12. Januar 2018, 11:41 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der YouTuber ChrisMD investierte 5000 Pfund in Lootboxen bei „FIFA 18“ und machte 4000 Pfund Verlust. Erneut kocht die große Diskussion über EAs fragwürdigen Pay-to-Win-Ansatz hoch.
Zurzeit gehören Lootboxen zu den unbeliebtesten und meistkritisierten Elementen in Videospielen. Gemeint ist, sich für echtes Geld Vorteile oder besondere Extras im Spiel zu kaufen. Während bestimmte Spiele wie „Overwatch“ und „Destiny 2“ vorwiegend kosmetische Gegenstände anbieten, mit denen Spieler etwa ihre Figuren besonders stylisch kleiden können, setzen andere Spiele wie EAs „Star Wars Battlefront 2“ auf ein sogenanntes Pay-to-Win-System.
Dabei hat der Spieler die größte Erfolgsgarantie, der am meisten Geld in Mikrotransaktionen investiert, während Nicht-Käufer deutlich benachteiligt werden. Mittlerweile ist das Lootbox-System mancher Spiele derart willkürlich, dass selbst schon die „Schummler“ beschummelt werden.
Die Fußball-Lotterie
Der britische YouTuber ChrisMD investierte für ein teures Experiment 5000 Pfund (5.674 Euro) in das Fußballspiel „FIFA 18“, um zu sehen, wie viele internationale Topspieler er dafür im „Ultimate Team Modus“ bekommt – ein Modus, in dem es darum geht, sein eigenes Traumteam durch geschickte Transfers zusammenzustellen. Der YouTuber erhielt für sein Geld einen satten Betrag von 50 Millionen FUT-Coins, die Spiele-Währung, die zum Kaufen benötigt wird und ansonsten nur mit Spielen verdient werden kann.
Als er die virtuellen Münzen für zufällige Kartensets (Packs) mit Spielern ausgab und anschließend alle erhaltenen wieder verkaufte, bekam er nur 10 Millionen FUT-Coins zurück. Das Fazit: Umgerechnet machte er also mit seinem Kauf einen Verlust von etwa 4000 Pfund.
Auch wenn sich in der Ausbeute Talente wie Rio Ferdinand, Toni Kroos und Gareth Bale befanden, kam kein einziges Mal der begehrte Cristiano Ronaldo. Anhand des großen Betrags kann man sich ausrechnen, wie gering die Wahrscheinlichkeit bleibt, eines seiner Idole zu bekommen.
„Don’t do packs, kids“, warnt er seine Zuschauer am Ende seines Videos – „kauft euch keine Packs, Leute“. Mit seinen 3,7 Millionen Abonnenten stellt das verlorene Geld für den YouTuber vermutlich keinen großen Verlust dar, ärgerlich ist es natürlich trotzdem. Vielleicht rettet er aber mit der Aktion die Brieftaschen seiner Zuschauer.
Auch interessant: Das sind die einfachsten Platin-Trophäen für die PS4
In Videospielen Neues Tool soll Gamer vor versteckten Kosten bewahren
Die Macht im Ungleichgewicht So schlägt sich „Star Wars Battlefront 2“ im Test
TECHBOOK deckt auf Wie FIFA-19-Spieler mit einer fiesen Abo-Falle abgezockt werden
Große Kritik an Lootboxen
Schon letztes Jahr wurde die Lootbox in der Öffentlichkeit scharf diskutiert. In verschiedenen Ländern wie Neuseeland und Belgien versuchten Behörden sogar, die Mechanik wegen eines versteckten Glücksspielcharakters anzuklagen. Anwälte und Experten argumentieren, dass es kein Glücksspiel ist, weil die gewonnenen Inhalte nicht in Echtgeld zurück umgewandelt werden können. Ein simpler, aber entscheidender Unterschied, auch wenn Lootboxen ähnlich süchtig machen können.
Tatsächlich zeigte der Quartalsbericht des Entwicklers Ubisoft im November 2017, dass das Unternehmen mit allen Zusatz-Inhalten mehr Geld als mit dem eigentlichen Spiel „Assassin’s Creed“ machte. Dazu zählten neben den zusätzlich herunterladbaren Spielinhalten vor allem die Lootboxen.
Das Übermaß führt derzeit zu ersten gravierenden Konsequenzen, zumindest was den Ruf der Entwickler angeht. Die Spiele mit Pay-to-Win-Mechanik schneiden deutlicher schlechter bei den Fans und Spielern ab, wie der Fall „Star Wars Battlefront 2“ zeigt, das wie „FIFA“ von EA entwickelt wird. Die Spiele-Industrie beginnt gegenzusteuern. So sagte der bekannte Wedbush-Security-Analyst Michael Pachter voraus, dass der in Ungnade gefallene Entwickler in seinem nächsten Spiel ausschließlich auf kosmetische Lootboxen setzen wird. Er müsse sich die Gunst seiner Fans zurückgewinnen.
Aber sind Lootboxen prinzipiell schlecht? Ein gutes Beispiel wäre „League of Legends“: Das Arena-Spiel finanziert sich seit seinem Release im Jahr 2009 durch Mikrotransaktionen und niemand beschwert sich. Das liegt daran, dass das eigentliche Spiel im Gegensatz zu „FIFA“ vollkommen kostenlos ist und die Ingame-Käufe keinen Einfluss auf das Spiel haben. Höchstens erweckt das spezielle Outfit einer Spielfigur Neid, aber mehr auch nicht.
Wir meinen: Solange nur jeder Lootboxen kauft, der in sie investieren will und nicht zwangsläufig muss, ist nichts gegen das Spielelement einzuwenden. Es sollte nur deutlich auf den Unterschied hingewiesen und vor dem geringen Vorteil und Suchtpotential gewarnt werden.