21. Juni 2024, 15:24 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Kamera-App des iPhones hat über die Jahre immer mehr Funktionen bekommen. Video-Enthusiasten vermissen dennoch viele professionelle Features, die es bislang nur mit Drittanbieter-Apps gibt. Apples neue Final Cut Camera schließt nun die Lücke zur Konkurrenz.
Im Mai hatte Apple im Zuge des iPad-Events eine neue Version des Video-Editors Final Cut Pro für das iPad Pro in Aussicht gestellt. Zusammen mit dem Update sollte auch eine komplette neue Kamera-App für das iPhone erscheinen. Ab sofort steht diese im App Store zum Download bereit; TECHBOOK hat sie ausprobiert.
Für die Video-Regie oder als Standalone-App
In einer Pressemitteilung wurde der Start der neuen Final-Cut-Pro-App und damit auch der Final Cut Camera angekündigt. Was die App laut Apple besonders macht, sind die „intuitiven Profisteuerungen für die gesamte Videoproduktion“. In erster Linie ist Final Cut Camera für die Einrichtung von „Live-Multicam-Sitzungen“ im Zusammenspiel mit einem iPad gedacht. Bis zu vier iPhones können verschiedene Kameraeinstellungen per Live-Übertragung an Final Cut Pro auf einem iPad Pro senden. Das vereinfach die Video-Regie mit mehreren Kameras – ein Szenario, das bislang teure und unhandliche Ausrüstung erfordert.
Doch Final Cut Camera ist nicht nur ein einfaches Tool zur Übertragung der Live-Aufnahme. Die App bietet eine Reihe von professionellen Video-Funktionen, die der Standard-Kamera-App auf dem iPhone bislang fehlen. Das Beste daran: Alle Besitzer eines halbwegs aktuellen iPhones können Final Cut Camera als Standalone-App kostenlos benutzen. Die Anbindung an ein iPad Pro ist dafür nicht nötig.
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Das kann Final Cut Camera für das iPhone
Anders als die Standard-Kamera-App für das iPhone bündelt Final Cut Camera alle Einstellungsmöglichkeiten direkt in der App selbst. Das ist auch gut so, denn es gibt eine Menge davon. Hier eine Übersicht im Video:
Bereits in der oberen Tool-Leiste lassen sich Aufnahme-Codec, Dynamikbereich (HDR/SDR), Auflösung und Bildrate festlegen. Von hier aus ist auch die Einbindung des iPhones in ein Multicam-Setup möglich. Zudem erhalten Nutzer hier Zugriff auf die Kamera-Optionen – mehr dazu später. Direkt unter der oberen Tool-Leiste sitzen die Anzeigen für die verbleibende Aufnahmezeit und den Audio-Pegel.
Die App-Oberfläche selbst ist recht ähnliche wie die Standard-Kamera-App aufgebaut. Allerdings sind die Schaltflächen für die einzelnen Funktionen deutlich größer. Direkt über dem Aufnahme-Button sind die Brennweiten-Optionen angeordnet – sofern das iPhone mehr als eine Kamera hat. Links daneben liegt die Zoom-Funktion, die sich grundlegend von der Standard-Kamera im iPhone unterscheidet. Denn wie etwa die professionelle „Blackmagic Cam“-App für das iPhone erlaubt das Feature einen deutlich langsameren, präziseren Zoom für Kino-würdige Aufnahmen.
Per Klick auf den Pfeil nach oben neben der Brennweiten-Auswahl bekommt man Zugriff auf weitere Tools:
- Weißabgleich: Automatisch; manuell per Slider festlegen oder eine Voreinstellung (z. B. „Tageslicht“ oder „Schatten“ auswählen).
- Belichtung: Automatisch; manuell per Slider festlegen oder Verschlusszeit und ISO-Wert direkt anpassen.
- Fokus: Automatisch oder manuell per Slider fokussieren.
- Kamera-Ausrichtung: Automatisch, links, rechts oder Hochformat
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Tiefgehende Einstellungen für professionelle Aufnahmen
Während direkt über die Kamera-Oberfläche verfügbare Optionen wie der präzise Zoom und der manuelle Fokus bereits deutlich über die Fähigkeiten der Standard-Kamera hinausgehen, bietet Final Cut Camera in den Einstellungen noch tiefergehende Funktionen.
Nutzer können hier die elektronische Stabilisierung der iPhone-Kamera ausschalten. Die normale Kamera-App schneidet einen Teil des Bilds ab, um die Stabilität der Aufnahmen zu erhöhen. Das lässt sich in Final Cut Camera deaktivieren – etwa für den Fall, dass das iPhone an einem Stativ angebracht ist.
Professionelle Werkzeuge nur für aktuelle iPhone-Pro-Modelle
Die wohl wichtigsten Funktionen sind jedoch in der „Werkzeuge“-Spalte in den Einstellungen zu finden. Hier gibt es einerseits die Option, ein Raster über den Kamera-Sucher zu legen. Allerdings nicht für die klassische 16:9-Aufnahme, sondern auch mit Hilfslinien für quadratische und 4:3-Aufnahmen. Wirklich professionell wird es aber bei Belichtung und Fokus. Hier lässt sich einerseits eine Überbelichtungsanzeige zuschalten. Sogenannte Zebra-Indikatoren erscheinen dann auf im Kamera-Sucher, wenn eine oder mehrere Flächen zu stark belichtet sind. Zum anderen ist die Focus-Peaking-Einstellung zu finden – eine Funktion die für den manuellen Fokus praktisch unverzichtbar ist. Focus-Peaking markiert mit grüner Umrandung alle Objekte, die im Fokus sind. Somit kann sichergestellt werden, dass eine Aufnahme nicht ungewollt unscharf ist.
Auf diese App habe ich gewartet
Als Apple bei der Vorstellung des neuen iPad Pro ein Update für Final Cut Pro ankündigte, habe ich gar nicht damit gerechnet, dass die Final Cut Camera so ein Game Changer sein könnte. Ich filme viel mit meinem iPhone und muss bislang auf Apps wie Blackmagic Cam zurückgreifen, wenn ich Audio-Pegel, präzisen Zoom und Focus-Peaking benötige.
Das alles ist nun in Final Cut Camera zu finden. Der Vorteil: Da es sich um eine First-Party-App handelt, kann sie alle iPhone-Funktionen direkt ansteuern und so ein runderes Erlebnis liefern. Allerdings würde ich mir wünschen, dass Apple noch ein paar Funktionen nachreicht – etwa Audio-Formate, ein Histogramm und eine Linsen-Korrektur.
Zebra-Indikatoren und Focus-Peaking funktionieren nur auf iPhones mit dem Apple-Chip A13 Bionic oder neuer. Das schließt iPhone Xs/Xs Max und Xr aus. ProRes-Codec und Log-Farbcodierung sind nur für iPhone 15 Pro und 15 Pro Max freigeschaltet. Alle anderen Funktionen sind auf jedem iPhone verfügbar, auf dem iOS 17.4 oder neuer installiert ist.