23. Februar 2024, 8:13 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten
Epische Schlachten auf hoher See, raues Piratenfeeling, eine gefährlich-schöne Spielwelt, spannende Schätze – „Skull & Bones“ ist mit vielen Versprechen an den Start gegangen beziehungsweise in See gestochen. Aber kann das Ubisoft-Spiel diese auch halten? TECHBOOK hat den Titel getestet.
Hinter den Entwicklern von „Skull & Bones“, Ubisoft Singapur, liegt ein steiniger Weg. Immer wieder gab es Verzögerungen und Schwierigkeiten bei der Entwicklung, es wurde gefeilt und optimiert. Am 16. Februar 2024 ist das Spiel dann endlich gestartet. Das Ergebnis all der Arbeit – es ist übrigens das erste Spiel der Ubisoft-Niederlassung – ist nun ein taktisches Online-Action-Spiel, das in einigen zentralen Punkten an „Assassin’s Creed IV: Black Flag“ erinnert. Das kommt nicht von ungefähr, war das Spiel doch zu Anfang als Ableger dieses Titels geplant.
Die Assoziation mit so einer bekannten Marke weckt immer gewisse Hoffnungen, die das Unternehmen aktiv weiter steigerte. Yves Guillemot, CEO von Ubisoft, bezeichnete das Spiel gar als „Quadruple-A-Spiel“. Zur Erklärung: Als Triple-A- beziehungsweise AAA-Spiel werden in der Games-Branche nur die besonders aufwendigen Blockbuster-Titel bezeichnet. Ein Spiel, dem sogar noch ein A mehr zugeschrieben wird, gibt es bis jetzt nicht. Es müsste also noch größer, aufwendiger, teurer, hochwertiger und ausgefeilter sein als bisherige AAA-Spiele. Große Erwartungen also, denen „Skull & Bones“ im Test leider nicht gerecht werden konnte. Aber liegt das wirklich am Spiel oder an der Größe des Erwartungsdrucks?
Übersicht
Darum geht es in „Skull & Bones“
Die zugrunde liegende Story von „Skull & Bones“ ist schnell erzählt. Nach einem Kampf mit der britischen Flotte wird das Piratenschiff „Exeter“ versenkt. Das ist insofern problematisch, als dass sich der Avatar des Spielers an Bord befindet. Als Schiffbrüchiger wird man von der Piratin Asnah Yatim (und einem namenlosen Besatzungsmitglied) gerettet, muss aber bei Null anfangen: in abgerissener Kleidung mit einer wenig beeindruckenden Dau als Boot.
Um zum gefürchteten Piraten-Kapitän aufzusteigen (was sollte man auch sonst wollen?), muss man zunächst die Gunst des Königs der Piraten, Scurlock, gewinnen. Und wie macht man das am besten? Genau: mit jeder Menge Grind. Man kämpft gegen Haie, Krokodile und andere gefährliche Meerestiere, sammelt Ressourcen und durchkämmt die Meere. Wenn man dabei noch feindliche Schiffe versenkt und plündert, umso besser – das bringt Ruhm ein. Außerdem kann man mit den erbeuteten Materialien sein Schiff aufwerten.
Das ist im Prinzip auch die Hauptmotivation von „Skull & Bones“. Zum einen gilt es, neue Baupläne zu finden und die Materialien zu sammeln, um immer größere und tollere Schiffe zu bauen. Zum anderen kann man diese dann individuell dekorieren und vor allem ausstatten. So gibt es etwa unterschiedliche Kanonen und Munitionstypen. Es handelt sich somit fast um ein Shooter-ähnliches System – nur eben mit Schiffen und Piraten.
Die Spielwelt von „Skull & Bones“
Um das direkt ganz klarzumachen: „Skull & Bones“ ist kein Spiel, in dem man malerische Karibikinseln erkundet. Stattdessen findet ein großer Teil der Spielzeit tatsächlich auf dem Meer statt. Dort hält man nach Schätzen, Schiffen, Rohstoffen, Stützpunkten und Handelsrouten Ausschau. Auch Kämpfe finden ausschließlich als Seeschlachten statt, indem man auf andere Schiffe schießt (oder planlos Harpunen nach Haien wirft).
Wenn man also nicht gerade an Bord seines Schiffes ist, das man im Übrigen nicht erkunden, dafür aber in der Vogelperspektive und bei Gefechtssituationen in Ego-Perspektive steuern kann, treibt man sich in klar abgesteckten Gebieten herum. Erster Anlaufpunkt ist der Hafen Sainte-Anne. Dort findet man nicht nur den bereits erwähnten Piratenkönig. Es tummeln sich auch allerlei Händler und Handwerker vor Ort. Richtige Interaktionsmöglichkeiten gibt es dabei nicht. Außer mit den Personen, die einem konkret etwas verkaufen wollen – oder auch nicht, es aber theoretisch könnten –, kann man mit niemandem sprechen.
Ansonsten ist die Spielwelt ziemlich groß und in einem fiktiven Indischen Ozean angesiedelt, der von kleineren und größeren Landmassen durchzogen ist. Grob orientiert man sich dabei an der Region zwischen Indien und der östlichen Küste Afrikas. Relativ zentral befindet sich eine Madagaskar nachempfundene Insel. Bisher kann man in gewisse Gebiete der Karte aber auch noch nicht vordringen.
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Eigener Charakter und NPC
Wo es kaum Story gibt, gibt es in der Regel auch keine Charakterentwicklung. Das betrifft in diesem Fall nicht nur den eigenen Avatar, sondern auch die Crewmitglieder. Aber bleiben wir erst einmal bei der Spieler-Figur. Der Charakter-Editor bietet einige nette Ideen, wirklich vielfältig kann man den eigenen Avatar allerdings nicht gestalten. Im Grunde stehen einige Basis-Konfigurationen zur Verfügung. Abseits davon kann man wenig individualisieren. Wirklich störend ist das aber nicht, da man sich, wie bereits erwähnt, ohnehin größtenteils an Bord des Schiffes befindet und den Avatar somit gar nicht sieht. Einkleiden kann man seinen Charakter im Laufe der Zeit aber natürlich. Die Gegenstände dafür schaltet man stückweise frei oder erwirbt sie im Shop – gegen In-Game-Währung oder auch echtes Geld.
Um beim Thema Charaktere zu bleiben: Neben dem eigenen Avatar gibt es ohnehin auffällig wenige wichtige Figuren. Viele haben nicht einmal einen Namen, sondern erscheinen in den Untertiteln lediglich als „Besatzungsmitglied“ oder „Offizier“. In Sachen spannende Hintergrundgeschichte sollte man also nicht allzu hohe Erwartungen haben.
Wie man durch das Piratenspiel manövriert
Mit dem Story-Block anzufangen, ist „Skull & Bones“ gegenüber ehrlicherweise etwas unfair. Denn das Spiel will definitiv kein Story-Monster sein. Stattdessen dreht sich alles um die Spielmechaniken, das Gameplay und jede Menge Grinden. Das belegt schon ein Großteil der zur Verfügung stehenden Quests. Mitunter sind dabei zwar auch einige Story-Aufgaben, die überwiegende Mehrheit schickt einen aber von A nach B, um bestimmte Materialien zu sammeln oder Schiffe zu zerstören. Das kann man allein oder mit bis zu drei Freunden in einer Gruppe angehen.
Was das generelle Feeling angeht, merkt man dem Spiel aber an, dass es auf einer nicht mehr taufrischen Engine aus dem eigenen Hause basiert. Wohl auch deshalb erinnerte „Skull & Bones“ im Test nicht nur wegen des Settings ein wenig an „Assassin’s Creed IV: Black Flag“.
Abwechslung durch Minispiele
Wie bereits erwähnt, ist das eigene Schiff Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Auch zum Ressourcensammeln verlässt man den schwimmenden Piratentraum in der Regel nicht. Stattdessen muss man sich intuitiven Mini-Games stellen, um Holz zu sägen, Metall abzubauen oder Kokosnüsse zu ernten. Meist bestehen diese Minispiele darin, im richtigen Moment, wenn sich der Pfeil im grünen Bereich bewegt, eine Taste zu drücken.
Ansonsten ist die Queststruktur die der meisten anderen Online-Spiele mit Shared World sehr ähnlich. Es gibt Aufgaben, die der Hauptmission zugeordnet sind, über die Map verteilte Nebenquests und natürlich auch täglich wechselnde Aufträge, die praktische Belohnungen einbringen.
Ein Shooter-ähnliches Kampfsystem
Insgesamt geht es dabei viel darum, feindliche Schiffe zu plündern. Dabei muss man geschickt um das Objekt der Begierde herummanövrieren und mit den Kanonen draufhalten. Mitunter kann es gerade zu Beginn knifflig sein, parallel die Ausdaueranzeige im Blick zu behalten. Das Schiff kann auch Schaden nehmen und muss dann repariert werden – notfalls durch den Online-Charakter und unter feindlichem Beschuss. Zudem wird natürlich das Waffen- und Munitionssystem mit der Zeit immer komplexer.
Und Schiffe sind nicht die einzigen Gefahren auf dem hohen Meer. Dort lauern neben bekannten tierischen Bewohnern auch gigantische Seemonster. Dabei kann es durchaus sein, dass die Herausforderung zu groß ist und das eigene Schiff schon nach kurzer Zeit mit dem Kiel nach oben im Wasser schwimmt. Gegen ein entsprechendes Entgelt im Spiel schickt „Skull & Bones“ die Spieler aber auch wieder direkt in den nächsten Hafen.
Mehr Abwechslung im Endgame
Hat man genügend Quests erledigt, ein Schmugglerlager aufgebaut und vor allem seinen Ruhm vermehrt, erreicht man irgendwann das Endgame des Spiels. In unserem Test war das nach etwa 22 Stunden der Fall. Dafür kann man (teure, aber gute) neue Waffen und auch Schiffe kaufen. Außerdem kann man neue Gebiete freischalten.
Ziel des Endgames ist nun nicht mehr nur die Aufrüstung, sondern die konkrete Eroberung des eigenen Piratenkönigreichs. Dabei kann man etwa Ressourcen einnehmen, die einen dann mit wichtigen Rohstoffen versorgen. Über ein Kontrollzentrum kann man über seine Ressourcenproduktion wachen und so für ein ausbalanciertes System sorgen.
Ein wichtiges Element des Endgames von „Skull & Bones“ ist zudem der PvP-Aspekt. Zwar kann man in der Shared World natürlich auch schon vorher anderen Spielern begegnen und auch gegen sie beziehungsweise ihre Schiffe kämpfen. Wirklich zielführend ist das allerdings nicht. Im Endgame wird das jedoch ein wichtiger Aspekt bei der Ressourcen-Eroberung.
Um das Ganze noch brisanter zu machen, laufen Timer, die die nächste Eroberungsmöglichkeit anzeigen – damit dann auch schön viele Spieler zusammenkommen. Ab diesem Zeitpunkt wird die Gestaltung seines eigenen Schiffes tatsächlich immer wichtiger. Bin ich eher leicht und flink, mache viel Schaden, kann aber wenig einstecken? Oder bin ich eher als Tank unterwegs, mit endlos viel Ausdauer, dafür aber weniger Feuerkraft? Ab hier kann man in jedem Fall dem Spiel noch einen persönlicheren Stempel aufdrücken.
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Fazit zu „Skull & Bones“
Generell sind die Kritiken zu „Skull & Bones“ durchwachsen. Dem können auch wir uns nach unserem Test nur anschließen. Das Ubisoft-Spiel hat durchaus seine Stärken, die die Entwickler hoffentlich noch weiter ausbauen. Das Potenzial ist in jedem Fall da.
Unsere Test-Wertung zu „Skull & Bones“:
Positiv:
- schön gestaltete Spielwelt mit ansprechender Optik
- vielseitiges Bewaffnungssystem
- kurzweiliger Spielspaß, der vor allem im Endgame an Fahrt aufnimmt
- gute Koop-Möglichkeiten
Negativ:
- wenig Tiefe und Abwechslung bei den Quests
- abseits der Hauptmechaniken wenige Interaktionsmöglichkeiten
- wenig glaubhafte Charaktere und Dialoge
„Skull & Bones“ im Test
Gute Anlagen, aber sicher kein AAAA-Spiel
„Es gibt diese Spiele, bei denen es vom ersten Moment an Klick macht und man genau weiß: 'Oh oh, hier werde ich künftig unvernünftig viel Zeit verbringen, und das auch noch gerne.' Dann gibt es noch die Spiele, bei denen die ersten Spielstunden etwas zäh anmuten, damit es dann doch noch die große Liebe wird; in manchen Fällen helfen auch die Entwickler mit einiges Patches nach. Und zu Guter Letzt gibt es die Spiele, bei denen man recht schnell merkt: 'Das wird nix mehr mit uns.' Heutzutage ist das Angebot so übermäßig groß, dass man dann auch schnell einen Haken dahinter machen und zum nächsten Titel weiterziehen kann.
Normalerweise fällt es mir recht einfach, Spiele zumindest primär in eine dieser Kategorien einzuordnen. 'Skull & Bones' habe ich aber im bisherigen Test nicht so recht zu fassen bekommen. Vor Spieletests versuche ich immer, die Meinung anderer weiträumig zu meiden, um möglichst neutral an die Sache heranzugehen. Das klappt allerdings nicht immer und so hatte auch ich schon mitbekommen, dass einige Kollegen nicht unbedingt begeistert waren und habe auch schnell verstanden, warum. Denn 'Skull & Bones' lässt eine Menge Möglichkeiten ungenutzt.
Damit will ich nicht sagen, dass es sich um ein schlechtes Spiel handelt – im Gegenteil! Das Setting ist toll, die Map gut gelungen, wenn man shooterartige Seeschlachten mag, kann man viel Spaß damit haben, ein ums andere Mal loszuziehen, um Loot einzusammeln. Man spielt sich mitunter regelrecht in eine Art Rausch, der mit fortschreitender Entwicklung des Schiffes spaßiger wird. Aber 'Skull & Bones' könnte gefühlt so viel mehr sein.
Man muss keine astreine Rollenspielerfahrung anpeilen, aber ein bisschen mehr Auswahl und Interaktionsmöglichkeiten hätten dem Spiel meiner Meinung nach gutgetan. Unabhängig davon haben sich auch schon viele sehr schlaue Menschen damit auseinandergesetzt, dass einen das mehr in die Spielwelt eintauchen lässt und so weiter. Aber bei diesem Piratenabenteuer fühlt es sich so an, als ob ich eine Flasche bekomme, die von Außen so tut, als ob sie derben Piraten-Rum beinhaltet, im Inneren befindet sich aber nur Apfelsaft. Nichts gegen Apfelsaft, aber ich habe dann doch einfach etwas anderes erwartet – vor allem, wenn das Spiel vorab als AAAA-Titel bezeichnet wird. Wer soll denn diesen Erwartungen gerecht werden?
Vielleicht müsste man das Spiel noch mehr als PvP-Titel angehen, denn da könnte langfristig eine Stärke von 'Skull & Bones' liegen. Das hängt auch davon ab, wie Ubisoft das Endgame weiter ausgestaltet. Denn Stand jetzt bedient man meist nur einen endlosen Kreislauf: Material sammeln, um sein Schiff aufzuwerten, um neues Material zu sammeln. Das kann vor allem im PvP-Kontext enormen Spaß machen. Diese Komponente kommt aber eben erst im Endgame einigermaßen zum Tragen. Vielleicht steht dahinter ein langfristiger Plan Ubisofts, die Spieler bei der Stange zu halten, damit es dem Titel nicht so geht, wie etwa Amazons 'New World' – zu dem tatsächlich einige ähnliche Vibes bestehen.
Vielleicht merkt man es: Ich tue mich schwer, auf den Punkt zu kommen. Einerseits frustrieren mich meine eigenen enttäuschten Erwartungen und das liegengelassene Potenzial. Nur, um noch mal in aller Kürze ein paar Punkte zu nennen: Ich kann mein eigenes Schiff nicht erkunden oder richtig mit meiner Crew interagieren – so fühle ich mich nicht wie ein Piraten-Kapitän. Über weite Strecken fühlt sich das Looten überflüssig und zu prominent an; mehr Abwechslung hätte gutgetan. Warum führt man außerdem zig Fraktionen, Handelsoptionen etc. ein, um dann eigentlich nichts damit zu machen? Und was mich als alten Rollenspielfan wirklich mürbe gemacht hat: Warum gibt es nicht einen einzigen spannenden Charakter?
Andererseits muss ich mich wohl auch einfach damit abfinden, dass ich nicht die Zielgruppe dieses Spiels bin. Denn 'Skull & Bones' kann sicherlich vielen Spaß machen, und zwar all denen, die eine entspannte repetitive Herausforderung suchen, gegebenenfalls gemeinsam mit Freunden. Aber wenn so ein AAAA-Spiel aussieht, dann bleibe ich gerne bei den AAA-Titeln.“– Marlene Polywka, Redakteurin