26. Mai 2022, 18:50 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Nintendo ist ein japanischer Hersteller von Spiele-Konsolen und Videospielen. Bis heute hat das Unternehmen weltweit mehr als 5,3 Milliarden Spiele und über 800 Millionen Konsolen verkauft. Eine große Erfolgsgeschichte – aber selbst ein solcher Freudenspender macht nicht immer alles richtig.
Tempo-Taschentuch – das ist, nach SuperMario wahrscheinlich, einer der ersten Gedanken, der einem bei Nintendo in den Sinn kommt. Was ein Papiertaschentuch mit Nintendo zu schaffen hat? Ganz einfach: Das Tempo-Tuch war eines der ersten Produkte, dessen Markenname sich rasch zu einem Gattungsbegriff entwickelte. Wer Papiertaschentuch denkt, der denkt Tempo – und umgekehrt. Und ebenso verhält es sich mit Nintendo, zumindest wenn man das 30. Lebensjahr schon überschritten hat. Wer Spielkonsole denkt, der sieht vor seinem Auge eine der ikonischen Konsolen von Nintendo. Bis zum Marktführer war es allerdings ein langer Weg.
Übersicht
Frühe Anfänge
Die Geschichte der Nintendo Co. Ltd reicht noch viel weiter zurück, als es die Erfindung der millionenfach verkauften Spiele-Konsole vermuten lässt. Sogar bis in eine Zeit, als der Computer noch nicht einmal als Utopie existierte. So beginnt der Japaner Fusajiro Yamauchi bereits 1889 in Kyoto mit der Herstellung von „Hanafuda“, das sind japanische Spielkarten. Drei Jahre später, 1902, kommen Spielkarten nach westlicher Art dazu. Eigentlich gedacht für den Export, erlangten diese Karten aber auch in Japan schnell große Popularität.
1933 wird dann die Yamauchi Nintendo & Co. gegründet. 1947 folgt die Vertriebsgesellschaft Marufuku Co. Ltd. Im Jahr 1951 ändert sich der Name der Ur-Gesellschaft in Nintendo Playing Card Co. Ltd. und nur zwei Jahre später gelingt erstmals einem japanischen Unternehmen die Massenproduktion von Plastikspielkarten.
Super Mario wird geboren
1959 startete Nintendo mit dem Verkauf von Karten von Walt-Disney-Figuren; ein deutliches Zeichen, dass der westliche Lifestyle auch in Japan angekommen ist. Nintendo Playing Card Co. Ltd landete 1962 erstmals an der Börse, in Osaka sowie in Kyoto. Eine erneute Namensänderung folgte 1963, in Nintendo Co., Ltd. Zusätzlich zu Spielkarten produzierte das Unternehmen von da an auch Spiele. So etwa ab 1970 die „Beam Gun“-Reihe. Damit hielt die Elektronik Einzug in die japanische Spielzeugindustrie. 1974 stellte man dann ein Bildprojektionssystem für Spielhallen vor, das auch in die Vereinigten Staaten von Amerika und nach Europa exportiert wurde.
1977 folgte in Kooperation mit Mitsubishi Electric die Entwicklung von Videospielen für zu Hause, Nintendos erste Heim-Videospielmaschinen entstehen: „TV Game 15“ und „TV Game 6“. 1979 gründete Minoru Arakawa, Schwiegersohn von Hiroshi Yamauchi, in New York City Nintendo of America. 1980 stellte Ninendo das spätere „Donkey Kong“ vor, bei dem der Held – der ursprünglich Jumpman hieß – versucht, seine Freundin Pauline vor einem wütenden Affen zu retten.
Als die Verantwortlichen beim Aufbau der US-Zentrale von Nintendo in New York den Vermieter des Büros, Mario Segali, kennenlernten, meinten sie, eine große Ähnlichkeit zu Jumpman zu erkennen: Das war die Geburtsstunde von (Super-)Mario. 1984 kam in Japan das Famicom-System auf den Markt, das später, angesichts der weltweiten Veröffentlichung, in Nintendo Entertainment System (kurz NES) umbenannt wurde. Zu den verfügbaren Titeln zählten „Excitebike“, „Super Mario Bros.“, „Metroid“, „The Legend of Zelda“ und „Punch-Out“; Super Mario Bros. wird in kürzester Zeit zu einem weltweiten Erfolg. 1986 folgte dann der nächste große Name: „The Legend of Zelda“ erschien damals für das NES. Mit bis dato 19 Spielen, die Teil der Hauptreihe sind, ist Zelda eine der umfangreichsten Reihen.
Der Game Boy schreibt Geschichte
Dasselbe gilt für eine weitere Ikone des Unternehmens. 1990 wurde der Game Boy vorgestellt, Nintendos tragbare Konsole, der in Windeseile die Herzen einer weltweite Spielerbasis zuflogen. Im selben Jahr wurde zudem Nintendo of Europe als hundertprozentige Tochtergesellschaft von Nintendo gegründet. Sitz der Unternehmenstochter damals: Großostheim in Deutschland, erst 2014 zog Nintendo Europe dann nach Frankfurt um. 1991 bekam Europa die Konsole SNES (Super Nintendo Entertainment System), von ihr wurden bis heute weltweit über 46 Millionen Stück verkauft. 1994 folgte der Super Game Boy, und Nintendo unterstützte in den USA Entwicklung und Umsetzung eines branchenweiten Spielebewertungssystems.
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Gotta Catch ‚Em All!
1996 erblickte Pokémon, ein neues Spielphänomen auf dem Game Boy, in Japan das Licht der Welt. Bis heute ist die Reihe eine der bekanntesten und beliebtesten der Welt. Ein Jahr später, 1997, war der Nintendo Game Boy mit mehr als 100.000.000 Stück die bestverkaufte Konsole aller Zeiten.
2001 wurde Nintendo UK gegründet, und der Weg ist frei für neue Pokémon-Charaktere, die mit Pokémon Gold und Silber für den Game Boy Color nach Europa kommen. Beide Spiele erschienen am 6. April 2001 und schon am Wochenende nach der Markteinführung hate man eine Million Stück verkauft. Damit ist Pokémon Gold/Silber das in Europa am schnellsten verkaufte Spiel überhaupt.
Im März 2005 startete in Europa der Verkauf des Nintendo DS in Europa, drei Monate später waren bereits eine Millionen Einheiten verkauft. Ende 2006, zum Weihnachtsfest, folgte mit der Wii die nächste ikonisch verehrte Spielkonsole, die mit Spielen wie „WarioWare“, „Smooth Moves“, „Endless Ocean“ und „Big Brain Academy“ kam. 2011 verschaffte dann der Nintendo 3DS den Spielern die Möglichkeit, die stereoskopische 3D-Grafik auch ohne spezielle Brille erleben zu können.
Die Nintendo Wii U und Switch
Schon 2012 folgte mit der Wii U ein weiterer Entwicklungsschritt. Das Alleinstellungsmerkmal der ersten HD-Heimkonsole von Nintendo: der Tablet-ähnliche Controller (Wii U Gamepad). Dieser verfügt über einen Touchscreen, sodass zur Bildausgabe zwei Bildschirme zur Verfügung stehen; der Fernseher und das Gamepad. 2013 veröffentlichte man mit Super Mario 3D World die erste HD- & Mehrspieler-Ausgabe eines Mario-3D-Plattformspiels. 2014 folgte Mario Kart 8 für Wii U in HD-Qualität, das sich an nur einem Wochenende 1,2 Millionen Mal verkaufte.
2015 war dann ein Jahr zum Feiern. Super Mario Bros feierte seinen 30. Geburtstag und in die Feierlichkeiten waren, neben vielen anderen Aktionen, auch die Fans eingebunden. Unter dem Banner „Let’s Super Mario“ gratulierten Hunderte mit selbst aufgenommenen Videos. 2016 ging es buchstäblich mit Pokemon weiter: Pokemon Go wurde veröffentlicht. Das Mobile Game brachte das beliebte Konzept des Taschenmonster-Fangens aufs nächste Level. Im März 2017 erschien mit der neuen Heimkonsole Nintendo Switch der bisher letzte Meilenstein aus dem Hause Nintendo. Die flexible Handheld-Konsole erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit und inzwischen gibt es viele alte Nintendo-Klassiker auch für die Switch. Aber auch neue Titel speziell für die Konsole wie etwa „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ sorgten für Furore.
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Deutliche Kritik von Greenpeace an Nintendo
Nun wissen sicherlich nicht nur eingefleischte Nintendo-Fans, dass die hier genannten Highlights nur einen Bruchteil der Aktivitäten ausmachen, mit denen das Unternehmen seine Fan-Gemeinde in den vergangenen rund 40 Jahren beglückt hat. Zumal nicht verhehlt werden soll, dass selbst Nintendo nicht ganz ungeschoren bleibt von Kritik.
Zunächst muss man wissen, dass die Umweltschutzorganisation Greenpeace seit 2006 mit dem „Guide to Greener Electronics“ regelmäßig die Umweltsünden der großen Elektronik-Konzerne anprangert. Ausgerechnet Nintendo aber wollte sich nicht auf die Finger beziehungsweise in seine Geräte schauen lassen. So weigerte sich Nintendo Auskunft zu den Punkten Energieeffizienz und Vermeidung von Elektroschrott zu geben, sodass man wiederholt auf dem letzten Platz der Liste landete. Greenpeace äußerte sich dazu so: „Zweifelhafte Ehre gebührt Nintendo: Bislang hat es kein Unternehmen geschafft, null von zehn möglichen Punkten zu erhalten.“ Das heiße zwar nicht zwangsläufig, dass der Konzern besonders schädliche Stoffe verarbeite. „Aber Nintendo weigert sich strikt, Informationen über Recyclingprogramme und verwendete Chemikalien herauszugeben“, so die Umweltschutzorganisation.
Dass Nintendo das so nicht stehen lassen wollte, dürfte jedem klar sein. „Nintendo nimmt die Verpflichtungen gegenüber der Umwelt sehr ernst: Alle das Unternehmen betreffenden gesetzlichen Regelungen zu Umweltschutz und Produktsicherheit werden strikt eingehalten. Dies schließt den Verzicht auf gefährliche Substanzen in den Fertigungsprozessen ebenso ein wie die Sicherheit bei der Entsorgung oder Wiederverwertung verwendeter Materialien“, erklärte das Unternehmen. Die TV-Konsole Wii sei als das energieeffizienteste Gerät seiner Generation bekannt. Man habe auch das Design einiger der neuesten Produkte so verbessert, dass ihr Energieverbrauch während der Nutzung minimiert werde.
„Nintendo hat strenge Standards zur Kontrolle der Umweltschutzanforderungen aufgestellt und wird darin von allen 340 Produktionspartnern unterstützt, die mit dem Unternehmen zusammenarbeiten“, bilanzierte man. Wo nun genau die Wahrheit liegt, ist schwer zu sagen.
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Bevorstehende Schließung des Nintendo eShops für WiiU und 3DS
Eine weitere Kritik an Nintendo, diesmal von Kundenseite, betrifft den Service und ist gerade einmal wenige Wochen alt. Kurz zuvor, Anfang Februar 2022, hatte Nintendo bekanntgegeben, dass man spätestens im März 2023 den eShop für WiiU und 3DS schließen werde. Für die Nutzer des Shops bedeutet das, dass dann „rund tausend Videospiele“ für Wii U und 3DS nirgendwo mehr erhältlich sein werden, so jedenfalls die Schätzung von Video Games Chronicle, einem US-Fachmagazin. Für Nintendo ist diese Entscheidung nichts anderes als „Teil des natürlichen Lebenszyklus ein jeder Produktlinie“, wie Spiegel Online das Unternehmen zitierte. Dass viele Fans dieser Spiele das ganz anders sehen und alles andere als ‚amused‘ sind, dürfte aber auch klar sein.