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TECHBOOK-Interview

Bison-CEO: „Schlüssel zum Erfolg ist, dass Kryptos leicht zugänglich sind“

Dr. Ulli Spankowski spricht im TECHBOOK-Interview über die Bison-App und Krypto
Dr. Ulli Spankowski spricht im TECHBOOK-Interview über die Bison-App und Krypto Foto: Bison / Dr. Ulli Spankowski
Oliver Schmaering
Freier Redakteur

2. November 2024, 9:03 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten

Dr. Ulli Spankowski ist nicht nur Chief Digital Officer bei der Börse Stuttgart. Er steht auch als Mitgründer hinter der Bison-App. Im Interview mit TECHBOOK hat er interessante Einblicke gewährt und über seine Visionen für die Zukunft von Krypto gesprochen.

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Mit Bison startete Anfang 2019 die erste deutsche App zum Handel von Kryptowährung in Europa. Hinter ihr steht mit der Börse Stuttgart eine traditionelle Wertpapierbörse. Mittlerweile ist die App mit dem Zusatz „Made in Germany“ über fünf Jahre auf dem Markt und zählt laut Unternehmen über 850.000 aktive Nutzer. Mit Bison lassen sich nicht nur 27 Kryptowährungen, darunter Bitcoin, Ethereum, Cardano & Co., handeln. Auch Aktien und ETFs sind Teil des Angebotes. Hinter Bison steht vor allem ein Mann: Gründer Dr. Ulli Spankowski. Im Interview hat er mit TECHBOOK gesprochen.

Bison-Gründer im Interview mit TECHBOOK

TECHBOOK: Sie sind Co-Founder und CEO des größten aus Deutschland stammenden Kryptobrokers Bison. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung? Und wo verorten Sie sich derzeit im Vergleich zu Ihren Wettbewerbern?
Dr. Ulli Spankowski: „Ich bin glücklich mit der Entwicklung als deutscher Anbieter, hinter dem eine traditionelle Wertpapierbörse mit dem entsprechenden regulatorischen Set-up, nämlich die Gruppe Börse Stuttgart, steht. Wir haben nach nunmehr fünf Jahren über 850.000 Nutzer und nähern uns Schritt für Schritt der Nutzerzahl von einer Million. Die Anzahl der handelbaren Coins wurde Stück für Stück ausgebaut, wenngleich wir nicht unbedingt den Ansatz verfolgen, 300 oder 400 Coins zum Handel anzubieten. Wir haben außerdem über 2500 Wertpapiere, Aktien und ETPs im Programm und sind inzwischen auf über 150 Mitarbeiter an unseren Standorten in Berlin, Stuttgart, Frankfurt, Ljubljana, Wien und mittlerweile sogar Madrid angewachsen.

Als Teil der sechstgrößten Börsengruppe besitzen wir eine gewisse Seriosität, die Kunden besonders im Kryptobereich schätzen. Unsere Kundengruppe ist ein Tick anders als die unserer Wettbewerber, sie ist beispielsweise etwas älter. Die Kerngruppe ist etwa zwischen 35 und 65 Jahre alt. Und das Anlageverhalten von reiferen Personen ist natürlich entsprechend anders, mit größeren Portfolios und einem Fokus auf Diversifikation. Ich glaube, das unterscheidet uns doch von der Konkurrenz.“

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In Stuttgart gibt es mit BSDEX und Bison zwei Kryptobörsen. Warum eigentlich und was ist der Unterschied zwischen beiden?
„Die beiden Plattformen unterscheiden sich wie folgt: Bison ist unser Brokerage-Angebot. Das heißt, hinten dran hängen etliche Kryptobörsen. Darüber versuchen wir für den Kunden den besten Preis zu ermitteln und zur Verfügung zu stellen. Wenn man an einer Kryptobörse handelt, dann natürlich immer zu den Preisen dieses einzelnen Börsenplatzes. Das ist der Unterschied zwischen Broker und Börse.

Unser Plan war mit dem Broker-Angebot zu starten und dann die Börsen-Lösung aufzubauen. Und zwar aus einem relativ simplen Grund: Wir wollten die Liquidität, die wir sozusagen selbst produzieren, an unseren eigenen Marktplatz weitergeben. Im Wertpapierbereich können Privatpersonen nicht direkt an einer Börse handeln. Im Kryptobereich geht das und deswegen haben wir damals gesagt, wir bieten das auch an.

Wir haben aber über die Jahre festgestellt, dass eine Börse wie BSDEX eher etwas für das institutionelle Umfeld ist. Und dafür nutzen wir die Plattform eigentlich inzwischen auch hauptsächlich. Da sind durchaus Retail-Kunden unterwegs. Aber man muss sich dort zum Beispiel erst einmal mit dem Orderbuch auskennen. Die Handelsplattform ist technisch etwas anspruchsvoller und nichts für jedermann. Wenn man einfach nur gelegentlich handeln möchte, dann ist eine Brokerage-Lösung wie Bison besser geeignet.“

Wie sieht die Zukunft von Bison aus?

Gibt es eine Idee, wo man in fünf oder in zehn Jahren sein will? Was soll sich ändern und was soll fortgesetzt werden?
„Wir machen regelmäßig Umfragen und entwickeln das Produkt weiter. Für unsere
Kernzielgruppe sind Argumente wie Sicherheit, Regulierung in Deutschland und durchdachte Angebote entscheidend. Wir orientieren uns auch an Wettbewerbern und fokussieren uns auf: Was passt für unsere Kundengruppe am besten und wird am meisten nachgefragt?

Basierend darauf bauen wir unser Angebot Stück für Stück aus. Kürzlich ist unser Staking-Angebot live gegangen. Das gibt es natürlich auch bei anderen Anbietern. Ich glaube aber ein großer Unterschied ist, dass unser Staking-Angebot bei der Munich RE gegen sogenannte Slashing-Risiken versichert ist, die beim Staking von Ethereum auftreten können. Das sind so Feinheiten, die uns als Bison von anderen unterscheiden.“

Als Ihre Mission bezeichnen Sie die Vermählung von traditionellen Finanzen mit der Welt der Blockchain. Was ist der Mehrwert dessen? Warum ist das wichtig?
„Ich hatte schon relativ früh mit Kryptowährungen zu tun. Die eigentliche Idee, die ich schon vor 2017 hatte, war die Erschaffung eines neuen Finanzsystems über die Blockchain. Man kann mit dieser Technologie Werte tokenisieren, etwa Kunst, wertvolle Automobile oder Immobilien. Als Token auf der Blockchain werden diese Werte in kleine Teile zerlegt, man nennt das fraktionalisieren.

Durch Tokenisierung kann das eigene Portfolio nicht nur mit Wertpapieren, Kryptowährungen und Rohstoffen diversifiziert werden, sondern auch mit sogenannten Real World Assets, zu denen ich sonst keinen Bezug bekomme. Ein Beispiel wäre Kunst. Ich kann mir nicht für 500.000 Euro ein Kunstwerk kaufen, und das hänge ich dann an die Wand. Ich möchte an der Wertsteigerung partizipieren. Also hätte ich gern jemanden, der das Kunstwerk kauft und es fraktionalisiert. Einen kleinen Teil davon möchte ich dann kaufen, weil ich mir vielleicht auch gar nicht mehr leisten kann.

Mittlerweile gibt es das. 2017 gab es so etwas nicht. Das war sozusagen der eine Teil der Idee, weshalb man diese Bereiche vermählen sollte. Der andere Teil ist, dass die Blockchain-Technologie bestimmte Intermediär-Funktionen am Finanzmarkt erfüllt und man dadurch effizienter das Finanzmarkt-Geschehen aufsetzen kann. Ich benötige unter anderem Clearing und Settlement. Das ist heute sehr monopolistisch in Deutschland aufgebaut. Da gibt es eine große Börse in Frankfurt am Main. Und alle anderen müssen das nutzen, ob sie wollen oder nicht. Und das Ganze kann eben über die Blockchain aufgebrochen werden.“

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Ausblick auf die Entwicklung der Blockchain und von Krypto

Wohin geht Ihrer Einschätzung nach die technologische Entwicklung der Blockchain in den kommenden Jahren?
„Das ist natürlich eine große Frage mit sehr viel Glaskugel-Potenzial. Als das Mobiltelefon herauskam, dachte niemand an Smartphones. Als dann die Smartphones da waren, dachte auch keiner an die Millionen von Applikationen, die man inzwischen auf Smartphones haben kann. Da dachte jeder nur, man kann jetzt besser telefonieren.

Wir sehen jetzt auch schon an Bitcoin, dass die Entwicklung nur dieser Technologie, also die des größten Coins, mittlerweile in die Richtung geht, dass man sich auch bestimmte Apps zum Beispiel auf der Bitcoin-Blockchain vorstellen kann. Das heißt, die Entwicklung dieser Kryptowährungen hört nicht auf, sondern geht kontinuierlich weiter.

Ethereum allein hat über 30.000 Entwickler weltweit, die sich mit dem Protokoll beschäftigen und es weiterentwickeln. Hinzu kommt, dass bestimmte Kryptowährungen, wie etwa Bitcoin, dazu eingesetzt werden können, unsere Energiewende effizienter zu gestalten. Denn das Übermaß an produzierter Energie, das oftmals durch Wind oder Sonne entsteht und Netzwerkausfälle verursacht, könnte man sinnvoll nutzen, um damit Bitcoin zu produzieren. Und Bitcoin ist letztlich eine sehr sichere Aufbewahrungstechnologie für Informationen.“

Viele Leute bemessen den Nutzen von Kryptowährungen danach, ob es Anwendungen in der realen Wirtschaft gibt. Ist das ein richtiger Gedanke? Oder kann es in der digitalen Welt eine parallele Wirtschaft geben, deren Stärke sich eben genau darin zeigt, von der realen Wirtschaft entkoppelt zu sein?
„Ich finde es erst einmal gut, wenn sich Kunden Gedanken darüber machen: Warum kaufe ich mir eine Kryptowährung und was macht die eigentlich? Habe ich mich damit beschäftigt und glaube ich daran, weil dieser Token beispielsweise versucht, Blockchains interoperabel zu machen? Das ist schon mal ein guter erster Schritt.

Wenn ich eine Verbindung zur Realwirtschaft habe, kann das natürlich spannend sein,
gerade im Bereich Lieferketten. Ich denke aber nicht, dass es zwingend der einzige Weg sein muss, Kryptowährungen nur anhand dieser Verbindung zur Realwirtschaft nutzen zu können. Ich kann außerhalb dessen einen neuen Marktplatz schaffen, in dem ich mich als Börse, als Versicherung oder als Bank etablieren kann und bin trotzdem eine Privatperson, indem ich das über Smart Contracts löse. Und wenn so etwas durch die Decke geht, kann dem Token und der Kryptowährung ein signifikanter Mehrwert zugemessen werden.

Insofern sehe ich das nicht so, dass der Nutzen ausschließlich die Realwirtschaft betreffen muss. Der Schlüssel zum Erfolg ist natürlich, dass Kryptowährungen leicht zugänglich sind. Sonst kommen nur Leute in diesen Markt, die technikaffin sind und das muss geändert werden. Das ist auch unser Anspruch bei Bison. Die Verwahrung von Coins ist so komplex, dass eigentlich die Wenigsten Bitcoin kaufen und halten. Deswegen bieten wir eine einfache Lösung, um Kryptowährungen zu kaufen und sicher zu verwahren.“

Wird Krypto massentauglich?

Was wird Ihrer Meinung nach der Auslöser für die lang ersehnte und viel besprochene Massenadoption von Kryptowährungen sein?
„Ich glaube, wir sind schon relativ weit mit der Massenadoption. Unter den 18- bis 29-
Jährigen ist es tatsächlich so, dass eher Kryptowährungen als Wertpapiere gekauft werden. Vielleicht kann von einem ausreichenden Erfolg gesprochen werden, wenn wir unsere Zahlen noch ein Stück weiter ausbauen – auch in Hinblick auf regionale Unterschiede weltweit.

Bitcoin hat vielleicht in Europa nicht unbedingt seine Hauptfunktion als Zahlmittel.
In anderen Ecken der Welt sieht es anders aus. Hinzu kommt, dass diese Technologie noch nicht fertig entwickelt ist. Da wird noch mehr passieren.“

Apropos noch mehr passieren: Der digitale Euro kommt ja, wie man hört – oder kommt er doch nicht?
„Ich glaube schon, dass er kommt, gerade im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb wird der digitale Euro auch ein Vorteil sein. Es wird bereits viel Energie in Euro-backed Stablecoins gesteckt. Diese Firmen hoffen natürlich alle, dass der digitale Euro so spät wie möglich kommt, weil es ein riesiges Geschäftsmodell ist. Die Frage ist natürlich, werden dann die Stablecoins abgelöst? Wird nur noch mit digitalem Euro bezahlt? Aber über diese Frage entscheidet die konkrete Ausgestaltung. Bis dahin dauert es noch eine ganze Weile.“

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Ausblick auf die Zukunft

Geben Sie uns abschließend einen Ausblick: Wie sieht die Welt der Fintechs, Kryptobörsen, Neobroker und Blockchains in 10 Jahren und in 50 Jahren aus? Und was wollen Sie im Rahmen dieser Entwicklung bewirken?
„Wir als Boerse Stuttgart Group werden als Pioniere im Digital Asset Bereich vorangehen, um die Finanzmarkt-Infrastruktur der Zukunft mit aufzubauen. Das bedeutet, dass sich die Clearing- und Settlement-Landschaft stark ändern wird. Das führt zu Effizienzgewinnen und somit zu Kosteneffekten für den Verbraucher.

Ich glaube auch, dass sich Real World Assets stärker in den Portfolios der Kunden widerspiegeln werden. Denn es wird Partnerschaften zwischen Anbietern geben, die Werte tokenisieren und solchen, die Marktplätze haben, um diese Dinge anzubieten. Das heißt, ich kann nicht nur einen Teil eines Kunstwerks kaufen, sondern ich kann es auch auf anderen Marktplätzen verkaufen. Ich denke, das wird in den nächsten zehn Jahren auf jeden Fall passieren. Meine Hoffnung ist es, dass wir hier in Stuttgart ein Teil dieser Geschichte sein werden.“

Und in 50 Jahren?
„Als Kind der 80er habe ich damals Knight Rider angeschaut und war fasziniert davon, dass das Auto selbst fahren und der Mensch mit seiner Uhr sprechen konnte. Heute gibt es beides. Vielleicht müssten wir also eher einen Filmemacher fragen.

In 50 Jahren kann ich mir vorstellen, vielleicht auch schon früher, dass wir viel mehr
Automatisierung haben werden. Heute fahren die Autos schon selbst. Zukünftig werden die Autos auch selbst in Parkhäuser fahren. Die Abrechnung dort wird automatisch über digitale Transaktionen passieren. Wenn mehr Machine-to-Machine-Payments auf die Blockchain kommen, werden unsere Geräte viel stärker miteinander vernetzt sein und es entstehen neue Geschäftsmodelle. Die ganze Payment-Industrie wird sich in Richtung dieser digitalen Währungen verändern.“

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