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Trotz Rundfunkgebühr

Sehen wir bald Werbung in den Mediatheken von ARD?

Die ARD will Werbung in ihrer Mediathek zeigen dürfen, um sinkende Einnahmen zu kompensieren: Logo der Mediathek
Die ARD will Werbung in ihrer Mediathek zeigen dürfen, um sinkende Einnahmen zu kompensieren Foto: picture alliance / photothek
Marlene Polywka Techbook
Redakteurin

3. September 2024, 13:18 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Werbung ist im digitalen und medialen Raum längst omnipräsent. Beim Öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist sie jedoch stark limitiert und das aus gutem Grund. Dennoch fordert die ARD, Werbung in ihren Mediatheken zeigen zu dürfen, um sinkenden Einnahmen entgegenwirken zu können.

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Wer aktuell in die ARD-Mediathek geht, sieht dort vor allem eines nicht: Werbung. Ein ungewohnter Anblick für Internetnutzer, zeigen doch nahezu alle Websites neben ihren Inhalten diverse Werbeblöcke. Dabei handelt es sich in der Regel um Display- und Video-Ads, die für die Websites, die ihre Flächen für Werbung zur Verfügung stellen, oft eine wichtige Einnahmequelle sind. Aufgrund des Medienstaatsvertrags (früher Rundfunkstaatsvertrag) ist es allerdings dem Öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) untersagt, in seinen Online-Angeboten Werbung zu zeigen. Ein Umstand, den die ARD gerne ändern möchte. TECHBOOK erklärt die Details.

Was genau fordert die ARD?

In den kommenden Jahren rechnet die ARD mit einem deutlichen Rückgang ihrer Werbeeinnahmen und das bereits ab 2025. Tobias Lammert, Geschäftsführer der Werbetochter ARD Media, führt das laut der Nachrichten-Plattform „Epd Medien“ auf den Wandel der TV-Landschaft zurück.

Das klassische lineare Fernsehen wird seit Jahren zunehmend durch digitale Angebote ersetzt. Das reduziere entsprechend auch die Werbeeinnahmen aus dem TV-Bereich, was nicht durch Einnahmen aus dem digitalen Sektor aufgefangen würde, so Lammert.

Insgesamt komme es „einem Werbeverbot durch die Hintertür gleich, wenn die Medienpolitik unverändert dabei bleibt, die Mediathek weiterhin selbst von einer moderaten Vermarktung freizuhalten“, sagte Lammert zu „Epd Medien“. Er verweist zudem auf in ihrem Rundfunkkonzept vergleichbare europäische Länder wie Österreich. Der ORF erlaube etwa nach eigenen Angaben sowohl Video- als auch Display-Werbung in seiner Mediathek.

Das gilt bei Werbung für ARD und Co.

In Deutschland gilt hingegen nach wie vor für das Online-Angebot des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein striktes Werbeverbot – im Gegensatz zum linearen TV. Um das zu erklären, muss man sich die Finanzierungsgeschichte anschauen.

Rundfunkbeitrag ist wichtigste Einnahmequelle

Jeder Haushalt in Deutschland muss einen sogenannten Rundfunkbeitrag zahlen. Vor einer großen Änderung im Jahr 2013 wurde diese Abgabe noch Rundfunkgebühr genannt. Was wie eine kleine Änderung klingt, hatte tatsächlich größere Auswirkungen. Zum einen galt die Abgabe vor 2013 pro Gerät und nicht, wie heute, pro Haushalt.

Zum anderen finanzierte die frühere Rundfunkgebühr das komplette Angebot der ÖRR. Der Rundfunkbeitrag hingegen deckt die Ausgaben nur anteilig, wenn auch maßgeblich. Aktuell liegen die Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag bei ca. 9 Milliarden Euro, die dann auf die verschiedenen Sendeanstalten verteilt werden.

Werbung untergeordnet, aber nötig

Zusätzlich dürfen ARD und ZDF in ihren Hauptsendern Werbung zeigen, allerdings nur 20 Minuten pro Werktag im Jahresdurchschnitt. Drittsender sind von dieser Regelung ausgenommen, die im Übrigen auch nur bis 20 Uhr gilt und an Sonn- und Feiertagen prinzipiell ausgesetzt ist. Dann gilt auch für die beiden größten TV-Sender des ÖRR ein Werbeverbot.

Das ZDF schreibt zu dieser sogenannten Mischfinanzierung: „Werbung ist für den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk rechtlich eine gleichrangige, wirtschaftlich eine nachgeordnete zweite Finanzierungsart. Eine überwiegende Finanzierung durch Werbung hat der Gesetzgeber zum Schutz der Programmautonomie und zur Sicherung der gesetzlich festgeschriebenen Grundversorgungsaufgabe des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht gewollt. Die Mischfinanzierung aus Rundfunkbeitrag und Werbung ist dagegen geeignet, die Programmgestaltungsfreiheit von ARD und ZDF zu stärken.“

Aus den Werbeeinnahmen ergeben sich etwa für die ARD im Rahmen der laufenden Beitragsperiode von 2021 bis 2024 Nettowerbeumsätze in Höhe von 1,56 Milliarden Euro. Auf die einzelnen Jahre heruntergerechnet ergibt das ungefähr 390 Millionen Euro.

Auch interessant: Warum muss man für das Streaming-Angebot der ARD eigentlich bezahlen?

Aufhebung des Werbeverbots unwahrscheinlich

Für die kommende Beitragsperiode von 2025 bis 2028 erwartet die ARD hingegen geringere Nettowerbeumsätze von 1,37 Milliarden Euro, im Jahr gut 342 Millionen Euro. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) widersprach dieser Einschätzung allerdings. Sie geht stattdessen von einer Zahl um die 1,45 Milliarden Euro für alle vier Jahre aus, also 362 Millionen Euro im Jahr. Lammert von ARD Media kritisierte das und verwies auf die sinkenden Nutzerzahlen im linearen TV, die künftig noch steigen könnten.

Zum jetzigen Zeitpunkt handelt es sich im Übrigen um eine reine Forderung. Keines der Bundesländer plant offiziellen Informationen zufolge auch nur eine Entschärfung der derzeitigen Regelung. Es ist aktuell auch kaum denkbar, dass sich daran zeitnah etwas ändert, dafür ist die Kritik am Rundfunkbeitrag zu groß.

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ARD-Forderung nach Werbung trifft auf öffentliche Debatte

Der Streit um die pflichtmäßige Abgabe gärt schon seit Jahren. Auch hier spielen die sinkenden Nutzerzahlen eine Rolle. Viele kritisieren, dass sie für ein Angebot zahlen, das sie überhaupt nicht nutzen, weder im klassischen Fernsehen, noch digital. Dazu kamen immer wieder auch Affären wie die um die damalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger im Jahr 2022. Kritik gibt es auch immer wieder an der Programmgestaltung und den teils hohen Manager-Gehältern sowie der Besetzung der Rundfunkräte, die teilweise durch politische Vertreter erfolgt.

Es gibt aber auch starke Befürworter des Rundfunkbeitrags, der – auch im wirtschaftlichen Sinne – unabhängigen Journalismus garantieren soll. Zudem hat der Öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland den Auftrag, mit seinem Programm kulturelle Vielfalt abzubilden und die freie Meinungsbildung zu fördern – ein Auftrag, der sich aus dem Grundgesetz ableitet. Privaten Sendern kann man solche Vorgaben gesetzlich nicht machen. Allerdings gibt es auch dabei immer wieder Debatten, ob die Anstalten diesem Auftrag auch gerecht werden.

Marlene Polywka Techbook
Redakteurin

Rational nachvollziehbar, emotional nicht

„Ob die ARD am Ende Werbung in ihrer Mediathek zeigt oder nicht, ist wahrscheinlich den allermeisten egal, mich eingeschlossen. Auf den meisten Websites blende ich die Werbebanner ohnehin einfach komplett aus und ich glaube nicht, dass sie in der Mediathek groß ins Gewicht fallen würden. Und ja, ich bin eine der Personen, die das Angebot des ÖRR noch sehr regelmäßig nutzt, sowohl digital als auch im linearen TV.

Auf einer rein logischen Ebene kann ich die Argumente der Forderung auch nachvollziehen. Weniger Leute schauen Fernsehen, ergo sinken die Werbeeinnahmen. Warum sollte man dem gesellschaftlichen Wandel hin zu digitalen Angeboten also nicht auch im Rundfunkauftrag Rechnung tragen? Sorry, aber dass das bisher nicht passiert ist, ist für mich auch irgendwie symptomatisch, wie rückwärtsgewandt man in Deutschland teilweise mit Medien umgeht.

Auf der anderen Seite gibt es seit Jahren immer wieder Kritik am Rundfunkbeitrag. Besonders geht es dabei um den Umgang mit dem eingenommenen Geld. Und das ist etwas, was der ÖRR einfach ernst nehmen muss. Bevor man also nach neuen Einnahmequellen sucht, die am Ende in irgendeiner Form wieder die Verbraucher finanzieren, würden es sicher viele begrüßen, wenn zuvor an anderer Stelle gespart werden würde.“

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