23. April 2024, 7:45 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Viele Mieter und Mieterinnen in Deutschland zahlen mit ihren Nebenkosten auch den Anschluss fürs Kabelfernsehen. Die Kosten dafür belaufen sich monatlich auf rund 10 Euro. Doch damit ist ab diesem Sommer Schluss. Die Bundesregierung hat beschlossen, die Umlagefähigkeit der TV-Anschlussgebühren über die Nebenkosten abzuschaffen.
Seit den 1980er-Jahren haben Vermieter die Möglichkeit, mit den Kabelprovidern einen Rahmenvertrag abzuschließen, um Wohnungen mit Kabelfernsehen zu versorgen. Die dabei anfallenden monatlichen Kosten für den Kabelanschluss legen sie auf die Nebenkosten um, die jeder Mieter zu gleichen Anteilen zu zahlen hat – ob er den Anschluss nutzt, oder nicht. Genannt wird das Ganze daher auch Nebenkostenprivileg. Doch eben diese Umlagefähigkeit hat die Bundesregierung im Rahmen der Modernisierung des Telekommunikationsrechts in Deutschland bereits im Frühjahr 2021 gekippt. Seither läuft eine Übergangsfrist, die bald ausläuft.
Übersicht
Zum 30. Juni 2024 tritt die Reform in Kraft. Ab dem 1. Juli dürfen Vermieter die Kosten für den Kabel-TV-Anschluss somit nicht mehr auf ihre Mieter umlegen. Wer dann weiterhin über Kabel fernsehen möchte, muss sich selbst um einen Anschluss kümmern und die Kosten dafür tragen. Vodafone, als größter Kabel-TV-Anbieter in Deutschland, hat bereits im Vorfeld offengelegt, welche Kosten dann auf Mieter zukommen.
Wer vom neuen Gesetz profitiert….
Bereits im Sommer 2020 gaben der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) entsprechende Pläne bekannt, die Kosten für den Kabelanschluss aus den Nebenkosten zu streichen. Nach mehreren Gesprächen stimmte der Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts in geänderter Fassung 2021 zu. Auch der Bundesrat hat die Änderung abgenickt.
Mit der Reform möchte die Bundesregierung Mietern die Möglichkeit geben, künftig selbst zu entscheiden, über welchen Weg sie ihr Fernsehprogramm empfangen. Statt auf Kabel greifen viele Nutzer beispielsweise auf DVB-T2 oder auch auf IPTV bzw. Streaming zurück. Sie zahlen dann unter Umständen doppelt – ihren gewählten TV-Zugang sowie die in den Nebenkosten enthaltene Gebühr für den Kabelanschluss.
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Mit dem Wegfall der „Zwangskosten“ entscheiden sich womöglich noch mehr Menschen für einen alternativen TV-Zugang. Für sie hat der Beschluss somit einige Vorteile, bringt er doch mehr Freiheit und verringert ihre monatlichen Kosten. Auch Anbieter wie die Deutsche Telekom oder 1&1 dürften sich über die Überarbeitung des Telekommunikationsrechts freuen. Die Unternehmen betreiben – anders als beispielsweise Vodafone – selbst kein TV-Kabelnetz, bieten aber Pakete für Fernsehen über das Internet an.
Schlussendlich profitieren auch diejenigen von der neuen Regelung, die gar nicht mehr auf lineares Fernsehen setzen. Ob sie stattdessen Abos bei einem oder mehreren Streaming-Diensten haben oder sogar komplett auf einen Fernseher verzichten – Extragebühren in Form von Nebenkosten entfallen für sie.
… und für wen die Gesetzesänderung Nachteile bringt
Doch ist der Kabelanschluss nicht mehr in den Nebenkosten enthalten, bringt das auch Nachteile. Womöglich sogar für einen großen Anteil der Mieter in Deutschland. Noch immer schauen die meisten nämlich über Kabel fern – nicht nur, weil sie den Anschluss ohnehin zahlen, sondern auch, weil er bequem ist. Zudem bietet er die Grundlage für weitere Dienste. Möchten Kunden beispielsweise Sky buchen und das Programm von Sky Q nutzen, setzt dies für den vollen Umfang des Angebots einen Kabel- bzw. Satellitenanschluss voraus. Auch ältere Menschen scheuen sich womöglich, auf neuartige Anschlussmethoden wie Fernsehen über das Internet umzusteigen. Zudem ist die Internet-Abdeckung nicht in allen Regionen Deutschlands so gut, dass die Geschwindigkeit zum Streamen ausreicht. Hier bleibt somit nur DVB-T2 oder Satellit.
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Das kostet der TV-Kabelanschluss bei Vodafone künftig
Kunden können nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes zwar beim Kabelfernsehen bleiben, allerdings müssen sie aktiv werden und in vielen Fällen einen eigenen Zugang buchen. Aktuell liegen die monatlichen Kosten für einen Kabelanschluss in den Nebenkosten zumeist zwischen 7 und 10 Euro – relativ niedrig, vor allem, wenn man sich die TV-Kosten in anderen europäischen Ländern anschaut. Möglich ist eine solch geringe Gebühr durch die Masse an Nutzern. Kabelprovider können den Wohnungsbaugesellschaften kostengünstige Verträge anbieten, da sie durch die Vielzahl der so gewonnen Anschlüsse dennoch ordentlich Geld einnehmen, gleichzeitig aber einen vergleichsweise geringen Verwaltungsaufwand haben. Kunden und Anbieter profitieren.
Doch mit der ab Juli 2024 in Kraft tretenden Gesetzesänderung ändert sich der Abrechnungsprozess. Mieter, die dann weiterhin per Kabel ihr TV-programm empfangen möchten, haben laut Vodafone verschiedene Möglichkeiten, die aber abhängig von ihrem Vermieter sind.
Variante 1: Vermieter schließt Mehrnutzervertrag mit Vodafone ab
Schließt der Vermieter wie bisher einen Mehrnutzervertrag mit Vodafone ab (was viele der großen Wohnungswirtschaftsunternehmen in der Regel getan haben oder tun), zahlt der Mieter weiterhin direkt an den Vermieter für den TV-Empfang. Das Entgelt wird dann aber nicht mehr über die Nebenkosten abgerechnet, sondern über eine Zusatzvereinbarung vom Mieter eingezogen. Diejenigen, die den Kabel-TV-Anschluss nicht nutzen möchten, können per Opt-out vom Vertrag zurücktreten. Vorteil in diesem Fall: Der Mieter muss keinen Direktvertrag mit Vodafone abschließen.
Variante 2: Versorgungsvereinbarung zwischen Vermieter und Vodafone
Vodafone bietet eine weitere, neue Möglichkeit an, nach Wegfall des Nebenkostenprivilegs weiterhin Kabel-TV zu empfangen. Sie beruht auf der sogenannten Versorgungsvereinbarung, die der Vermieter mit Vodafone abgeschlossen haben muss. Laut Netzbetreiber haben das bereits sehr viele Vermieter getan, Details nennt der Anbieter allerdings nicht.
Liegt die Versorgungsvereinbarung seitens des Vermieters vor, muss der Mieter einen direkten Vertrag mit Vodafone abschließen und bekommt dann den in der Versorgungsvereinbarung hinterlegten Preis. In der Regel beträgt dieser laut Vodafone unter zehn Euro im Monat, wobei es „einige wirklich sehr wenige Ausnahmen gibt“, wie Vodafone gegenüber TECHBOOK bestätigt. Stichproben, die TECHBOOK gemacht hat, zeigten Kosten von 4,50 Euro bis 9,99 Euro im Monat.
So viel müssen Mieter für den speziell ins Leben gerufenen Tarif „TV Connect Start“ bezahlen. Er richtet sich ausschließlich an Mieter, die den Fernsehempfang über das Kabelnetz bislang über die Mietnebenkosten zahlen. Das Angebot beinhaltet den Empfang von insgesamt 97 Fernsehprogrammen, darunter 28 in HD-Qualität, regionale und fremdsprachige Sender sowie mehr als 80 Radiosender. Statt an den Vermieter zahlen Mieter den Preis für den Kabel-TV-Anschluss bei diesem Modell direkt an Vodafone.
Vodafone rät allen Mietern, bei denen der Vermieter noch keine Versorgungsvereinbarung abgeschlossen hat, diesen darauf hinzuweisen und ihren Vermieter nach einer Kooperation mit Vodafone zu fragen, um von dem günstigeren Angebot profitieren zu können.
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Variante 3: Kosten ohne Versorgungsvereinbarung
Liegt nämlich keine Versorgungsvereinbarung zwischen Vermieter und Vodafone vor, greift der Tarif „TV Connect Standard“. Dieser ist mit monatlich 12,99 Euro teurer als der Start-Tarif. Grund für die höheren Kosten ist unter anderem der höhere Aufwand der Einzelbetreuung der Verträge, der wiederum mit höheren Verwaltungskosten verbunden ist.
Welcher Option jeweils greift, lässt sich in der Tarif-Abfrage von Vodafone nachsehen. Der Anbieter weist allerdings darauf hin, dass aktuell noch nicht jeder Wohnort in der Datenbank hinterlegt ist.
Übrigens: Für Besitzer einer Eigentumswohnung gilt, was die Eigentümergemeinschaft beschließt. Sie kann entscheiden, ob sie den Mehrnutzungsvertrag weiterlaufen lässt. Im Rahmen der Gesetzesnovelle besteht ein Sonderkündigungsrecht zum 30. Juni 2024. Wird dieses nicht genutzt, läuft der alte Vertrag wie gewohnt weiter und das Nebenkostenprivileg bleibt bestehen.
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Probleme für Bürgergeld-Empfänger
Auch Empfänger von staatlichen Zahlungen sind von der Änderung mitunter hart getroffen. Empfängern von Bürgergeld (bis Ende 2022 ALG-II) zahlt beispielsweise häufig das Amt die Nebenkosten, und somit auch die Kosten für den Kabelanschluss. Einen selbst beauftragten Anschluss müssten sie hingegen selbst zahlen, was einigen wohl nur schwer möglich sein dürfte. Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW, sieht die Reform daher kritisch. „Belastet werden mit dieser neuen Regelung ausgerechnet gering verdienende Haushalte: Für sie werden ab Mitte 2024 die TV-Kosten dann auch nicht mehr als Kosten der Unterkunft von der Kommune übernommen.“
Andere Stimmen wiederum sehen mehr Gleichberechtigung in der Reform. Denn nicht alle Bürgergeld-Empfänger können ihren TV-Anschluss über die Nebenkosten abrechnen und müssen ihn bereits selbst zahlen. Sie sind gegenüber der anderen Gruppe somit benachteiligt.