
26. Februar 2024, 16:48 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Einige Nutzerinnen und Nutzer von Amazons Fire TV dürften in den letzten Tagen im wahrsten Sinne des Wortes in die Röhre geschaut haben. Ein einziges Update machte eine ganze Reihe praktischer Apps mit einem Schlag unbrauchbar. Und was sagt Amazon dazu?
Erst verschlechtert Amazon sein Prime-Video-Angebot deutlich, nun bringt ein Sicherheitsupdate für Fire-TV-Modelle unschöne Einschränkungen mit sich. Was vielen dabei sauer aufstößt, ist die fehlende Kommunikation des Unternehmens. Im Fall des Fire-TV-Updates gab es nämlich keine Vorwarnung. Doch was steckt hinter Amazons Bestreben, einigen Apps scheinbar den Garaus machen zu wollen?
Übersicht
Fire-TV-Update 7.6.6.9 zerschießt ADB-Anwendungen
Seit einigen Tagen installiert sich das Update 7.6.6.9 automatisch auf Fire-TV-Geräten und verwehrt seitdem Apps den Zugriff auf ADB-Funktionen. Das Update steht für die Betriebssysteme Fire OS 6, Fire OS 7 und Fire OS 8 zur Verfügung bzw. ist bereits installiert. Das betrifft den Fire TV Stick, Fire TV Stick 4K, Fire TV Stick 4K Max und den Fire TV Cube. Nach den Informationen, die TECHBOOK vorliegen, soll das Update nicht Fire OS 5 betreffen. Wenn ja, dürfte das auch bei ihnen das faktische Ende von jenen Apps sein, die auf ADB-Funktionen angewiesen sind.
ADB steht für Android Debug Bridge und hilft – wie der Name schon sagt – beim Debugging und anderen erweiterten Funktionen. Beispielsweise ermöglicht ADB Apps, Shortcuts einzurichten, die sonst nicht zur Verfügung stünden. Dazu gehören beispielsweise die Apps Remote ADB Shell, TDUK APP Killer und TDUK App Cache Cleaner (letztere beide von TechDoctorUK), die nach dem Update nun faktisch unbrauchbar sind.
Praktische Helfer-Apps nun unbrauchbar
Bei Remote ADB Shell handelt es sich um eine Terminal-App, mit der man ein Android-Gerät aus der Ferne debuggen kann. Mit TDUK APP Killer kann man dagegen Hintergrund-Apps mit einem Tastendruck schließen, um den Speicher zu entlasten und die Geschwindigkeit des Geräts zu erhöhen. Der TDUK App Cache Cleaner löscht – wenig überraschend – den Cache aller Apps.
Alle drei Apps benötigen dafür lokale ADB-Verbindungen, die das neue Systemupdate nun aber blockiert. Blickt man auf die Download-Zahlen dieser Apps, die sich zwischen 1000 und einer halben Million bewegen, dürfte sich die Menge an betroffenen Nutzerinnen und Nutzern allerdings in Grenzen halten. Zum Vergleich: 2020 nutzten monatlich 50 Millionen Menschen Amazon Fire TV.
Das hat nicht nur damit zu tun, dass diese Apps ein gewisses technisches Know-how und Liebe zur Optimierung voraussetzen. Die Fire-TV-Geräte stellen den Zugang zu Amazons Prime Video vor allem auf jenen Fernsehern her, die noch nicht von ihrem Hersteller mit Prime Video ausgestattet wurden. Das betrifft heutzutage vor allem ältere Geräte. Die Schnittmenge von Betroffenen dürfte daher nicht allzu groß ausfallen. Und immerhin bleibt ein Schlupfloch: Auch nach dem Update kann man eine ADB-Verbindung von einem Endgerät wie einem Smartphone oder Laptop zu einem Fire-TV-Gerät herstellen.

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Dennoch ruft Amazons Vorgehen viel Frust hervor. Laut einem Bericht des Blogs AFTVnews wurden weder die Kundinnen und Kunden noch die Entwicklerinnen und Entwickler der betroffenen Apps informiert. Das führte etwa zu der skurrilen Situation, dass der App-Entwickler TechDoctorUK nach dem Update eine Woche lang ratlos nach einer Erklärung suchte, weshalb seine Apps plötzlich mit vielen Fire-TV-Geräten nicht mehr kompatibel waren. Betroffene Kundinnen und Kunden dürften sich dagegen unangenehm an die schlecht kommunizierte Änderungen ihres Prime-Video-Abos erinnert fühlen. Erst auf Nachfrage von AFTVnews bezog Amazon dazu Stellung.
Offenbar solle die Einschränkung der ADB-Funktionen mögliche Sicherheitslücken schließen. Gegenüber TECHBOOK sagte Amazon: „Wir haben ein Software-Update implementiert, um die Sicherheit unserer Kund:innen zu schützen. Uns sind Berichte bekannt, dass einige Apps von einem kürzlich durchgeführten Sicherheitsupdate betroffen sind.“ Das Sicherheitsargument erscheint allerdings etwas fadenscheinig, da es durchaus mehrere Schutzmaßnahmen gib, um fremdgesteuerte ADB-Befehle abzuwehren. Gleichzeitig nutzen viele Android-User ADB auf ihrem Smartphone – etwa um vorinstallierte Apps zu löschen, die man sonst nicht so einfach loswird. AFTVnews argumentiert daher sinngemäß: Wenn ADB auf einem Smartphone, das viele sensible Daten enthält, kein großer Risikofaktor ist, warum dann bei einem TV-Gerät?
Man könnte wohl spekulieren, dass Amazon unter anderem Apps aus dem Ring kegeln möchte, die einen alternativen Startbildschirm anbieten. Schließlich können diese Launcher automatisch abgespielte Werbung verhindern, mit der Amazon eigentlich Geld verdienen würde. Den reinen Fakt, dass Amazon sein Geschäftsmodell verteidigen möchte, muss man auch nicht automatisch negativ bewerten. Es wäre allerdings im Sinne aller, wenn Amazon derart schwerwiegende Änderungen deutlich kommunizieren würde.