30. März 2024, 8:28 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Geblitzt zu werden, kann schnell sehr teuer werden. Blitzer-Apps erfreuen sich deshalb großer Beliebtheit. Doch ist die Nutzung solcher Apps überhaupt erlaubt? Die Antwort ist kompliziert – und nicht unbedingt logisch.
Wiederholt mussten sich Gerichte in Deutschland mit der Frage beschäftigen, ob und wenn ja mit welchen Ausnahmen die Nutzung sogenannter Blitzer-Apps erlaubt ist. Bislang sah die Rechtslage für Autofahrer und Beifahrer unterschiedlich aus. Doch nun wurden die Regelungen verschärft.
Übersicht
Blitzer-Apps bislang nicht ausdrücklich erwähnt
Die Nutzung von sogenannten Radarwarngeräten ist in §23 der Straßenverkehrsordnung geregelt. Dort heißt es bislang: „Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören.“ Dies galt bisher vor allem für Radarwarn- oder Laserstörgeräte. Bei Verstoß ist sogar mit einem Bußgeld in Höhe von 75 Euro sowie bis zu einem Punkt in Flensburg (Kraftfahrtbundesamt) zu rechnen. Nicht nur die Nutzung eines solchen Systems ist verboten, bereits das Mitführen eines entsprechenden technischen Geräts in Einsatzbereitschaft gilt als Ordnungswidrigkeit.
Findet die Polizei bei einer Kontrolle einen entsprechenden Radarwarner, darf sie diese beschlagnahmen. Navigationsgeräte und Smartphones sind nicht explizit erwähnt. Da sie vorrangig andere Funktionen erfüllen, dürften sie von dieser Regelung aber ausgenommen sein.
Tipp für Navi-Besitzer
Sollte im Navigationssystem ihres Fahrzeugs werksbedingt eine solche Warn-Funktion verbaut sein, rät TECHBOOK, den Dienst direkt nach dem Kauf zu deaktivieren.
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Ausdrückliches Verbot von Blitzer-Apps
2020 stimmte der Bundesrat zu, den erwähnten Paragrafen zu erweitern. Seither gilt die Regel somit explizit auch für Geräte, die vor Blitzern warnen können und nicht nur für Geräte, die dafür extra konzipiert sind. Bis dahin war nicht klar geregelt gewesen, ob Handys überhaupt durch das Gesetz betroffen sind, da deren Nutzungszweck nicht hauptsächlich in der Erkennung von Blitzern liegt.
„In der StVO-Novelle wird ausdrücklich festgeschrieben, dass Fahrzeugführende Blitzer-Apps, z. B. auf Smartphones oder in Navigationssystemen, während der Fahrt nicht verwenden dürfen. Dies galt schon zuvor, wird jetzt aber nochmal deutlich klargestellt.“
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)
TECHBOOK empfiehlt
Nutzen Sie Apps – wenn überhaupt – nur vor der Fahrt, um etwaige Standorte von Blitzern zu lokalisieren. Blicke auf das Smartphone bleiben während der Fahrt tabu, um sich und andere nicht zu gefährden.
Weshalb Blitzerwarnungen aus dem Radio legal sind
Blitzerwarnungen im Radio sind hingegen erlaubt. Das wirkt nicht sonderlich konsequent, hat aber einen einfachen Grund: Im Vergleich zu den illegalen Geräten sind die Radio-Warnungen in ihren Angaben weitaus weniger genau, weshalb das vorgegebene Tempolimit im Regelfall über einen längeren Teil der „Gefahrenstrecke“ eingehalten wird. Feste Blitzer sind häufig an Unfallschwerpunkten installiert und gehören zum Standardrepertoire, um die Verkehrssicherheit punktuell zu erhöhen.
Durch den GPS-Empfänger des Telefons sind Standortinformationen der Radarwarner-Apps derart genau, dass sie diese Sicherheitsmaßnahme torpedieren. Nutzer der illegalen Hilfsmittel bremsen tendenziell nur kurz auf Höhe des Blitzers ab, um auf die vorgeschriebene Fahrgeschwindigkeit zu reduzieren. Danach ignorieren sie die Vorgaben hingegen wieder.
Gesetz verschärft Regelung für Beifahrer
Zwar betrifft das Gesetz offiziell auch Handys und deren Software, eine Hintertür blieb aber lange bestehen. Das Gesetz bezog sich nämlich nicht explizit auf das Verhalten eines eventuell mitfahrenden Beifahrers. Dieser hatte daher die Möglichkeit, den Fahrer vor kommenden Blitzern zu warnen.
Allerdings hat das Oberlandesgericht Karlsruhe diese Regelung nun verschärft. Das Urteil (Az.: 2 ORbs 35 Ss 9/23) vom 7. Februar 2023 ist rechtskräftig und besagt, dass die Nutzung von Blitzer-Apps auch dann rechtswidrig ist, wenn sie „mit Billigung des Fahrzeugführers“ erfolgt. Verhandelt wurde ein Fall von Anfang 2022.
Damals fuhr ein Mann mit überhöhter Geschwindigkeit durch Heidelberg, wobei auf der Mittelkonsole das Smartphone seiner Beifahrerin lag, auf dem eine Blitzer-App in Betrieb war. Als die Polizei ihn anhielt und kontrollierte, schob er das Smartphone bewusst zur Seite. Daraus schloss das Gericht, dass der Fahrer Kenntnis von der Nutzung der App während der Fahrt hatte und diese billigte. In erster Instanz verhängte das Amtsgericht Heidelberg daher eine Geldbuße in Höhe von 100 Euro gegen den Autofahrer. Dieser reichte Beschwerde ein, das Verfahren ging in Folge an das Oberlandesgericht Karlsruhe. Hier wurde das erste Urteil bestätigt.
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Entdecken von Blitzer-Apps in der Praxis schwierig
In der Praxis ist es jedoch schwierig, ein Smartphone entsprechend zu kontrollieren. Generell ist die Polizei zwar befugt, derart problematische Geräte zu beschlagnahmen. Vor allem bei Blitzer-Apps auf einem Handy gestaltet sich ein solches Vorhaben allerdings schwierig. Bei einer Fahrzeugkontrolle dürfen Polizisten zwar Fahrzeugpapiere verlangen und das Mitführen von Warndreieck und Verbandskasten überprüfen. Ohne begründeten Verdacht dürfen sie das Auto jedoch nicht „betreten“ oder durchsuchen. Ebenso verhält es sich bei der Kontrolle beziehungsweise der Beschlagnahmung eines Smartphones Handys – auch hierzu wird ein Anfangsverdacht benötigt, wie etwa ein Warnsignal der App während der Verkehrskontrolle.
Im europäischen Ausland drohen übrigens erheblich höhere Strafen für den Einsatz von Blitzer-Apps, angefangen bei drastisch hohen Geldbußen bis hin zur Haft im Extremfall. Etwa in Italien fangen entsprechende Geldstrafen erst bei 800 Euro an.