11. Mai 2021, 14:30 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Betrugsmasche mit Originalverpackungen (OVPs) gibt es schon sehr lange. So lange, dass Ebay-Nutzer sie vielleicht schon gar nicht mehr auf dem Schirm haben. TECHBOOK liegt ein dreister Fall vor, bei dem das Opfer 580 Euro für einen iPad-Karton zahlen soll.
Bei Ebay-Angeboten sollte man die Beschreibung stets genau lesen. Und zwar nicht nur, um mögliche Mängel nicht zu übersehen. Denn auch Betrüger verstecken entscheidende Informationen dort. Im Fall der Betrugsmasche mit Originalverpackungen, auch OVP-Masche genannt, zeigt sich das besonders gut.
Karton ohne Ware verkauft
Normalerweise ist der Zusatz „OVP“ auch bei Technikartikeln ein Pluspunkt. Denn wer beispielsweise eine Spielekonsole auf Ebay ersteigert, hat gerne auch den Originalkarton dazu. Bei Retro-Technik, wie alten Videospielen ist die OVP sogar ein wesentlicher Bestandteil und vervielfacht den Wert. Bei Neuware erwartet man sogar, dass diese auch bei Ebay in der Originalverpackung geliefert wird.
Die fast standardmäßige Verwendung des Begriffs „OVP“ in der Angebotszeile ermöglicht die Abzocke. Denn was wohl niemand erwartet ist, dass man lediglich auf die Verpackung bietet. Kein Wunder, denn das ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Und genau das ist Absicht. Es wird suggeriert, man biete normal auf den Artikel, beispielsweise ein neues iPad, aber in Wirklichkeit geht es nur um die fast wertlose Verpackung. In einem Fall, der TECHBOOK vorliegt, sieht das dann so aus:
Das Angebot unterscheidet sich zunächst nicht von anderen Auktionen. Es geht vermeintlich um ein iPad Pro 11 aus dem Jahr 2020 mit 256 GB in der Originalverpackung. Davon gingen auch viele Bieter aus und pushten das Angebot kurz vor Auktionsende bereits auf knapp 600 Euro. Wer die OVP-Masche kennt, wird bei der Artikelbeschreibung aber erkennen, dass es hier nicht um ein iPad geht:
Beim Blick in die Beschreibung sind vor allem zwei Sätze entscheidend: „Verkauft wird hier wie oben beschrieben eine Originalverpackung (OVP). Bieten Sie bitte nicht, wenn Sie damit nicht ausdrücklich einverstanden sind.“ Damit ist klar, dass es sich nur um eine Verpackung handelt.
Am Ende steht die Ebay-Auktion der Originalverpackung bei 580 Euro. Das kann kaum im Sinne des Käufers liegen. Doch ist das ganze rechtens und wie können sich geprellte Nutzer wehren?
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Nachfrage beim Anwalt
TECHBOOK hat bei dem renommierten Anwalt Christian Solmecke von der Kanzlei „WILDE BEUGER SOLMECKE“ in Köln nachgefragt, ob so ein Vorgehen überhaupt legal sei. Demnach könne grundsätzlich ein Betrug vorliegen. Die Prüfung der meisten Fälle zeigt aber, dass die Masche rechtens ist. Rechtsanwalt Solmecke begründet dies so:
„Anders als noch vor einigen Jahren gehen die meisten Ebay-Abzocker inzwischen geschickter vor. In der Überschrift wird nun an den Angebotstext etwa das Kürzel ,Bild‘ oder ,Karton‘ angehängt. Dieser Hinweis wird natürlich dennoch von Käufern schnell übersehen, aber der Hinweis ist eben nicht mehr ,versteckt‘. So steht es auch in denen von Ihnen mitgeschickten Bildern. Dort enthält die Überschrift das Kürzel OVP (Originalverpackung) und im Anzeigentext wird darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Objekt der Begierde ,lediglich‘ um eine Verpackung handelt. Damit kommt zunächst ein rechtmäßiger Kaufvertrag zustande.“
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Gute Nachricht für Opfer
Wer auf die Masche reingefallen ist, kann beruhigt sein, sagt Solmecke:
„Sie müssen am Ende dennoch nicht zahlen. Mein Tipp: Auf den Paypal-Käuferschutz sollte man sich in diesen Fällen nicht verlassen. Die beste und effektivste Möglichkeit, um sich von dem Abzock-Kaufvertrag zu lösen, bietet hier die Anfechtung. Käufer können ihre Willenserklärung nämlich dem Verkäufer gegenüber anfechten. Nach § 119 Abs. 1 BGB besteht die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung. Die falsche Vorstellung über die Identität oder den Umfang des Geschäftsgegenstandes stellt in diesen Fällen einen klaren Inhaltsirrtum dar. Somit gilt: Wer anstelle eines einfachen Kartons oder eines ausgedruckten Produktbildes den suggerierten Gegenstand erwerben wollte, darf seine Willenserklärung anfechten. Käufer könne sich so von dem Vertrag wieder lösen und werden von der Kaufpreiszahlungspflicht befreit. Wichtig ist, dass man die Anfechtungserklärung unverzüglich schriftlich (z.B. per Mail) an den Ebay-Verkäufer sendet. Hier sollte auch beachtet werden, dass man dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Rückzahlung setzt.“