3. August 2023, 8:47 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Allerorts liest, hört und sieht man, dass Mobile Games immer beliebter werden. TECHBOOK-Redakteur Adrian Mühlroth findet allerdings, dass die großen Zeiten des Mobile Gamings eigentlich schon wieder vorbei sind. Eine Diskussion.
Laut aktuellen Statistiken hat das Smartphone als beliebteste Spieleplattform längst andere Medien wie PC und Konsole überholt. Dennoch findet unser Redakteur Adrian Mühlroth, dass die sogenannte „Goldene Ära“ für Mobile Games eigentlich schon vorbei ist. Das hat bei uns in der Redaktion teils heftige Reaktionen hervorgerufen und eine Diskussion angestoßen.
Den TECH-Talk sehen Sie hier im Video:
„Alles nur noch pay-to-win“ – Adrian Mühlroth, TECHBOOK-Redakteur
Mittlerweile sind alle Spiele nur noch pay-to-win und nur noch damit verbunden, sich jeden Tag anzumelden, Belohnungen zu sammeln und die gleichen Abläufe immer wieder zu wiederholen.
Ich bin mit Mobile Games aufgewachsen. Als ich 2009/2010 mein erstes Android-Smartphone und einen iPod Touch gekauft habe, sind die ersten richtigen 3D-Spiele für die mobilen Plattformen erschienen. Die großen Leistungssprünge von Jahr zu Jahr führten dazu, dass die Spiele rasant besser wurden und immer detailliertere Grafik und komplexes Gameplay hatten. Ich erinnere mich an die ersten Modern-Combat-, Nova- und Gangstar-Spiele von dem französischen Studio Gameloft.
Die drei Reihen sind Call of Duty, Halo und GTA nachempfunden. Das Studio hat damals alles mögliche ausprobiert: Von speziellen Mobil-Versionen von die Siedler, Assassin’s Creed, Terminator und Brothers in Arms, einem Tie-In-Game für Splinter Cell Conviction, über die Uncharted-Nachmache Shadow Guardian, bis zu einem 1-zu-1-Port von Prince of Persia Warrior Within – damals für mich unglaublich, dass sowas überhaupt möglich ist. Und das war 2010 – wo sind heute die Ports von vollwertigen PC-Spielen für Android und iOS?
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Früher waren Mobile Games eher wie PC-Spiele
Nach den ersten Erfolgen kamen dann viele weitere hochkarätige Spiele. Viele der beliebten Lego-Spiele haben mobile-optimierte Versionen bekommen, sogar Max Payne kam als Port für das iPhone. Sowohl Thor als auch Spider-Man und Batman haben ihre eigenen Games bekommen. Rockstar hat seine drei 3D-Klassiker GTA 3, GTA Vice City und GTA San Andreas nach und nach für Android und iOS verfügbar gemacht. Den Peak haben wir allerdings zwischen 2013 und 2016 mit drei meiner absoluten Lieblingstitel für Mobile erreicht. Da wäre zum einen Deus Ex: The Fall, ein Ableger der hervorragenden Videospielserie. Es sollte eigentlich nur der erste von vielen Teilen sein – Nachfolger sind jedoch nie erschienen.
Außerdem Assassin’s Creed Identity, ebenfalls ein Ableger der spektakulären Ezio-Trilogie. Florenz und Forlì auf einem 5-Zoll-Bildschirm von Dächern aus bestaunen – damals gab es nichts Besseres. Zu guter Letzt war da noch Call of Duty: Strike Team – das erste COD für Mobile. Das Spiel hat selbst heutigen PC-Titel einiges voraus, denn man konnte zwischen Drohnen- und FPS-Ansicht wechseln.
Noch heute habe ich diese alten Spiele auf meinem iPad mini der ersten Generation installiert, um sie von Zeit zu Zeit spielen zu können. Denn auf moderner Hardware und mit neueren Betriebssystemen sind die Titel nicht mehr kompatibel und werden deshalb irgendwann verschwinden.
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Tatsächlich kommt es wahrscheinlich darauf an, wie man „Goldene Ära“ definiert. Schaut man sich die reinen Fakten an, dann geht es der Branche quasi so gut wie noch nie. Seit Jahren wächst der Markt. Die positive Wahrnehmung von Mobile Games, die sich oft längst aus der Nische „anspruchsloses Gelegenheitsgezocke“ entfernt haben, wirkt sich auch auf die Games-Branche im Allgemeinen aus. Corona hat ein Übriges getan, um diesen Trend zu befeuern.
Das mobile Endgerät ist seit mehreren Jahren die unangefochtene Nummer 1 im Gaming-Bereich, was sicher auch an der Verfügbarkeit liegt. Eine Konsole oder gar ein Gaming-PC kosten in der Anschaffung einfach deutlich mehr Geld. Zwar sind auch High-End-Gaming-Smartphones inzwischen recht teuer, das hält sich mit einem PC aber immer noch nicht die Waage. Erst 2022 konnte man erstmal wieder leicht rückläufige Zahlen in dem Sektor beobachten – Experten führen auch das indirekt auf Corona zurück.
Handyspiele sind in der breiten Masse angekommen
Was natürlich allgemein begünstigend hinzukommt, ist, dass die Gamer der ersten Generation auch älter werden, der Nachwuchs aber ebenfalls sehr stark ist. Die Zielgruppe ist also viel breiter als noch vor ein paar Jahren oder gar Jahrzehnten. Schaut man aber etwa auch auf den eSports-Bereich, dann ist die positive Entwicklung deutlich zu erkennen. Die größeren Zielgruppen sorgen auch für ein größeres Publikum ergo für Geld in den Ligen. Damit professionalisiert sich der Mobile-Games-Markt zusehends. Das sieht man auch beim Angebot der Spiele – es werden immer mehr und vor allem auch immer hochwertigere Inhalte. Die Entwickler werden auch immer kreativer, um Geld zu verdienen.
Das Medium Smartphone wird dabei immer kreativer eingesetzt. Ob es sich um Story-Spiele mit wöchentlichen Kapiteln, an Maps angebundene Games wie „Pokémon GO“ oder die mobilen Versionen größerer Titel handelt – die Vielfalt ist unheimlich groß. Die technisch weniger anspruchsvolle Plattform öffnet kreativen Indie-Entwicklern zudem ganz neue und niedrigschwelligere Möglichkeiten.
Wir haben teilweise eine sehr deutsche Sicht auf das Ganze; in anderen Ländern boomt Mobile Gaming noch viel mehr wie etwa in Brasilien Auch das hat etwas mit den horrenden preisen für Technik zu tun. Solange Smartphones ein fester Bestandteil unseres Alltags sind, werden es meiner Meinung nach auch Mobile Games sein. Und solange es der Branche so gut geht, wird es auch immer mehr guten und kreativen Nachschub geben.
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