CurveSYS-Generation und Anwendungsfällen arbeiten.