6. Januar 2024, 16:32 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Digital Detox ist vor allem zum Jahresanfang im Rahmen guter Vorsätze fürs neue Jahr beliebt. Dabei geht es darum, den eigenen Medienkonsum einzuschränken und bewusster zu gestalten. TECHBOOK gibt Tipps, wie das am besten gelingen kann.
Medien und Digitalität sind für viele ein fester Bestandteil des Alltags. Persönliche Messenger-Nachrichten und E-Mails checken, das Ganze noch mal auf dem Diensthandy wiederholen, dann die News des Tages lesen, während man Musik oder Podcast hört, anschließend eine Serie bingen – für viele ist das ganz normal. Doch es kann auf Dauer stressig werden und viel Zeit beanspruchen. Deshalb nehmen sich viele – vor allem zum Start eines neuen Jahres – vor, ihren Medienkonsum etwas einzuschränken. In der Praxis scheitert das allzu oft an erlernten Gewohnheiten und auch gewissen Notwendigkeiten der Kommunikation. Es gibt dennoch einige Tipps, die dabei helfen können, einen Digital Detox so effektiv wie möglich umzusetzen.
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Übersicht
Was ist eigentlich Digital Detox?
Der englische Begriff „Digital Detox“ bedeutet auf Deutsch so viel wie „digitale Entgiftung“. Es geht also darum, sein digitales Verhalten zu regulieren und dadurch weniger Zeit online oder auch generell mit dem Smartphone und Co. zu verbringen. Oft wird auch die Bezeichnung „digitales Fasten“ verwendet.
Ein Ziel ist, neben der generellen Regulierung oder gar dem Verzicht, sich des eigenen Medienkonsums bewusst zu werden. Welche Inhalte tun mir gut und welche eher nicht? In welchen Situationen ist es vielleicht besser, das Handy einfach mal liegen zu lassen? Und wann kann das Smartphone im Alltag einen sinnvollen Zweck erfüllen?
Warum (digitale) Pausen wichtig sind
Das menschliche Gehirn braucht hin und wieder Pausen, um äußere Eindrücke zu verarbeiten. Der Griff zum Handy, um ein Mobile Game zu spielen oder TikTok-Videos zu schauen, mag zwar mitunter entspannend wirken. Die erwähnte Pause für das Gehirn ist das aber nicht. Das betont auch Prof. Frank Erbguth, Facharzt für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie sowie Präsident der Deutschen Hirnstiftung. „Das Gehirn wird gerne beschäftigt, es braucht aber auch Pausen“, betont der Experte im Gespräch mit TECHBOOK.
Denn nur dann könne das Default Mode Network wirklich arbeiten. Dabei handelt es sich um bestimmte Gehirnregionen, die nur beim Nichtstun aktiv und dabei untereinander verbunden sind. Auch für die Entwicklung von Kreativität seien Ruhepausen für das Gehirn wichtig, so Prof. Erbguth. „Unter Dauer-Infotainment und dergleichen ist das nicht möglich.“
Zudem weist der Experte darauf hin, dass die häufige Nutzung des Smartphones zu Multitasking verleite. Oft checkt man etwa Messenger-Nachrichten, während man eigentlich etwas anderes tut. Das sei nicht nur erwiesenermaßen ineffizient, sondern auf Dauer auch schädlich, warnt der Experte. Ein Digital Detox kann dabei natürlich nur bedingt helfen. Langfristig konsequent umgesetzt, kann er aber für Entspannung sorgen.
Tipps für einen Digital Detox
Schon 15 Minuten, in denen man den Kopf wirklich zur Ruhe kommen lässt, könnten etwas bringen, so Prof. Erbguth. Um das effektiv umsetzen zu können, empfiehlt der Experte unter anderem Rituale beziehungsweise Regeln. Letztendlich hilft jedem natürlich individuell etwas anderes. Die TECHBOOK-Redaktion hat dennoch ein paar hilfreiche Tipps zusammengetragen.
Planung und Vorbereitung
Wie andere Projekten auch steht und fällt das Digital Detox mit der entsprechenden Planung.
Fakt ist, dass viele deshalb verstärkt online unterwegs sind, weil sie immer erreichbar sein müssen oder wollen. Dafür kann es auch gute Gründe geben. Für einen erfolgreichen Digital Detox ist es daher wichtig, sein Umfeld mit ins Boot zu holen. Geben Sie Ihren Kontakten Bescheid, dass sie weniger gut erreichbar sind. Weisen Sie darauf hin, dass man sie gegebenenfalls auf anderem Wege greifen kann. Wenn die Wahrscheinlichkeit sinkt, etwa mit ausgeschaltetem Smartphone Wichtiges zu verpassen, ist auch die Versuchung geringer, es wieder einzuschalten.
Man sollte sich außerdem im Vorfeld überlegen, was realistisch ist. Brauchen Sie bestimmte Medien für Ihren Job? Wie viel Auszeit wollen Sie sich nehmen? Um einen Digital Detox nachhaltig zu gestalten, wäre es nicht förderlich, überzogene Erwartungen an sich selbst zu stellen, die Sie in Ihrem persönlichen Alltag gar nicht erfüllen können.
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Smartphone-freie Orte
Auch wenn ein Digital Detox nicht eins zu eins mit einem Smartphone-Verzicht gleichzusetzen ist, so ist doch das Mobiltelefon oft der wichtigste Faktor. Deshalb kann es helfen, einige Zonen zu definieren, in denen das Smartphone nichts zu suchen hat.
Dafür bietet sich vor allem das Schlafzimmer an. Dann schaut man nicht direkt nach dem Aufstehen auf sein Telefon und checkt auch nicht vor dem Schlafengehen noch einmal seine Nachrichten. Viele nehmen ihr Smartphone zudem mit auf die Toilette. Das ist nicht nur unhygienisch, sondern kostet auch Zeit, die man stattdessen mit nicht-digitalen Aktivitäten verbringen kann.
Man kann diese Zonen für einen Digital Detox an bestimmte Aktivitäten knüpfen. Wenn man etwa Zeit mit Freunden verbringt, morgens zur Arbeit fährt oder zu Abend isst. Vielleicht probieren Sie auch mal, einen kompletten Tag offline zu verbringen, und verändern so Ihren Fokus aktiv.
Analoge Alternativen
Der vielleicht wichtigste Punkt für einen Digital Detox: Man sollte sich alternative Beschäftigungen suchen. Denn oft ist das Smartphone nun mal einfach eine praktische Lösung. Das kann im Kleinen anfangen, indem Sie sich etwa einen analogen Wecker kaufen. Dann sind Sie nicht mehr darauf angewiesen, dass das Smartphone in der Nähe des Betts liegt, um Sie zu wecken.
Eine Route ist mit Google Maps schnell ermittelt, aber es kann auch Spaß machen, neue Wege über eine analoge Landkarte zu entdecken – oder auch einfach mal ohne genauen Plan loszuziehen. Oldschool-Taschenkalender sind im Übrigen nicht nur praktisch, sie machen auch optisch etwas her. Gleiches gilt für Armbanduhren.
Und Familie und Freunde freuen sich vielleicht auch nicht nur zu Weihnachten über Briefpost, sondern auch so mal über eine Nachricht auf Papier. Brettspiele kann man im Übrigen sowohl alleine als auch zusammen spielen. Je mehr Alternativen man findet, desto einfacher fällt der Digital Detox.
Geräte aktiv ausschalten
Damit, das Smartphone beiseite zu legen, ist es oft nicht getan. Unterbewusst weiß man, dass es trotzdem jederzeit klingeln könnte. Deshalb sollte man zu Ruhezeiten das Handy wirklich ausschalten.
Gleiches gilt für andere technische Geräte wie etwa den Fernseher oder auch den Laptop, den viele nach Benutzung einfach nur zuklappen. Die Geräte auszuschalten, spart nicht nur Strom, es erhöht auch die geistige Hürde, sie wieder in Betrieb zu nehmen.
Achtsamkeitsübungen und Tagebuch
Achtsamkeit ist ein wichtiges Schlagwort, wenn es um einen Digital Detox geht: Man soll auf sich und seinen Medienkonsum achten. Dabei können gewisse Übungen helfen, allen voran altbewährte Mittel wie Atemübungen oder Yoga. Sie sind nützlich, um den Körper an gewisse Ruhephasen zu gewöhnen. Nehmen Sie sich, wenn möglich, mindestens eine halbe Stunde am Tag dafür Zeit.
Auch eine anschließende Reflexion über diese Phasen kann sinnvoll und hilfreich sein. Legen Sie ggf. ein Tagebuch an, in dem Sie sich aktiv mit Ihrem digitalen Verhalten auseinandersetzen. Das Reduzieren von Social-Media-Aktivitäten kann ein weiterer Nebeneffekt davon sein.
Digital-Detox-Apps
So paradox es klingt – es gibt auch Apps, die bei einem Digital Detox helfen können. Das können Anwendungen sein, die das eigene Smartphone-Verhalten analysieren und entsprechende Vorschläge machen. Es gibt auch Apps, über die man gezielt seine Bildschirmzeit steuern kann. „Attentive“ für iOS ist dafür ein Beispiel oder „ActionDash“ für Android. Beide Programme helfen dabei, unnötige Bildschirmzeit zu erkennen.
Inzwischen bieten viele Smartphones auch selbst entsprechende Optionen. So findet man in den Android-Einstellungen einen Reiter namens „Digital Wellbeing“. Dort ist etwa die Zeit aufgeführt, die Sie mit den einzelnen Apps verbringen. Und beim iPhone lassen sich unter anderem bestimmte Ruhezeiten einstellen; dann erinnert Sie das Gerät entsprechend daran.
Ansonsten sind Apps ein gutes Stichwort. Sie können auch ihr Smartphone an einen Digital Detox anpassen. Deinstallieren Sie Apps, die Sie ohne Notwendigkeit oft und lange an den Bildschirm fesseln. Deaktivieren Sie Push-Nachrichten, die Sie im Zweifelsfall ablenken.
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Radikaler Digital Detox oft nur in Ausnahmefällen möglich
Für einen radikalen Digital Detox, also einen kompletten Verzicht auf entsprechende Geräte, ist in der Regel im Alltag kein Platz. Zu sehr sind die meisten auch jobbedingt auf Smartphones und Laptops angewiesen. Und auch wenn eine „digitale Entgiftung“ sinnvoll und sogar notwendig sein kann, bringt die digitale Welt natürlich eine Menge Vorteile.
Wer wirklich für eine begrenzte Zeit komplett offline leben möchte, findet dazu inzwischen diverse Programme in Klöstern oder entsprechenden Selfcare-Einrichtungen. Generell ist es in ungewohnten Kontexten – an anderen Orten – einfacher, einen Digital Detox umzusetzen. Im Alltag haben sich gewisse Muster eingeschlichen, oft besteht auch eine andere Notwendigkeit der Kommunikation. Versuchen Sie doch einmal, Ihren nächsten Trip ganz ohne digitale Hilfe zu planen und umzusetzen – Handy nur in Notfällen erlaubt!