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Im Ernstfall

Warum Sie sich nicht auf Notfall-Apps fürs Smartphone verlassen sollten

Frau in Notsituation, hilft nun eine Notfall-App?
Notfall-Apps fürs Smartphone versprechen Hilfe im Ernstfall. TECHBOOK sieht sie nicht ganz unkritisch. Foto: Getty Images / PeopleImages
Laura Pomer
Freie Redakteurin

30. Dezember 2024, 8:23 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Das Smartphone ist ein nützliches Kommunikationsmittel und wird dank Social-Media-Apps und Games von vielen auch zur Unterhaltung genutzt. Doch der ständige Begleiter kann zudem in gefährlichen Situationen über die eigene Sicherheit entscheiden; womöglich gar über das eigene Leben. Viele Nutzer setzen zum Selbstschutz auf Notfall-Apps fürs Smartphone. Doch diese sind nicht uneingeschränkt zu empfehlen.

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Es ist eine schauderhafte Vorstellung, von Personen mit gewaltsamen Absichten übermannt zu werden. Der Ausgang solcher Szenarien ist unvorhersehbar, wie tagtäglich Meldungen in den Medien beweisen. Und vielleicht gehören auch Sie zu den Menschen, in deren privaten Umfeld sich bereits Übergriffe oder gar Entführungen ereignet haben – womöglich wurde Ihnen selbst schon Leid angetan. Solche Fälle zeigen, wie wichtig es ist, auf den Ernstfall vorbereitet zu sein. In dieser Absicht setzen einige Menschen auf Notfall-Apps fürs Smartphone.

Was man über Notfall-Apps fürs Smartphone wissen sollte

Bei der Recherche stellte TECHBOOK schnell fest, dass nur wenige der verschiedenen Notfall-Apps fürs Smartphone Bewertungen erhalten haben. Und falls doch, fallen diese nicht sehr gut aus. Beispielhaft erfährt man im Google Play Store von unzufriedenen Nutzern der Android-App „bSafe“ – diese zählt zu den häufiger heruntergeladenen ihrer Art –, dass ihre kostenlose Testversion „nichts“ könne, und „für den Rest muss man zahlen“. Bereits einmalige Notrufe seien demnach kostenpflichtig. Überdies kommt es bei der Nutzung offenbar immer wieder zu Problemen. „Als ich alle meine persönlichen Daten zur Erstellung eines Kontos eingegeben habe, ist die App zum Anfang gesprungen und hat mein Passwort nicht akzeptiert. Wie kann man ihr vertrauen, wenn eine so grundlegende Funktion nicht funktioniert?“, fragt hier ein Nutzer.

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Im Ernstfall womöglich nicht zuverlässig

Störanfälligkeit ist für eine Notfall-App natürlich alles andere als ideal, nutzt man sie schließlich in Situationen, die innerhalb kürzester Zeit brenzlig werden könnten. Und auch mit der Angst bzw. Sicherheit ihrer Nutzer ein Geschäft zu machen, ist sicher nicht die feine englische Art. Andererseits liegt auch auf der Hand, dass die Anwendungen sich irgendwie finanzieren müssen.

Ein ganz wesentliches Manko von Notfall-Apps brachte im Gespräch mit „Chip“ ein Fachmann aus der Praxis auf den Punkt. Denn der Umweg über die Notfall-App, die in diesem Fall ein Drittanbieter ist, bedeute „immer eine gewisse Zeitverzögerung“. Diese entfalle, wenn man das Smartphone dafür verwendet, direkt Kontakt mit dem Polizeinotruf 110 aufzunehmen. „Auch mögliche polizeiliche Rückfragen durch einsatzerfahrene Notruf-Disponenten können für eine optimale Unterstützung im Eilfall notwendig sein.“

Eine Ausnahme unter den in der Gesamtheit eher kritisch bewerteten Notfall-Apps stellt Nora dar, die offizielle Notruf-App der Bundesländer. Sie unterscheidet sich von den anderen durch ihre direkte Verbindung zu den Leitstellen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Die App ist staatlich geprüft und gilt als rundum auf die Notruf-Infrastruktur in Deutschland abgestimmt.

Die Message ist klar: Besser ist es immer, sich direkt an die Rettungsstellen zu wenden. Doch in gewissen Situationen, etwa bei einem Übergriff, ist das nur schwer oder gar nicht möglich. Eine unbemerkte Eingabe auf dem Smartphone kann hier die letzte Rettung sein. Aus dem Grund sind auf den Geräten spezielle Notfallfunktionen eingerichtet.

Besser als Notfall-Apps: die Notfallfunktionen der Smartphones

Über die grundlegenden Einstellungen hinaus können Nutzer moderner Smartphones oft noch weitere Feinheiten konfigurieren. Die Notfallfunktionen unterscheiden sich abhängig vom verwendeten Betriebssystem. Auf die Einrichtung des Notfallmodus‘ speziell beim iPhone geht TECHBOOK hier ausführlicher ein. In dem Beitrag erfahren Sie auch, wie sich die Funktionsweise je nach Version des Geräts unterscheiden kann.

iOS

Verallgemeinernd ist es bei neueren iPhones so, dass sich durch gleichzeitiges Betätigen der Seitentaste, mit der Sie Ihr Smartphone auch ein- oder ausschalten können, und der Lautstärketaste ein Notruf absetzen lässt. Halten Sie beide so lang gedrückt, „bis die Schieberegler eingeblendet werden und der Countdown für ‚Notfall SOS‘ endet“. So ist es auf der Apple-Website erklärt. Das iPhone sendet daraufhin Textnachrichten an die vom Nutzer festgelegte Notfallkontakte – man sollte diese also unbedingt zuvor in den Einstellungen eingerichtet haben. Wie das funktioniert, erklärt TECHBOOK hier. Abhängig von der Voreinstellung wird zusammen mit dem Notruf auch gleich der Standort mitgesendet.

Mancher iPhone-Nutzer hat womöglich bereits die Erfahrung gemacht, versehentlich den Notruf-Schieberegler herbei gedrückt zu haben. Es gelingt dann in der Regel noch rechtzeitig, das Absetzen eines Notrufs zu unterbrechen. Dennoch könnte es für Hosentaschen-Träger sinnvoll sein, die Einstellungen des iPhones dahingehend zu ändern, dass die Notruf-SOS nach fünfmaligem Drücken der Seitentaste startet.

Android

Unter den Android-Smartphones verfügen alle Geräte ab Version 5.0 über einen in dem Fall sogenannten Notfallassistenten. Wie dieser aktiviert wird, ist beim Google-Support erklärt. „Drücken Sie mindestens fünfmal die Ein/Aus-Taste des Smartphones“, heißt es da. „Halten Sie je nach Ihren Einstellungen den roten Kreis 3 Sekunden lang gedrückt oder warten Sie, bis der automatische Countdown gestartet wird, um den Notruf zu starten.“ Sie rufen nun automatisch den Rettungsdienst an. Abhängig von den eigenen Voreinstellungen können auch weitere Aktionen folgen und z. B. Daten mitgesendet werden, etwa Videoaufzeichnungen.

Ob Ihr Standort geteilt wird, hängt wieder von den individuellen Voreinstellungen ab. Diese können Sie unter „Senden von Notfallinformationen“ ändern. Weiterhin hat man auf Android-Geräten die Möglichkeit, einen Sicherheitscheck einzurichten. „Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn Sie sich in einer Ihnen unbekannten Gegend bewegen oder zu einer Party gehen“, erklärt Google dazu. Diese Funktion sieht vor, dass Sie sich regelmäßiges „melden“. Tun Sie dies länger nicht, deutet das Smartphone das als möglichen Notfall und löst einen Alarm aus.

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Notfallpass wird zu selten genutzt

Nun wäre es wichtig, auch wichtige Informationen über die eigene gesundheitliche Vorgeschichte im Smartphone gespeichert zu haben. Auf dem iPhones können z. B. Allergien, Vorerkrankungen und die eigene Blutgruppe sowie medizinische Befunde und eingenommene Medikamente in den sogenannten „Notfallpass“ eingetragen werden. Auf Android-Geräten heißt der entsprechende Bereich „Notfallinformationen“. Zudem gibt es auch hier wieder extra Apps, in denen die bedeutsamen Informationen für z. B. Erstversorger und medizinisches Personal zugänglich sind.

Im Ernstfall bringt es aber nur selten etwas, die Smartphones von Patienten zu durchforsten. Zu diesem Ergebnis kamen deutsche Forscher in einer Untersuchung. Sie betonen darin zwar, dass entsprechende Apps zwar potenziell wertvoll sind. Doch da zu wenige Nutzer sie verwenden, raten die Studienautoren Rettungsanitätern und Co. von der Suche ab – sie koste im Zweifelsfall nur wertvolle Zeit.

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