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Pilotprojekt an Berliner Schulen

Wie Minecraft oder Super Mario das Lernen erleichtern sollen

Videospiel lernen: Schulunterricht mit Monitoren
Lernen und Videospielen – verträgt sich das? Foto: Getty Images
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

20. Oktober 2023, 17:49 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Die digitalen Neuerungen stellen auch Eltern vor Herausforderungen. Kinder hängen lieber am Handy oder am PC als zu lernen. Aber was, wenn man diese Elemente verbinden könnte?

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Eltern bekommen regelmäßig die Krise. Ihrer Ansicht nach hängen die Kinder ständig am Smartphone herum. Anstatt stundenlang lustige Videos zu schauen oder den ganzen Tag zu zocken, wünschen sich die Erwachsenen mehr Lernzeit und Engagement für die Schule. Ein Modellprojekt in Nordrhein-Westfalen und Berlin hat nun aber gezeigt, dass Computerspiele Kinder anregen, fächerübergreifend zu lernen. Initiator von „Games machen Schule“ ist die Berliner Stiftung Digitale Spielekultur.

In Berlin haben sich zehn Schulen mit 16 Klassen der Jahrgangsstufe 8 beteiligt. Insgesamt durften 400 Schülerinnen und Schüler für die Wissenschaft zocken. Der Fokus hat dabei auf den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik und Geschichte gelegen.

Spielerisch mit Videospielen lernen

Hierfür hat die Stiftung Digitale Spielekultur spezielle Lehrpläne entwickelt. Die Unterrichtsmaterialien haben Experten von der Pädagogischen Hochschule Freiburg erarbeitet. Das dortige Zentrum für didaktische Computerspielforschung führt seit einiger Zeit eine Datenbank mit Games, die sich besonders gut für den Einsatz im Unterricht eignen.

Für das Projekt haben die Fachleute folgende Computerspiele herausgesucht:

  • Deutsch: A Normal Lost Phone
  • Englisch: Gone Home
  • Mathematik: Mario Kart Tour
  • Geschichte: Brass

Die für jedes Fach und Spiel erarbeiteten Lehrpläne sind mit verschiedenen Zielen verbunden gewesen. Einfach nur zocken wäre ungefähr so sinnvoll gewesen, wie den ganzen Tag unkommentiert TV zu schauen und das dann als Medienpädagogik zu verkaufen.

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Lehrkräfte loben das Projekt

Das erstaunliche Ergebnis: 71 Prozent der Lehrkräfte berichten der Stiftung Digitale Spielekultur von einer hohen Motivation unter der gesamten Schülerschaft. Das Ergebnis mag auf den ersten Blick nicht sonderlich verwundern.

Die am Projekt beteiligten Lehrerinnen und Lehrern schildern allerdings nahezu einstimmig, die Jugendlichen hätten durch die Videospiele einen leichteren Zugang zu bestimmten Unterrichtsthemen und dem Lernen dafür gefunden. Besonders auffällig sei das bei Schülerinnen und Schülern gewesen, die vorher eher schüchtern und zurückhaltend dem Unterricht gefolgt seien.

Den Nutzen der vier für das Projekt ausgewählten Spiele bewerten die Lehrkräfte hingegen unterschiedlich. Die Fachleute von der Pädagogischen Hochschule in Freiburg haben bewusst Spiele ausgewählt, die eher der Unterhaltung dienen.

Lob und Tadel für die Game-Auswahl

Beispielsweise bezweifeln einige Geschichtslehrer, ob ihre Klasse beim Spiel „Brass“ tatsächlich etwas über die Industrialisierung und die geschichtlichen Auswirkungen gelernt habe, so die Stiftung Digitale Spielekultur. Dennoch seien dafür andere Talente geschult worden, die wiederum für andere Fächer hilfreich seien. In dem Spiel auftauchende Probleme oder Aufgaben haben die Schülerinnen gemeinsam gelöst, heißt es im Projektbericht. Diese Fähigkeit helfe später in jedem Schulfach.

Ausgerechnet das ausgewiesene Unterhaltungsspiel „Mario Kart Tour“ haben alle Lehrerinnen und Lehrer als besonders positiv bewertet. Der Mathe-Aspekt bei diesem Game hat darin bestanden, die Kenntnisse in den Bereichen Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung zu schulen. Allein die beiden Begriffe würden im normalen Unterricht bei den meisten Schülerinnen und Schülern zu spontanen Schlafattacken führen. Im Zusammenhang mit Super Mario hingegen kennt die Begeisterung für diese Themen keine Grenzen.

Vermutlich ist es meisten Gamern noch nie aufgefallen: Bei „Mario Kart Tour“ begegnen den Wettstreitenden bestimmte Dinge wie Schildkrötenpanzer, Turbopilze oder Bananenschalen. Die Sachen erscheinen nicht zufällig, sondern nach einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. Vor allem fällt auf: die führenden Racer bekommen viel häufiger „schlechte“ Gegenstände. Die teilnehmenden Klassen von „Games machen Schule“ können dazu nun die passende Berechnung im Schlaf herunterbeten. Gleichzeitig hat es allen Beteiligten eine Menge Spaß gemacht, die Formel neben der Zockerei selbst entwickelt zu haben.

IT-Realität an Schulen ist unterdurchschnittlich

Aufgrund der positiven Erfahrungen wünschen sich die am Projekt beteiligten Lehrkräfte auch eine stärkere Einbindung von Computerspielen in die pädagogische Ausbildung. 85 Prozent haben sich dafür ausgesprochen, berichtet die Stiftung Digitale Spielekultur.

Derzeit scheitern solche Pläne allerdings an der IT-Realität an den meisten Schulen. In vielen Fällen fehlt es an geeigneten Pädagogen. Allerdings hat sich während des Projekts gezeigt, auch die technischen Voraussetzungen an vielen Schulen liegen im Bereich mangelhaft bis ungenügend.

Teilweise haben die Lehrer private Rechner nutzen müssen. Auf den von der Schule zur Verfügung gestellten Geräten dürfen solche Spiele nicht installiert werden. Außerdem hat es vielfach an einer geeigneten Netzverbindung gefehlt. Auch hier haben die Lehrkräfte mit privaten Routern aushelfen müssen.

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So können Videospiele beim Lernen helfen

Die Spieleindustrie hat schon seit Längerem den Blick auf die schulische Ausbildung gerichtet. Das beliebte Baukasten-Spiel „Minecraft“ verfügt seit einiger Zeit über eine Schulplattform mit speziellen Welten für den Einsatz im Unterricht. Das Action-Adventure-Serie „Assassin’s Creed“ bietet sogenannte Discovery Touren an. Dabei können bestimmte geschichtliche Epochen gespielt und erlebt werden. Neben der Spielerei gibt es für die Schülerinnen und Schüler noch ein wenig Wissen-to-Go. Für Aufmerksamkeit sorgt seit Kurzem das Strategiespiel „Through the darkest of Times“. Dabei schlüpft der Gamer in die Rolle eines Anführers einer Widerstandsgruppe während der Nazi-Zeit.

Das Spiel hat aufgrund seines Realismus für positive Resonanz gesorgt. Sehr oft kommen die Spieler in Situationen, in denen es keine „richtige“ oder „beste“ Lösung gibt. Auch wenn der Schrecken der Nazi-Diktatur in diesem Fall nur virtuell erlebbar bleibt. Ein Tipp für Lehrkräfte: Tobias Hübner arbeitet als Lehrer für Deutsch und Religion. Über seinen Blog „Medienistik“ informiert er regelmäßig über kostenlose Arbeitsmaterialien und Anleitungen, um Computer und Computerspiele sinnvoll im Unterricht einzusetzen.

Themen Videospiele
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