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27. Februar 2025, 9:00 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Heute ist Pokémon eines der einflussreichsten und bekanntesten Gaming-Franchises der Welt. Dabei kam der Erfolg damals durchaus überraschend. TECHBOOK gibt einen Überblick über die bemerkenswerte Geschichte der Reihe.
In Pokémon geht es vor allem um eines: „Gotta Catch ‚Em All“ (auf Deutsch: „Fang sie alle“). Gemeint ist, dass man möglichst viele verschiedene Taschenmonster fangen soll, die überall in der Spielwelt der erfolgreichen Reihe zu finden sind. Die Monster lösten einen internationalen Hype aus, der bis heute anhält. Doch wie kam es überhaupt dazu, warum ist die Reihe so erfolgreich und wie hat sie die komplette Branche geprägt?
Überraschender Erfolg in den 90ern
Am 27. Februar feiern Fans weltweit den Pokémon-Tag. Das liegt darin, dass an diesem Tag im Jahr 1996 das allererste Pokémon-Spiel in Japan veröffentlicht wurde. Da der Erfolg für Nintendo und Videospielentwickler Game Freak nicht abzusehen war, brachte das Unternehmen damals nur 200.000 Exemplare in den Handel – die tatsächlichen Verkaufszahlen sprengten dann jegliche Erwartungen.
Der Erfolg war nicht nur für Nintendo im Kampf mit Sony um die Gaming-Vorherrschaft enorm wichtig, sondern auch für die bereits totgesagte Konsole des Herstellers: den Game Boy. Dieser war eigentlich schon vom N64 abgelöst und das Konzept der Handheld-Konsole für gescheitert erklärt worden. Hinter Pokémon steckt der damals 30-jährige Spieleentwickler Satoshi Tajiri. Der leidenschaftliche Insektensammler adaptierte sein Hobby und erschuf zusammen mit seinem Freund Ken Sugimori im ersten Anlauf 151 zum Teil niedliche, aber auch sonderbare Taschenmonster für den Game Boy.
Die ersten Spiele der Reihe sind die „Rote“ und „Grüne Edition“. Wer über alle Monster verfügen wollte, musste im Übrigen beide Spiele kaufen – ein Kniff, der aufging und es bis heute tut. Den endgültigen Durchbruch brachte dann jedoch die „Blaue Edition“, die auch eine leicht verbesserte Grafik lieferte. Hierzulande hörte man erstmals auf der Space World 1997 von den „Pocket Monsters“. In Europa erschienen die Spiele dann 1999, nachdem sie primär in Japan bereits sehr erfolgreich waren.
Nintendo stellt Pokémon früh auf mehrere Beine
Was dann folgte, war in erster Linie sehr cleveres Marketing. Denn Nintendo beließ es nicht einfach „nur“ bei Videospielen. Sobald sich der Erfolg der Pokémon-Spiele abzeichnete, machte sich das Unternehmen die Sammelleidenschaft der Spieler zunutze und brachte ein Kartenspiel heraus, und zwar weltweit. Dabei setzte man etwa in den USA auf die Zusammenarbeit mit bekannten Verlagen wie Wizards of the Coast, die mit „Magic: The Gathering“ bereits große Erfolge feiern konnten.
Mindestens genauso wichtig für den weiteren Erfolg war außerdem die seit 1997 ausgestrahlte Anime-Serie, die auf den Spielen basiert. Dabei folgt man dem Teenager Ash Ketchum, der eine Karriere als Pokémon-Trainer anstrebt. Die Serie wiederum legte den Grundstein für die ebenfalls enorm erfolgreiche „Gelbe Edition“, die in Japan 1998 auf den Markt kam.
Pikachu erobert die Welt
Apropos „Gelbe Edition“: Dabei wurde ein Pokémon ins Rampenlicht gestellt, das bis heute das Gesicht des Franchise ist. Die Rede ist von Pikachu. Das kleine Monster mit Blitzschwanz verhalf schon dem Anime zum Erfolg. Dort ist das Pokémon Ashs widerspenstiger und charakterstarker Begleiter, mit dem er im Laufe der Staffeln eine innige Freundschaft aufbaut. Das erste Pokémon war Pikachu aber bei Weitem nicht, genauso wenig wie die anderen bekannten Starter: Bisasam, Shiggy und Glumanda. Stattdessen wurde das nashornähnliche Rizeros als erstes der Weltöffentlichkeit vorgestellt.
1999 folgte auf die erste Generation von Pokémon-Spielen die zweite mit der „Goldenen“ und der „Silbernen Edition“. Diese führten zum einen 100 weitere Taschenmonster ein, zum anderen mit Johto auch eine neue Region. Die vorherigen Titel waren allesamt in der Region Kanto angesiedelt, die sich übrigens am gleichnamigen realen Areal in Japan orientiert. Johto hingegen basiert auf dem realen Vorbild der Kinki-Region.
Im Jahr 2000 wurde die zweite Generation um die „Kristall-Edition“ ergänzt. In dieser konnten Spieler nicht nur erstmals auch einen weiblichen Avatar wählen. Mit Suicune wurde zudem erstmals ein legendäres Pokémon auch handlungstechnisch ins Zentrum gerückt. Solche Pokémon sind einzigartig, verfügen in der Regel über besondere Kräfte und sind eng mit der wachsenden Mythologie der Spielwelt verbunden.
Letztere ist ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor der Spiele. Nintendo und Game Freak bauten die Entstehungsgeschichte und die Legendenbildung von Spiel zu Spiel weiter aus. Damit schafft Pokémon etwas, das danach von vielen anderen Unternehmen kopiert wurde: ein international funktionierendes und generationenübergreifendes Medienphänomen mit geschickter Mehrfachverwertung über viele Plattformen und Medienformen hinweg.
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Pokémon umfasst stolze neun Generationen
2002 folgte die dritte Generation mit „Pokémon Rubin“ und „Saphir“, 2006 dann die vierte mit „Diamant“ und „Perle“. 2010 erschienen wiederum die „Schwarze“ und die „Weiße Edition“ und somit die fünfte Generation. Die sechste umfasst „Pokémon X“ und „Y“, die 2013 auf den Markt kamen. Die Nachfolger „Sonne“ und „Mond“ (2016) bilden die siebte, „Schwert“ und „Schild“ (2019) die achte Generation.
Aktuell befinden wir uns in der 2022 erschienenen neunten Generation mit den Hauptspielen „Karmesin“ und „Purpur“. Nintendo und Game Freak sind in all den Jahren in den Grundfesten niemals von ihrem Erfolgskonzept abgewichen, haben aber mit jeder Generation kleinere Neuerungen eingeführt.
Zum einen in Form von neuen Regionen und natürlich Pokémon. Zum anderen mit Mechaniken und der Grafik. Inzwischen geht es nicht mehr „nur“ ums Sammeln der Monster. Man kann für sie kochen, ihnen Geschenke machen und sie miteinander paaren.
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Eine Reihe im Wandel
Ansonsten gibt es inzwischen auch diverse Ableger. Spiele wie „Pokémon Mystery Dungeon“ oder „Meisterdetektiv Pikachu“ setzen auf ganz andere Konzepte. Im erstgenannten Titel spielt man etwa selbst ein Pokémon, letzteres setzt hingegen eher auf eine tatsächliche Handlung, die in bisherigen Spielen der Reihe immer eher nebensächlich war. Mit dem 2022 erschienenen „Pokémon-Legenden: Arceus“ wagte man sich zudem langsam in den Bereich der Action-Rollenspiele vor.
Für flächendeckenden Erfolg sorgte außerdem das 2016 gestartete Handyspiel „Pokémon Go“. Mithilfe von Echtzeit-GPS transportiert der Titel erstmals das Fangen der beliebten Monster in die Realität. Spieler finden die Pokémon virtuell in ihrer eigenen Nachbarschaft.
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Der einzigartige Erfolg von Pokémon
Inzwischen gibt es zudem auch Kinofilme, Themenparks und etliche Merchandise-Artikel. Nintendo hat es geschafft, seine Pokémon-Marke in vielen Sektoren zu etablieren und sie so möglichst breit aufzustellen. Dabei steht die Entwicklung nie still; die Marke passt sich stets den aktuellen Gegebenheiten an, ohne ihren Kern zu vernachlässigen. Damit hat Pokémon vor allem die Gaming-Branche geprägt. Ob etwa Handheld-Konsolen ohne den durchschlagenden Erfolg von damals heute so erfolgreich wären, ist fraglich.
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Pokémon liefert einprägsame Erfahrungen
„Die allermeisten können sich sicher noch an ihr erstes Videospiel erinnern. Bei mir war das ‚Pokémon Gelbe Edition‘. Und ja, das ist die, in der man Pikachu als Starter bekommt, der einem dann auch sichtbar folgt und mit dem man interagieren kann. Das ist zum einen niedlich und hat mein fünfjähriges Ich absolut abgeholt. Zum anderen ist die erste Arena des Spiels die von Arenaleiter Rocko in Marmoria City und der trainiert bekanntlich Gestein-Pokémon. Und wogegen sind Elektro-Pokémon wie Pikachu überhaupt nicht effektiv? Genau – Gestein.
Rückblickend empfinde ich es als erstaunlich, dass ich damals bestimmt 50 Versuche gebraucht habe, um Rocko zu besiegen und trotzdem nicht frustriert war. Zumal ich damals noch nicht lesen konnte und dementsprechend das Attacken-System nur rudimentär verstanden habe. Gleiches gilt für den Felstunnel, in dem es nahezu komplett finster ist. Ein Umstand, den die Attacke Blitz ändert – wenn man lesen und die Zusammenhänge verstehen kann. Stattdessen habe ich mir im Dunkeln einen Weg durch die Höhle gebahnt und hatte riesigen Spaß dabei. Diese Erfahrung hat mich geprägt und rückblickend finde ich, dass sie der ideale Einstieg in die Videospielwelt war.
Und das ist für mich genau das, was den Erfolg von Pokémon im Kern ausmacht. Die Reihe ist niedrigschwellig, leicht verständlich, stellenweise dennoch komplex und spricht damit verschiedene Altersgruppen an. Elementar wichtig dafür sind die vielen Titelhelden: die Pokémon. Jedes Exemplar ist liebevoll entworfen und erzählt mit seinem Design, Typ, der Attackenauswahl und seinem Verhalten eine eigene Geschichte. Dieser Aspekt weckt in Kombination mit dem Pokédex bei vielen die Sammelleidenschaft. Dazu kommt ein intuitives Kampfsystem, das Vielfältigkeit und Ausdauer im Training der eigenen Taschenmonster belohnt.
Über diese technischen Aspekte hinaus hat Pokémon aber vor allem für viele eine gemeinsame Spielerfahrung geschaffen. Man konnte Tauschen, sein Team vergleichen, in späteren Spielen auch gegeneinander oder gemeinsam kämpfen. Die breite Fächerung der Marke holt dabei zum Beispiel mit den Karten auch die ab, die mit Videospielen per se nichts anfangen können. Das alles macht mich zuversichtlich, dass wir auch in vielen Jahren noch neue Spiele der Reihe bekommen – oder Filme, Autos, Speiseeis und Pikachu-förmige Roboter.“