4. März 2017, 12:59 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Keine Holzhammer-Tipps, keine langen Erklärungen, kaum Struktur: Das neueste Spiel der «Zelda»-Reihe bricht mit alten Traditionen und lässt Spielern alle Freiheiten. Das Ergebnis ist ein ungeheuer spannendes Abenteuer – und vielleicht ein moderner Klassiker.
Ein Held mit Schwert und Schild, eine Prinzessin und ein Königreich voller Monster: „The Legend of Zelda“, 1986 für den Konsolenklassiker NES erschienen, ist so etwas wie der Urahn aller Spiele mit offener Welt.
Die besten Episoden der Serie, „Ocarina of Time“ von 1998 zum Beispiel, dienen Videospielen bis heute als Blaupause. Zuletzt schien der Reihe jedoch etwas die Luft auszugehen, die jüngsten Episoden der Serie folgten eher dem Prinzip Dienst nach Vorschrift. Bis jetzt. Denn „Breath of the Wild“ schmeißt fast alle Konventionen der Serie über Bord – und schafft gerade so einen würdigen Nachfolger für das erste „Zelda“.
Dass diesmal alles ganz anders ist, zeigt sich gleich am Anfang: Statt den Spieler mit langen Tutorials zu nerven, wie zuletzt „Skyward Sword“ oder „Twilight Princess“, schmeißt das neue „Zelda“ Spieler ins kalte Wasser. Wohin Serienheld Link zuerst geht und was er dort macht, ist völlig dem Spieler überlassen.
Kaum Grenzen gesetzt
Natürlich gibt es im neuen „Zelda“ trotzdem eine Story und natürlich gibt es Aufgaben zu erledigen. Aber „Breath of the Wild“ stößt Spieler nie mit der Nase darauf. Stattdessen lässt es alle Freiheiten, mit kleinen Schubsern werden wichtige Spielmechanismen beigebracht. Und zu lernen gibt es einiges. Oberflächlich ist „Breath of the Wild“ zwar ein relativ simples Action- und Abenteuerspiel: Link kämpft gegen böse Monster, geht auf Schatzsuche und löst Rätsel. Doch das ist erst der Anfang – denn Link kann auch Obst sammeln, auf die Jagd gehen und aus der Beute Essen kochen. Er kann an Felswänden emporklettern und Wildpferde zähmen. Und relativ schnell lernt er ein paar Zaubertricks, mit denen er Bomben herbeihext oder die Zeit anhält.
Den Möglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt – den Fähigkeiten des Spielers aber schon. Denn „Breath of the Wild“ ist überraschend schwer, gerade im Vergleich zu den jüngeren „Zelda“-Episoden. Wer sich vor dem Kampf gegen eine Bande Goblins keinen ordentlichen Plan zurechtlegt, beißt schnell ins Gras. Denn selbst schwache Gegner können Link mit ein oder zwei Hieben ausschalten.
Das könnte frustrierend sein, ist es aber nicht. Erstens, weil „Breath of the Wild“ den Spielertod kaum bestraft: Mehr als etwas Zeit verliert man dabei nie. Zweitens, weil es für fast jedes Szenario so viele Lösungsmöglichkeiten gibt, dass auch beim vierten oder fünften Versuch keine Langeweile aufkommt. Und drittens, weil die Spielwelt so gigantisch groß ist, dass sich zu schwere Rätsel oder zu gefährliche Monster einfach umgehen lassen.
Wunderschöne Bilder
Und obwohl die Spielwelt so riesig ist, mangelt es ihr nicht an schönen Details: Wenn es regnet, kann Link beim Klettern von nassen Felswänden rutschen. Wenn es Nacht wird, sind andere Kreaturen unterwegs als am Tag – hübsche Glühwürmchen, aber auch gefährliche Skelette. Und wer mit Link in die schneebedeckten Berge aufbricht, sollte dicke Kleidung einpacken oder vorher ein paar scharf gewürzte Gerichte zum Aufwärmen kochen.
Technisch kann das Spiel für Wii U und Nintendos neue Konsole Switch zwar nicht mit der aktuellen Konkurrenz für Playstation 4, Xbox One oder PC mithalten. In Sachen Stil und Kreativität braucht sich „Breath of the Wild“ aber nicht zu verstecken: Der simple, aber sehr effektive Zeichentrick-Look zaubert immer wieder wunderschöne Bilder. Wenn sich ein Lagerfeuer in weiter Ferne im Fluss spiegelt oder dichte Nebelschwaden durch Sümpfe und Wälder ziehen, kommt allerbeste Abenteuerstimmung auf.
Die wenigen Schwächen
Ganz frei von Schwächen ist das neue „Zelda“ aber nicht: Dass Waffen und Schilde nach ein paar Kämpfen zerbrechen, ist zwar einerseits eine gute Idee, schließlich zwingt es den Spieler zur Improvisation. Gleichzeitig hat es Nintendo damit aber etwas übertrieben. Oft verbringt man unnötig viel Zeit mit dem Sortieren der Waffensammlung.
Hinzu kommt, dass die Menüs für die Ausrüstung oder auch zum Kochen von Vorräten einen Tick zu unübersichtlich sind. Und dass die allermeisten Dialoge im Spiel nicht vertont sind, war schon in den jüngsten „Zelda“-Spielen unverständlich – 2017 wirkt es in einem so teuer produzierten Titel endgültig wie aus der Zeit gefallen.
Keine Schwäche ist dagegen, dass Nintendo seine offene Spielewelt nicht so mit Aufgaben vollgestopft hat wie andere Entwickler. Es gibt genug zu tun, nie kommt das Gefühl auf, dass Link nur Checklisten abarbeitet – ganz im Gegensatz zu ähnlichen Spielen wie „Far Cry“ oder dem jüngsten „Dragon Age“.
Stattdessen leistet sich „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ etwas, dass es in modernen Spiele-Blockbustern kaum noch gibt: Momente der Stille, in denen Spieler mit Link einfach nur ziellos herumstreifen – und gerade dann oft in die spannendsten Abenteuer stolpern. Wäre schön, wenn das neue „Zelda“ mit solchen Tugenden erneut zur Blaupause für die andere Spiele wird.
„The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ kostet rund 60 Euro, ist ab 12 Jahren freigegeben und steht ab dem 3. März für Nintendos Konsolen Wii U und Switch in den Läden.