Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für digitalen Lifestyle und Entertainment
Hummels, Hanne und Huss

BGH: Produkthinweis durch Influencer nicht immer Werbung

Influencer müssen nicht mehr jede Werbung auf Instagram kennzeichnen
Instagram ist eine beliebte Platform für Produktbeiträge geworden Foto: Getty Images
TECHBOOK Logo
TECHBOOK Redaktion

10. September 2021, 20:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Einer der größten Zankäpfel in der wachsenden Influencer-Branche ist Schleichwerbung. Wann müssen die Männer und Frauen kenntlich machen, dass sie Produkte und Hersteller promoten? Mit Fragen dazu hat sich jetzt der Bundesgerichtshof befasst und eine Richtschnur gefunden.

Artikel teilen

Wenn Influencer wie Cathy Hummels in sozialen Netzwerken Fotos posten und ohne Werbevermerk auf Hersteller eines Produkts verweisen, zählt das unter bestimmten Voraussetzungen nicht als Werbung.

Für die eigene Firma dann nicht, wenn die Leute als Unternehmer bekannt sind. Beiträge in sozialen Medien seien für Influencer geeignet, Bekanntheit und Werbewert zu steigern und damit ihr eigenes Unternehmen zu fördern, entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Aber auch wenn sie auf andere Unternehmen verweisen, kommt es darauf an, in welcher Form sie das tun, ob sie eine Gegenleistung dafür bekommen und wie werblich der Beitrag ist.

„Tap Tags“ bei Instagram sind keine Schleichwerbung

Konkret ging es in Karlsruhe um Klagen gegen die Oberbayerin Hummels, die Hamburger Fashion-Influencerin Leonie Hanne und die Göttinger Fitness-Influencerin Luisa-Maxime Huss. Der Verband Sozialer Wettbewerb hatte ihnen unzulässige Schleichwerbung vorgeworfen und Unterlassung sowie die Abmahnkosten gefordert. Das Verfahren hat grundsätzliche Bedeutung für die Branche. Der Wettbewerbsverband hat zahlreiche Influencer wegen Schleichwerbung abgemahnt. Die obersten Zivilrichter Deutschlands gaben aber nun weitgehend den drei Influencerinnen Recht (I ZR 126/20, I ZR 90/20, I ZR 125/20).

Bild konnte nicht geladen werden
Bekenntnis zum Produkt oder Werbung? Auch Influencerin Luisa-Maxime Huss bekommt durch das BGH-Urteil etwas mehr Spielraum.

Hummels beispielsweise kennzeichnet nach eigenem Bekunden Beiträge, für die sie von den verlinkten Unternehmen bezahlt wird, mit den Worten „bezahlte Partnerschaft mit …“. Gibt es keine Gegenleistung, ist das aus Sicht des ersten Zivilsenats nicht nötig. Sofern kein direkter Link auf die Internetseite des Unternehmens gesetzt ist.

Sogenannte Tap Tags bei Fotos auf Instagram, über die Nutzer auf die Profile von Herstellern oder Marken weitergeleitet werden. Diese stellen aus Sicht des BGH allein keine „werblichen Überschuss“ dar. Es kommt aber auf Details an. Eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens liege dann vor, wenn ein Beitrag „nach seinem Gesamteindruck“ übertrieben werblich ist: „Etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt.“

Auch interessant: Nervige Instagram-Gruppenanfragen ein für alle Mal verhindern

Regeln lassen viel Interpretationsspielraum

Influencerin Huss sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie hätte sich klarere Regeln gewünscht. „So bleibt viel Interpretationsspielraum.“ Selbst wenn man von einem Produkt total überzeugt sei, müsse man sich genau überlegen, wie man das formuliert. Vorsichtshalber jeden derartigen Beitrag als Werbung zu kennzeichnen, sei keine Lösung: „Das sieht wie eine Dauerwerbeschleife aus, was ich nicht bin.“

Dass es weiter auf den Einzelfall ankommt, sei im Lauterkeitsrecht nicht ungewöhnlich, sagte Rechtsanwalt Simon Apel von der Kanzlei SZA der dpa. „Da gibt es eher selten glasklare Angelegenheiten.“ Somit könnten zwei abweichende Gerichtsentscheidungen zu ähnlichen Fällen beide gut begründet sein. Die Vorinstanzen in den drei BGH-Verfahren hatten unterschiedlich geurteilt. Hier ist Apel nicht involviert, er berät Unternehmen zu rechtlichen Aspekten des Influencer-Marketings.

Apel sprach von einem „Mehr an Rechtssicherheit“. Vor allem weil der BGH klargestellt habe, dass Influencer Beiträge zugunsten ihres eigenen Unternehmens nicht als Werbung kenntlich machen müssen, wenn dieser kommerzielle Zweck schon aus den Umständen folge. Wenn der aber nicht klar sei, bleibe eine Grauzone. Das ist etwa bei Influencern am Anfang ihrer Karriere oder bei Arbeitnehmern, die für ihren Arbeitgeber werben, der Fall. Fraglich sei beispielsweise auch, ob der Lohn des „Influencer“-Arbeitnehmers eine Gegenleistung des beworbenen Arbeitgebers im Sinne der BGH-Urteile sei.

Mehr zum Thema

Weiterleitung zu Hersteller-Profil auch per Tap Tag möglich

Der Branchenverband Bitkom sieht ebenfalls „Klarheit für alle, die Teil dieser neuen Werbeökonomie sind“. Auch für Nutzerinnen und Nutzer von Netzwerken wie Instagram, Facebook oder TikTok, die mehr Transparenz bekämen. „Posts können zwar werblich wirken, aber nicht alles, was Social-Media-Stars posten, ist auch wirklich Werbung im rechtlichen Sinn“, erklärte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Soweit der BGH davon ausgeht, dass ein Hinweis auf den Hersteller eines Produkts in einem Tap Tag – ohne Gegenleistung – noch nicht genüge, um einen Beitrag als übertrieben werblich und somit kennzeichnungspflichtig einzuordnen, überzeugt dies Rechtsanwalt Apel allerdings nur teilweise: „Das wäre plausibel, wenn der Tap Tag nur den Namen des Produkts oder Herstellers nennt, aber nicht auf das Instagram-Profil des Herstellers weiterleitet“, erläuterte er. „Wenn eine solche Weiterleitung aber erfolgt, ist nicht ersichtlich, wo der Unterschied zu einer Verlinkung der Internetseite des Herstellers liegen soll, die der BGH in der Regel für werblich hält.“

Auch Martin Gerecke, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland teilte mit: „Eine echte Guideline liefert der BGH für all die Influencer, Unternehmen und Social Media Networks nicht.“ Die Entscheidungen würden die Branche nicht beruhigen. „Schon jetzt finden sich widersprechende Deutungen der Urteile im Netz.“ Es blieben die Urteilsbegründungen abzuwarten.

„Am Ende wird erst der Gesetzentwurf zur Werbekennzeichnung Klarheit bringen“, so Gerecke. Das Gesetz soll im kommenden Jahr in Kraft treten. „Seine Aussage ist deutlicher als die Entscheidungen des BGH: Nur wenn der Influencer einen Vermögensvorteil – gleich welcher Art – erlangt hat, ist sein Posting als kennzeichnungspflichtige Werbung anzusehen.“ Auch die gesetzliche Neuregelung wird nach Apels Einschätzung aber keine allgemeingültige Abgrenzung ermöglichen. Daher würden die Urteile des BGH darüber hinaus relevant bleiben.

Mit Material von dpa

Themen Instagram

Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung unseres Angebots mit Tracking und Cookies widerrufen. Damit entfallen alle Einwilligungen, die Sie zuvor über den (Cookie-) Einwilligungsbanner bzw. über den Privacy-Manager erteilt haben. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit Tracking und Cookies entscheiden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Widerruf aus technischen Gründen keine Wirksamkeit für sonstige Einwilligungen (z.B. in den Empfang von Newslettern) entfalten kann. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an datenschutz@axelspringer.de.