6. Mai 2024, 17:30 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Aktuell gibt es ein großes Thema, das die Gemüter der Gaming-Community erhitzt: die zwangsweise Verknüpfung von Steam und PSN. Konkret geht es dabei um den Fall „Helldivers 2“ – die Debatte ist aber eigentlich viel größer. TECHBOOK erklärt alle Details.
Seit 2022 ist es möglich, seinen Steam-Account mit dem PSN (PlayStation Network) zu verknüpfen. Der Schritt war ein wichtiger Baustein in Sonys Strategie, mehr Präsenz im PC-Bereich zu zeigen. Denn mit der PlayStation ist der japanische Konzern eher im Konsolen-Geschäft stark aufgestellt. Anfangs belohnte Sony das schlicht mit einigen Ingame-Belohnungen. Inzwischen will das Unternehmen aber für einige Spiele die Verknüpfung mit dem PSN verpflichtend machen – auch, wenn man die Titel über Steam und somit eine völlig andere Plattform kauft und spielen will. Die Empörung ist aktuell sehr groß, weil Sony diese Änderung für „Helldivers 2“ einführen will. Kommt nun der Rückzieher?
Ärger um „Helldivers 2“ – Steam-Spieler sollen PSN-Konto verknüpfen
Um noch einmal kurz zusammenzufassen, was bisher alles passiert ist: Der MMO-Third-Person-Shooter „Helldivers 2“ wurde Anfang Februar 2024 veröffentlicht. Dahinter steht der Entwickler Arrowhead Game Studios. Das schwedische Indie-Studio ist, außer für die beiden „Helldivers“-Teile, auch für „Gauntlet“ und „Magicka“ (2011) bekannt. Dass kleinere Entwickler wie Arrowhead mit größeren Unternehmen zusammenarbeiten, die dann als Publisher fungieren, ist überhaupt nichts Ungewöhnliches. So arbeitete man für „Gauntlet“ mit WB Games zusammen, den „Helldivers“-Vertrieb übernahm dann allerdings Sony.
Im Rahmen dieser Publisher-Tätigkeit stehen Sony – beziehungsweise konkret Sony Interactive Entertainment – bestimmte Rechte zu. Davon machte das Unternehmen dann offenbar Gebrauch, als am 3. Mai 2024 bekannt gegeben wurde, dass neue „Helldivers 2“-Spieler ab dem 6. Mai ihren Steam-Account verpflichtend mit einem PlayStation-Konto verknüpfen müssen. Für Bestandsspieler gilt die Änderung ab 30. Mai und muss bis spätestens 4. Juni umgesetzt werden. Wer dem nicht nachkommt, wird aktiv vom Spielgeschehen ausgeschlossen.
Nutzer reagieren wütend
In seiner Ankündigungsnachricht dazu verweist Sony darauf, dass eine Verknüpfung immer vorgesehen war. Nur aufgrund technischer Probleme zum Start wurde die Anforderung vorübergehend ausgesetzt. Als Grund für die nötige Verknüpfung führt Sony an: „Die Konto-Verknüpfung spielt eine entscheidende Rolle für den Schutz unserer Spieler und für die Aufrechterhaltung der Sicherheitswerte in den Spielen von PlayStation und PlayStation Studios. Dies ist unser wichtigstes Mittel, um Spieler vor Griefing und Missbrauch zu schützen, da wir damit Spieler, die sich entsprechend verhalten, sperren können.“
Schon auf die Ankündigung reagierten viele Steam-Nutzer empört. Vielen geht es in ihren Kommentaren um das grundsätzliche Prinzip; sie wollen sich nicht zwingen lassen. So schreibt etwa ein Nutzer: „Es geht um das Prinzip, Nutzer, die ihr Spiel bereits gekauft und gespielt haben, nicht zu zwingen, sich auf einer anderen Plattform anzumelden, und zwar buchstäblich ohne Grund.“
Vielen geht es laut dem Diskussionsforum unter der Ankündigung aber auch um ihre Daten. So schreibt jemand: „Nein, ich gebe meine Seele nicht an PlayStation, nur um ein einziges Spiel zu spielen. Es gab keine Probleme damit, dass es optional war, warum sollte man es jetzt zur Pflicht machen?“ Manche Steam-Nutzer, die schon einen Account im PSN haben, berichten davon, dass ihre Daten dort schon einmal gehackt worden seien; tatsächlich kam es mehrfach zu Vorfällen in den vergangenen Jahren.
Zudem ergab sich durch die Umstellung ein weiteres Problem. In mehr als 170 Ländern ist es nicht möglich, einen PSN-Account zu erstellen. Steam-Nutzer in entsprechenden Ländern wurden somit ausgeschlossen.
Macht Sony einen Rückzieher?
Eine sichtbare Reaktion zeigte sich umgehend auch in den Bewertungen des Titels: „Helldivers 2“ hat seit Sonys Ankündigung mit Review Bombing zu kämpfen. In konkreten Zahlen: Laut SteamDB kamen allein am Sonntag, 5. Mai 2024, ganze 154.651 negative Bewertungen dazu. Arrowhead-CEO Johan Pilestedt scheint die Reaktionen der Spieler auch durchaus nachvollziehen zu können. Er räumt zudem ein, dass die Kommunikation diesbezüglich hätte klarer sein müssen.
Und nicht nur die Entwickler scheinen Verständnis zu haben. Nachdem Sony zunächst nicht auf die massive Kritik reagiert hatte, äußerte sich der Konzern nun über die sozialen Netzwerke.
In dem Post heißt es unter anderem: „Das Update vom 6. Mai, das die Verknüpfung von Steam- und PlayStation Network-Konten für neue Spieler und für aktuelle Spieler ab dem 30. Mai erforderlich gemacht hätte, wird nicht durchgeführt.“ Man habe das Feedback der Fans gehört und sei ohnehin immer noch dabei, herauszufinden, was für PC-Spieler am besten sei.
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Sony ist kein Einzelfall
Fairerweise muss man an dieser Stelle sagen, dass Sony mit „Helldivers 2“ kein Einzelfall ist. Steam-Nutzer, die Titel von EA oder Ubisoft spielen wollen, müssen dafür schon lange ein EA-Play- beziehungsweise ein Ubisoft-Connect-Konto haben. Das hat nicht nur zur Folge, dass man sich bei dem jeweiligen Dienst registrieren muss. Es bedeutet auch, dass man nicht nur Steam starten muss, um das entsprechende Spiel zu starten, sondern auch den Launcher des von EA oder Ubisoft. Was für viele nur ein kleines Ärgernis sein mag, kann aber eben auch zu technischen Problemen und/oder Verzögerungen führen.
Einige Nutzer entscheiden sich zudem bewusst gegen einen bestimmten Dienst, weil sie etwa ihre Daten schützen wollen. Zudem fällt so auch ein gewisser Vorteil von Steam weg: dass man Spiele vieler Studios kaufen und spielen kann – unabhängig von diversen anderen Diensten und den eigentlichen Publishern.
Verhärtete Fronten
Dass Sony nun (fürs Erste) zurückgerudert ist, ist ein wichtiges Zeichen an die Community. Mit einem derart großen Aufschrei hatte wohl keiner der Verantwortlichen gerechnet. Der besondere Fall von „Helldivers 2“ beinhaltet eben auch, dass aufgrund technischer Probleme die Verknüpfung von Steam und PSN erst nachträglich erfolgte – das konnten viele nicht nachvollziehen. Der Fall zeigt aber ein generelles Problem beziehungsweise verdeutlicht er die Fronten. Ob nun aus Gründen des Datensammelns oder der Kundenakquise, immer mehr große Player fordern eine Anbindung an ihre eigenen Dienste. Und auch, wenn man Steam in diesem Kontext sicher nicht in Schutz nehmen muss, so haben auf diese von vielen als übergriffig und überflüssig wahrgenommene Praxis doch immer weniger Spielerinnen und Spieler Lust – mich eingeschlossen.