16. November 2024, 16:35 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Am 31. Oktober 2024 ist die neue „Die Sims 4“-Erweiterung „Leben und Tod“ erschienen. TECHBOOK hat analysiert, ob und wie realistisch der Umgang mit Trauer im Spiel dargestellt wird und ob das Spiel dabei helfen kann, sich mit Verlust auseinanderzusetzen.
Der reflektierende Umgang mit Tod und Trauer ist in Videospielen selten – meist steht der „Kill“ im Vordergrund. Doch mit dem am 31. Oktober erschienenen Erweiterungspack „Leben und Tod“ wagt „Die Sims 4“ einen neuen Schritt und integriert Themen, die in Videospielen selten reflektiert werden: Tod und Trauer. Im Vergleich zu bisherigen Sims-Erweiterungen, die sich thematisch zum Beispiel Familie und Freunden widmen, öffnet „Leben und Tod“ die Tür zu tieferen Emotionen und Herausforderungen. TECHBOOK hat die Erweiterung getestet und erklärt, ob und wie realistisch diese Themen im Spiel dargestellt werden und ob „Leben und Tod“ dazu beitragen kann, den Umgang mit Trauer besser zu verstehen.
Übersicht
„Die Sims 4: Leben und Tod“: Neue Features im Überblick
Mit dem Erweiterungspack „Leben und Tod“ erweitert „Die Sims 4“ die Spielmechanik um Inhalte zum Thema Tod und Nachleben. Im Fokus stehen neue Bestattungsarten, das Testament-System, interaktive Trauerveranstaltungen und neue Karrieremöglichkeiten. Eine neue Spielwelt namens Ravenwood bietet dafür auf insgesamt 13 Grundstücken die passende Umgebung.
Bestattungsarten und Friedhof-Slots
Erstmals können Spieler mit dem „Leben und Tod“-Erweiterungspack Friedhöfe in der neuen Welt Ravenwood bauen. Auf diesen Grundstücken lassen sich neben klassischen Grabstätten auch Krypten und Gedenkkapellen errichten, die Raum für Zeremonien bieten. Gestalten lassen sich die Friedhofsgrundstücke mit neuen Baumaterialien und Dekorationsobjekten wie verwitterten Wänden und Spandrillen. Friedhöfe dienen nicht nur als Bestattungsort, sondern auch als Treffpunkt für Trauerveranstaltungen, bei denen Sims Abschiede individuell gestalten und Erinnerungen teilen können.
Trauerveranstaltungen
Bislang war der Tod in „Die Sims 4“ nur ein kurzer Moment. Starb ein Sim, kam der Sensenmann, nahm die Seele mit und ließ einen Grabstein oder eine Urne zurück. Am Grabstein konnten die Hinterbliebenen zwar trauern, aber echte Beerdigungen gab es nicht. Jetzt können Spieler den Abschied persönlicher gestalten. So können sie entscheiden, ob sie eine kleine Zeremonie im Familienkreis oder eine größere Feier mit der ganzen Nachbarschaft ausrichten möchten.
Im Rahmen der neuen Trauerveranstaltungen können Reden gehalten, gemeinsam Kerzen angezündet oder Erinnerungsbäume gepflanzt werden. Spieler haben die Möglichkeit, Sims in individuell gestalteten Särgen und Gräbern beizusetzen oder ihre Urne in einer Krypta zu platzieren. Die Zeremonie kann weiter personalisiert werden: Sims können Verstorbene durch Gedenktafeln mit Porträts ehren oder persönliche Gegenstände wie Erbstücke überreichen, um die Erinnerung lebendig zu halten. Letzte Wünsche des Verstorbenen, wie das Vorlesen persönlicher Nachrichten, können erfüllt werden.
Testamente und Erbschaften
Endete das Leben eines Sims, blieben seine Besitztümer bislang im Haushaltsinventar zurück. Mithilfe des neuen Testamentsystems können Sims nun zu Lebzeiten festlegen, was mit ihrem Erbe geschehen soll. Ab dem Teenageralter können sie ein Testament verfassen und darin bestimmen, wer ihr Vermögen, Häuser und persönliche Gegenstände wie Sammlerstücke erhält.
Auch lässt sich im Testament festlegen, ob sie beim Ableben einen Grabstein oder eine Urne hinterlassen möchten und welche Angehörigen nach dem Tod Erziehungsberechtigte für ihre Kinder werden sollen. Spieler können das Testament über den Computer, im Rathaus in der neuen Spielwelt Mourningwood oder direkt bei einem Erbschaftsanwalt erstellen. Das Testament wandert ins persönliche Inventar, wo es sich aktualisieren oder auch vernichten lässt, falls der Sim seine Pläne ändern möchte.
Neue Karrieren: Sensenmann und Bestatter
Erstmals können Spieler in die Rolle des Sensenmanns schlüpfen oder als Bestatter arbeiten. Die Sensenmann-Karriere ist eine aktive Laufbahn, bei der Spieler die Arbeitsabläufe ihres Sims steuern können. Anders als bei „Rabbit Hole“-Karrieren, bei denen Sims ihre Aufgaben im Hintergrund erledigen, nehmen Spieler aktiv an den Arbeitstagen teil.
Die Karriere beginnt auf der untersten Stufe als „Grimtern“ – eine Mischung aus „Grim Reaper“ und „Intern“, also Praktikant. Auf dieser Karrierestufe übernehmen Sims einfache Aufgaben, sie sichten etwa Seelen und schließen kleinere Risse in der Unterwelt. Das Ziel ist es, die höchste Stufe der Karriere zu erreichen. Auf dem Weg werden die Aufgaben immer anspruchsvoller: Sims sammeln Seelen und erlangen schließlich die Macht, über Leben und Tod zu entscheiden.
Eine traditionellere Berufswahl ist die Bestatter-Karriere. Diese Laufbahn bietet zwei unterschiedliche Zweige: Bestattungsunternehmer und Thanatopraktiker. Spieler können in der Karriere voranschreiten, indem sie Fähigkeiten wie Gartenarbeit, Logik, Fitness und Malerei verbessern.
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Umgang mit Leben und Tod in „Die Sims 4“
Manche weinen, andere ziehen sich zurück: Menschen reagieren unterschiedlich auf einen Verlust – je nach Persönlichkeit, emotionalem Umfeld und kulturellem Hintergrund. Eine realistische Darstellung menschlicher Gefühle in Videospielen kann dazu beitragen, Empathie zu fördern und das Verständnis für Trauer zu vertiefen. Doch wie realistisch ist die Darstellung von Trauer in „Leben und Tod“? Um das zu beurteilen, blicken wir auf ein psychologisches Modell und seine Umsetzung im Spiel.
Das Kübler-Ross-Modell, entwickelt von Elisabeth Kübler-Ross, macht den Trauerprozess erklär- und greifbar. Ursprünglich wurde es entwickelt, um zu beschreiben, wie sich Patienten mit lebensverkürzenden Erkrankungen mit ihrem Tod auseinandersetzen. Später wandte die Psychiaterin und Sterbeforscherin es auch auf den Trauerprozess von Angehörigen Verstorbener an.
Empirische Studien belegen, dass Trauer nicht linear verläuft und Trauerphasen nicht immer in der gleichen Reihenfolge ablaufen und oft überschneidend oder wiederholt auftreten. Obwohl das Kübler-Ross-Modell den Trauerprozess also stark vereinfacht darstellt und daher auch kritisiert wird, ist es immer noch weitverbreitet und wird häufig zitiert.
Laut Modell durchlaufen Menschen fünf Trauerphasen, wenn sie einen Verlust erfahren. Diese Phasen sind:
- Verleugnung,
- Wut,
- Verhandeln,
- Depression und
- Akzeptanz.
Anders als zuvor zeigen Sims mit der neuen Erweiterung emotionale Reaktionen auf den Tod, die je nach Beziehung zum Verstorbenen variieren. Sims, die dem Verstorbenen nahe standen, zeigen intensivere Trauerreaktionen, während flüchtige Bekannte weniger betroffen sind – durch den Tod verursachte negative Mood Buffs halten nur kurz an.
Trauerreaktionen frei wählbar
Auch können Spieler festlegen, wie Sims auf das Ableben eines Angehörigen reagieren, indem sie zwischen vier verschiedenen Trauerreaktionen wählen: „Wut“, „Traurigkeit“, „Verleugnung“ und „Beherrschung“. Diese Reaktionen beeinflussen die Interaktionen und Emotionen der Sims auf unterschiedliche Weise und sind an das Kübler-Ross-Modell angelehnt.
Verleugnung zeigt sich bei Sims, die ihre Trauer zunächst ignorieren und Emotionen wie Langeweile oder scheinbare Gleichgültigkeit zeigen. Nach einigen Sim-Tagen kann sich dies ändern, und die Trauer manifestiert sich als Wut oder Traurigkeit. Wut äußert sich in aggressiven Interaktionen und negativen „Moodlets“, also Stimmungen, die oft zu Konflikten mit anderen Sims führen. Depression zeichnet sich durch anhaltende traurige Moodlets und das Verlangen nach Einsamkeit aus, was in Aktionen wie „weinen“ oder „sich ausheulen“ deutlich wird. Die Phase der Akzeptanz symbolisiert schließlich die Rückkehr des Sims zu alltäglichen Aktivitäten.
Zudem können Spieler mithilfe verschiedener Aktionen die emotionalen Zustände ihrer Sims bei Verlust beeinflussen, zum Beispiel durch kreative Tätigkeiten oder sportliche Betätigung. Ergänzt wird die Spielmechanik durch Rituale wie Gedenkveranstaltungen zu organisieren oder Erinnerungsalben zu erstellen. Diese symbolisieren die „Akzeptanz“ im Spiel und bieten Spielern die Gelegenheit, den Verlust in einem individuelleren Kontext zu verarbeiten. Kreative und sportliche Aktivitäten tragen ebenfalls dazu bei, die Trauer zu bewältigen und einen Weg zur emotionalen Stabilität zu finden.
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Kann Sims 4 bei der Trauerverarbeitung helfen?
Während „Die Sims 4: Leben und Tod“ Elemente des Kübler-Ross-Modells aufgreift, bleibt die Darstellung des Trauerprozesses in vielen Punkten vereinfacht. Der spielerische, durchstrukturierte Umgang mit Trauer wirkt distanziert und spiegelt die persönlichen, oft unvorhersehbaren Aspekte des echten Trauererlebens nur eingeschränkt wider. Der intime und manchmal chaotische Prozess der echten Trauer lässt sich im Spiel nicht in seiner Komplexität und Tiefe erfassen.
Gleichzeitig bietet die Möglichkeit, individuelle Trauerreaktionen zu steuern und an Gedenkritualen teilzunehmen, eine Form der Kontrolle und Struktur, die Spielern helfen kann, sich mit den Emotionen ihrer Sims zu identifizieren. Indem es die Spieler ermutigt, sich auf emotionale Reaktionen und Rituale einzulassen, kann das Spiel eine reflektierte Auseinandersetzung mit dem Thema anregen. Da es das Spiel erlaubt, auf spielerische Art und Weise über Themen wie Verlust, Abschied und die Verarbeitung von Trauer nachzudenken, fördert „Die Sims 4“ mit dieser Erweiterung Gespräche über Verlust und Trauer und trägt zur Enttabuisierung dieser Themen bei.