21. März 2024, 18:36 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
In den USA ist ein mögliches TikTok-Verbot seit einiger Zeit ein heiß diskutiertes Thema. Nun greifen es auch deutsche Politiker auf.
Keine andere Social-Media-Plattform hat in den vergangenen Jahren einen solch kometenhaften Aufstieg erlebt wie TikTok. Die App des Unternehmens Bytedance unterhält mit einer schier endlosen Anzahl an kurzen Videoclips aus allen möglichen Bereichen. Allerdings sehen sich die Macher mit starkem politischem Gegenwind konfrontiert, der auch hierzulande immer stärker wird. Die Rede ist von einem möglichen TikTok-Verbot. TECHBOOK erklärt die Hintergründe.
Übersicht
TikTok als datenschutzrechtliches Problem
Wie das „Handelsblatt“ berichtet, geht es vor allem um die Unmengen an Informationen, die der chinesische Konzern mithilfe von TikTok sammelt. Die Plattform sei ein „Datenstaubsauger biblischen Ausmaßes“, wie es in einem Zitat von Sicherheitsexperten heißt. Der deutsche Inlandsgeheimdienst teilt diese Auffassung.
Ferner geht die Sorge um, dass die App für staatliche Zwecke in China missbraucht werden könnte, dem Land, in dem das Unternehmen hinter TikTok ansässig ist. In einem Schreiben der Bundesregierung erklärt man, dass alle Unternehmen mit Sitz in China dem sogenannten Geheimdienstgesetz unterliegen. Dieses könnte Mitarbeiter von Bytedance und damit auch von TikTok zur Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden und Nachrichtendiensten verpflichten.
Roderich Kiesewetter (CDU), Vizevorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, sagt, dass TikTok „eine Gefahr für unsere Demokratie“ sei. Zudem diene sie als Instrument in der hybriden Kriegsführung von China und Russland. Dabei gehe es nicht nur um die Verbreitung von Desinformationen, sondern auch um „Spionage und Datenabgriff“.
Sollte eine strengere Regulierung scheitern, wäre für ihn ein Verbot notwendig. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hingegen sprach sich zuletzt gegen ein generelles Verbot aus, räumte aber ein, dass dadurch weiterhin Daten abfließen können.
Bessere Regulierung statt Verbot
Ralf Stegner (SPD) und Konstantin von Notz (Grüne) sehen das anders und sind der Ansicht, man sollte besser „alle regulatorischen Möglichkeiten“ ausschöpfen. Dazu könnte der neue Digital Services Act (DSA) der EU dienen. Das Gesetz legt Internetkonzernen die konsequente Verfolgung illegaler Inhalte und Falschinformationen auf. Konstantin Kuhle von der FDP fordert bei Rechtsverstößen Sanktionen.
In der Tat existiert bei der EU-Kommission seit Februar ein Prüfverfahren im Rahmen des DSA, um zu schauen, ob TikTok genügend für den Jugendschutz und gegen illegale Inhalte tut. Können Verstöße nachgewiesen werden, winken Geldstrafen in Höhe von bis zu sechs Prozent des globalen Jahresumsatzes – oder sogar ein vorübergehendes Verbot. 2023 erwirtschaftete Bytedance 120 Milliarden Dollar. Das Bundesinnenministerium begrüße die Prüfung.
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Gratwanderung für Politik und Regierungsbehörden
Ob überhaupt ein TikTok-Verbot für die breite Öffentlichkeit in Kraft treten wird, ist noch völlig unklar. Viel dringlicher sieht man die Nutzung in politischen Kreisen selbst und in staatlichen Einrichtungen. Dort müsse schnell ein strengerer Umgang durchgesetzt werden, auch aus Sorge vor Spionage. Ein behördenübergreifendes Verbot gebe es aber noch nicht.
Vor dem Hintergrund, dass besonders die AfD auf der App jede Menge Zuspruch findet, erwägen andere ebenfalls eine stärkere Präsenz bei TikTok. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte sogar ein Profil für die Bundesregierung an.
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Kampf gegen TikTok in den USA schon weiter
Auslöser für die aufkommende Debatte in Deutschland ist der verschärfte Kurs der US-Regierung gegen TikTok. In Übersee will man dem Unternehmen ein Ultimatum stellen: Entweder Bytedance verkauft das US-Geschäft für TikTok innerhalb einer Frist von sechs Monaten oder die App werde aus den App Stores von Google und Apple verbannt.
Damit der Plan als Gesetz in die Tat umgesetzt werden kann, muss der Vorschlag grünes Licht vom Senat erhalten. Präsident Joe Biden versprach aber bereits, den Entwurf im Anschluss abzusegnen, wie die „Deutsche Welle“ berichtet. Es ist längst nicht der erste Versuch gegen TikTok.
TikTok soll eigenen Angaben nach mehr als eine Milliarde Nutzer haben. 134 Millionen davon sind in den EU-Staaten monatlich aktiv, in Deutschland liegt die Zahl bei 21 Millionen. Vor vier Jahren soll die Zahl noch 5,5 Millionen betragen haben.