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Geschichte des TV-Receivers

Set-Top-Box – vom Liebling der Hacker zum Wegwerfprodukt

Set-Top-Box vor altem Röhrenfernseher
Set-Top-Boxen – früher oft benutzt, heute nur noch selten zu finden Foto: Getty Images
Marc Hankmann
Freier Redakteur

14. Juli 2021, 13:38 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Mit dem digitalen Fernsehen hielt die Set-Top-Box auch in Haushalte Einzug, die ihr TV-Programm über Antenne (DVB-T bzw. DVB-T2) und Kabel empfangen. Wer eine Sat-Schüssel auf seinem Dach hat, ist an den kleinen Kasten neben dem TV-Gerät ohnehin gewöhnt. Aber heute spielt der TV-Receiver kaum noch eine Rolle. Was ist passiert?

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Grundsätzlich dient die Set-Top-Box dazu, die empfangenen Signale in ein TV-Bild und in Töne umzuwandeln. Mit dem digitalen Fernsehen ergaben sich aber weitere Nutzungsmöglichkeiten für den TV-Empfänger. Ausgestattet mit einer Festplatte sorgte er neben der DVD für das Ende des Videorekorders. Außerdem kann man das laufende Programm anhalten und zu einem späteren Zeitpunkt weiterlaufen lassen (Timeshift). Die TV-Sender übertragen zudem Informationen zu ihren Sendungen, die der sogenannte Electronic Programme Guide (EPG) darstellt. Der Programmführer auf dem Fernsehgerät ist den TV-Zeitschriften seit jeher ein Dorn im Auge.

Insgesamt wurde der Fernsehabend durch die Set-Top-Box also komfortabler – bis zu einem gewissen Grad. Denn sobald Nutzer auch Pay-TV sehen wollten, wurde es kompliziert. Bezahlfernsehen ist verschlüsselt, wohingegen zum Beispiel ARD und ZDF ihre Programme frei empfangbar übertragen. Für die Verschlüsselung brauchte es eine eigene Set-Top-Box.

Große Nachfrage nach Hacker-Boxen und geknackten Smartcards

So konnte man die Vorläufer des Pay-TV-Anbieters Sky in den Anfangsjahren nur über die d-box empfangen. Später wurden auch weitere Geräte für den Pay-TV-Empfang lizenziert, aber wer zum Beispiel zwei oder drei Pay-Angebote nutzen wollte, musste sich für jedes eine Set-Top-Box zulegen. Der unansehnliche Boxenturm neben dem Fernseher wuchs.

Eine wahre Blütezeit erlebte die Set-Top-Box in Deutschland, als das Verschlüsselungssystem der Sky-Vorgänger geknackt war. Irgendwie kannte jeder irgendjemanden, der jemanden kannte, der entweder die d-box manipulieren konnte oder an eine gehackte Smartcard herankam. Die konnte man sogar in günstigen Receivern aus Fernost benutzen. Berüchtigt waren damals die samstäglichen Code-Wechsel in der Halbzeit der Fußball-Bundesliga. Dann musste man sich im Internet auf die Suche nach den neuen Codes machen und diese auf die Box oder Smartcard spielen.

Lesen Sie auch: DVB-T2, Satellit, Kabel, Internet – wie Sie am günstigsten fernsehen

Integration ins TV-Gerät führt zu Markteinbruch

Diese Zeiten sind allerdings lange vorbei und allem Anschein nach auch die der Set-Top-Box. Die TV-Gerätehersteller integrierten sie mitsamt ihren Funktionen mittlerweile in die Fernseher. Das Argument der Boxenhersteller, defekte Teile in einem Receiver leichter als im Fernseher ersetzen zu können, interessierte kaum. Und selbst wenn einige Receiver einen höheren Bedienkomfort und schnellere Umschaltzeiten als so mancher Fernseher boten, siegte doch die Bequemlichkeit des Zuschauers, der lieber alles über eine Fernbedienung steuert.

Mit der Abschaltung des analogen Satellitenempfangs im Jahr 2012 und der Umstellung von DVB-T auf DVB-T2 in 2017 erlebten die Receiver-Hersteller noch einmal einen Boom. Aber der Markt schrumpft. Nach Angaben von Statista wurden 2020 in Deutschland nur noch etwa 1,8 Millionen Set-Top-Boxen verkauft – so wenige wie in den vorangegangenen 15 Jahren nicht.

Anbieter verzichten auf Kaufboxen

Heutige Set-Top-Boxen sind entweder im Niedrigpreissegment angesiedelt oder werden als Highend-Empfänger angeboten, die sich in Richtung Multimedia-Zentrale für den Haushalt entwickeln. Hier erfreuen sich solche Boxen, die als Betriebssystem Linux verwenden, einer vitalen Fangemeinde. Aufgrund des offenen Betriebssystems waren sie auch in den Zeiten gefragt, in denen die Verschlüsselungscodes von Pay-TV-Anbietern im Internet kursierten. Aber auch sonst muss man ein wenig Freude am Tüfteln mitbringen, wenn man einen Linux-Receiver besitzt.

Der Markteinbruch hängt auch damit zusammen, dass es für Pay-TV-Anbieter wie Sky oder Kabelnetzbetreiber wie Vodafone keine Kaufboxen mehr gibt und sie stattdessen ihre eigenen Receiver vermarkten. Mussten die Sky-Vorgänger auf Druck der Industrie noch mehrere Boxenhersteller lizenzieren, regt es heute keinen mehr auf, dass es mit Sky Q nur noch einen einzigen TV-Empfänger für den Pay-TV-Anbieter gibt, der in Sachen Bedienfreundlichkeit auch noch hinter anderen Geräten zurückbleibt.

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Erfolglose Kombinationen für TV und Internet

Selbst beim Streaming wurde zu Beginn noch auf Empfangsboxen gesetzt. Für den Filmabrufdienst Maxdome, der heute zur Online-TV-Plattform Joyn der ProSiebenSat.1 Media SE gehört, benötigte man anfangs eine separate Set-Top-Box. Die war jedoch ebenso wenig erfolgreich wie alle anderen Versuche, Fernsehen und Internet in einem Gerät zu vereinen, das man sich neben den Fernseher stellt. Der Durchbruch gelang einmal mehr den TV-Geräteherstellern, sodass Nutzer heute nur noch eine Fernbedienung für TV und Streaming benötigen. Letzten Endes siegt halt doch die Bequemlichkeit.

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