9. Juni 2024, 8:35 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Spielend leicht zum nachhaltigen Lebensstil? Ein Versuch ist es wert, schließlich verbringt man ohnehin viel Zeit am Smartphone. Mit dem Spiel „Little Impacts“ möchte das Umweltbundesamt informieren und sensibilisieren. TECHBOOK hat die App getestet.
Die jungen Generationen hängen ohnehin die ganze Zeit am Smartphone. Das könnte man doch nutzen, um sie zu einem nachhaltigen Lebensstil zu inspirieren. Das dachte sich womöglich auch das Umweltbundesamt (UBA) und hat in Zusammenarbeit mit dem deutschen App-Entwickler Quantumfrogs das Mobile Game „Little Impacts“ herausgebracht. Die Spiele-App für das Smartphone ist ein sogenanntes Serious Game, bei dem neben dem Spielspaß auch Bildung und Informationsvermittlung im Zentrum stehen.
Mit „Little Impacts“ die Welt verbessern
In fünf Kapiteln wird man von der Hauptfigur und Umweltaktivistin Leah durch das Spiel geführt. Ob bei der Familienfeier, bei der WG-Suche oder beim Kaffeekränzchen mit der Oma: Überall unterstützt Leah andere dabei, ihr Leben nachhaltiger zu gestalten. Im Zentrum stehen die Themen Ernährung, nachhaltiges Wohnen und Transport sowie Finanzen. Mit ihrem Vater diskutiert Leah über vegane Ernährung. Ihrer Mutter zeigt sie, wie man in einem Unverpackt-Laden den Verbrauch von Plastikmüll reduzieren kann.
Als Nutzer klickt man sich durch die Gespräche, in denen Leah ihre Gegenüber von nachhaltigen Alternativen überzeugt. Dabei werden auch eine Menge Klischees und Nachhaltigkeits-Klassiker bedient: Mutter Britta muss beim Ausräumen der Einkäufe die Mülltrennung beachten, währen Vater Rolf eine sture Anti-Alles-Haltung zur Schau trägt und die eigentlich leckeren, veganen Falafel aus Prinzip eklig findet. Das alles findet im gut-bürgerlichen Familiensetting mit Haus und Garten statt. In Berlin würde man sagen: Eine echte Prenzlauer-Berg-Familie.
Viele Dialoge, wenige Aufgaben
Das Spiel ist einfach zu bedienen und in seinem Design funktional. Während der Dialog-Phasen erscheint je eine Figur nebst Sprechblase. Die Aufgaben, die die Spielenden lösen müssen, beschränken sich auf einfache Klick- und Zieh-Aufträge. Der Fokus liegt auf den Gesprächen zwischen den Figuren und den Informationen, die darin verpackt sind. Bei den Gesprächen wird man vielleicht sogar an eigene Unterhaltungen mit Familienmitgliedern erinnert.
Die fünf Kapitel sind innerhalb kurzer Zeit durchgespielt – mit einem kleinen Story-Twist am Ende. Trotz der Kürze gibt Leah eine ganze Reihe von Anregungen für einen umweltfreundlicheren Lifestyle und entlarvt den ein oder anderen Nachhaltigkeitsmythos. Allerdings kann man das Spiel nur auf Deutsch spielen. Die App ist für iOS und Android kostenlos und werbefrei verfügbar.
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Besser lernen mit Serious Games
„Little Impacts“ entstand im Rahmen des wissenschaftlichen Forschungsprojektes „Potenzial von Serious Games als Instrument zur Beförderung von Nachhaltigkeit“ des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE). Serious Games, oder auch Impact Games genannt, verbinden das Schöne mit dem Nützlichen. Spielerisch sollen Wissen und Bildungsinhalte vermittelt werden, gerade in Bereichen, in denen keine pädagogische Lehrperson den Stoff vermitteln kann. Auch das 2023 bei DHDL vorgestellte Spiel „Zeedz“ fällt in die Kategorie der Serious Games.
Da es aber laut UBA aktuell kaum Wirkungsanalysen von Serious Games gibt, wird das Projekt „Little Impacts“ auch weiterhin wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Allerdings bewegen sich die Downloadzahlen im Google Play Store bisher erst im Bereich „100+“. Erschienen ist das Spiel im März 2024.
Techbook
„Mit Serious Games eine junge, technik-affine Zielgruppen für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren, ist an sich ein guter Ansatz. Doch obwohl „Little Impacts“ mit seinem liebevollen Design besticht, konnte mich die App nicht wirklich überzeugen. Einerseits sind die Nachhaltigkeits-Tipps wie vegane Ernährung, energieeffizientes Wohnen und nachhaltige Investment-Formen sicherlich wichtig, aber der Kürze des Spiels entsprechend auch nur sehr oberflächlich. Andererseits lässt das Game das eigentliche Spielen vermissen. Die meisten Klicks sorgen nur dafür, dass die Dialoge weitergehen. Einfluss auf Leahs Arguemntation hat man leider nicht. Zumindest eine kleine Auswahl von Antworten hätte dem Spiel aber gutgetan, nicht zuletzt, weil man sich sonst schnell belehrt führt, wenn man die Dialoge nur passiv mitlesen darf. Identifkation mit Leah? Schwierig.
Die spielerischen Aspekte beschränken sich leider auf sehr simple Aufgaben, wie den Müll aus Brittas Einkauf in den richtigen Mülleimer – Papier oder Plastik – zu bewegen. Eine falsche Zuteilung ist nicht möglich. Dementsprechend gibt es auch keine positiven oder negativen Konsequenzen, kein Sammel- oder Belohnungssystem. Damit verkommt das Spiel trotz guter Idee und schönem Design zur reinen Beschäftigungstherapie.
Auch etwaige Folgen von einem nicht-nachhaltigen Lebensstil und dem Klimawandel werden nicht thematisiert. Warum also nachhaltiger leben? Ob die App für junge Erwachsene wirklich interessant ist, wage ich daher zu bezweifeln – sowohl in Sachen Gameplay als auch in Sachen Informationsgehalt.“– Natalie Wetzel
Mit Material der dpa