11. April 2023, 12:40 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Viele kennen ihn, aber wer nutzt den Teletext beziehungsweise Videotext eigentlich noch aktiv? Eine kleine Geschichtsstunde.
Britische Fernsehtechniker entdeckten Mitte der 1970er-Jahre ein Leben in der sogenannten „Austastlücke“ des Sendesignals. Damals gab es nur analoge Bildübertragung. In Europa galt das sogenannte PAL-System als Norm, dessen Bild aus 625 Bildzeilen besteht. Die Briten fanden jedoch heraus, dass für die Übertragung des Bildinhalts bereits 576 Zeilen ausreichen. Die daraus resultierende Differenz bezeichnen die Fernsehtechniker als Austastlücke. Und diese Lücke lässt sich befüllen, beispielsweise mit Textinformationen. Daraus entwickelte sich schließlich der Teletext, eine Art Twitter für die Generation Flimmerkiste.
Übersicht
Großbritannien als Pioneer
Die Entdeckung der Austastlücke und die damit verbundenen Möglichkeiten fanden rasch großen Anklang in anderen europäischen Ländern. Im Pionierland Großbritannien startete der Teletext bereits im Jahr 1974, zunächst noch in schwarz-weiß. Bunt wird es erst später, wobei bunt bei maximal sechs darstellbaren Farben das Format wohl nicht richtig beschreibt.
In Deutschland testete zunächst der Bayerische Rundfunk, was in der Austastlücke alles möglich ist. Im Jahr 1977 präsentierten dann ARD und ZDF auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin der breiten Öffentlichkeit das erste gemeinsame Teletext-Angebot. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt schon Diskussionen um den Namen.
Denn zeitgleich bastelte die Deutsche Bundespost an ihrem Bildschirmtext-Angebot – kurz: BTX. Mit BTX startete in den 1980er-Jahren eine Art deutscher Vorläufer des Internets. Als das Internet dann tatsächlich Realität wurde, verschwand BTX allerdings rasch wieder von der Bildfläche.
Teletext startet in Deutschland als Videotext
Jedenfalls diskutierten die Verantwortlichen bei ARD und ZDF bis Anfang der 1980er-Jahre über den Namen des neuen Fernseh-Infokanals. Der deutsche Kompromiss für das Teletext-Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender lautete dann: Videotext. Darunter kennen die meisten Menschen den Service in Deutschland bis heute.
Im Jahr 1980 startete dann der sogenannte Videotext-Regelbetrieb von ARD und ZDF. Tatsächlich betreiben beide Sender den Service zwei Jahrzehnte lang gemeinschaftlich. Die federführende Redaktion oblag damals dem Sender „Freies Berlin“ (kurz SFB). Der SFB kümmerte sich bis zum Jahr 2000 gemeinschaftlich um die Inhalte der Videotext-Seiten.
Die Fernsehzuschauer lieben den Videotext von Anfang an. Zwar gab es zum Start gerade einmal etwa 70.000 TV-Geräte, die den Service auf dem Bildschirm überhaupt anzeigen konnten. Die Zahl der videotextfähigen Fernseher stieg jedoch aufgrund der großen Nachfrage rasant an.
Schon bald hatten sich die Seiten und die Rubriken bei den Zuschauern eingeprägt. Technisch übertragbar waren nur knapp 800 Seiten, streng sortiert von Startseite 100 bis 899; der letzten Seite. Jede Seite kann nicht mehr als 25 Zeilen mit maximal 40 Zeichen anzeigen. Für die Videotext-Redaktion eine echte Herausforderung, sämtliche Nachrichten und Informationen innerhalb kürzester Zeit in dieses enge Korsett zu pressen. Schließlich hat Videotext den Anspruch, die Zuschauer möglichst aktuell zu informieren.
Wird das Internet zum Endgegner für den Teletext?
Allerdings bekam der Videotext ab den 1990er-Jahren mächtige Konkurrenz. Denn das aufstrebende Internet braucht keine Austastlücke. Dort landen die Webseiten über das World Wide Web auf dem heimischen PC. Außerdem lassen sich darüber viel mehr Inhalte und vor allem bunte und bewegte Bilder verteilen, während der Videotext immer noch Klötzchen-Grafiken verbreitet, wie aus der guten alten Heimcomputer-Zeit.
Besuchten in den Spitzenzeiten über 10 Millionen Deutsche täglich den Videotext von ARD und ZDF, um sich über Nachrichten aus aller Welt, Börsennews oder Sportereignisse zu informieren, so sind es heute immerhin noch etwas mehr als 7 Millionen Nutzer. Klingt nach wie vor beachtlich, allerdings bezieht sich die Zahl nun auf alle TV-Sender, auch die privaten Anbieter. Denn inzwischen betreibt fast jeder Fernsehsender auch einen Videotext oder Teletext, wie der Service inzwischen auch in Deutschland heißt.
Das Teletext-Signal kommt schon lange nicht mehr über die Austastlücke, sondern wird zusammen mit anderen digitalen Datenströmen auf dem Bildschirm angezeigt. Das analoge Fernsehen ist inzwischen Geschichte. Die Digitalisierung sorgt auch auf dem Fernsehmarkt für ganz neue Empfangserlebnisse.
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Der Teletext als Konstante
Nur der Teletext hat sein Format kaum geändert. Dabei gibt es seit dem Jahr 2010 eine neue Übertragungsform namens HbbTV. Dieses lässt sich inzwischen auch mit Inhalten aus dem Internet kombinieren. Die Teletext-Macher lässt das kalt. Am Grundschema hat sich nichts geändert. Auch im neuen Format dominiert immer noch die reine Informationsübermittlung per Text.
Im Teletext-Mutterland, in Großbritannien, ist der textbasierte Infoservice übrigens schon längst abgeschaltet. Mit der Digitalisierung auf dem Fernsehmarkt haben die Briten den Teletext in die Mottenkiste verbannt.
In Deutschland ist der Teletext hingegen nach wie vor präsent. Ein Ende ist auch nach inzwischen über 40 Jahren nicht absehbar. Im Gegenteil: Teletext-Seiten lassen sich inzwischen auch im Internet aufrufen – selbstverständlich wie anno dazumal, ohne viel Schnickschnack. Die Zeitreise in die Fernsehwelt der 1980er-Jahre ist nur einen Knopfdruck, Entschuldigung, Klick entfernt.