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TECHBOOK-Redakteur

„Wie ‚Tony Hawk’s Pro Skater‘ vor 25 Jahren mein Leben veränderte“

TECHBOOK-Autor Woon-Mo Sung und Chad Muska im Videospiel "Tony Hawk's Pro Skater 1+2"
„Tony Hawk's Pro Skater 1+2“ ist zwar die Neuauflage der Klassiker, aber TECHBOOK-Autor Woon-Mo Sung interessierten vor allem die Originale Foto: Activision/Privat, Montage: TECHBOOK
Woon-Mo Sung
Redakteur

17. Oktober 2024, 17:25 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Die „Tony Hawk’s Pro Skater“-Spielereihe feiert ihr 25. Jubiläum in diesem Jahr. Grund genug für TECHBOOK-Autor Woon-Mo Sung, einen nostalgischen Blick auf seine ganz eigene Erfahrung mit den Spielen zu werfen.

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Erinnern Sie sich an das Offizielle PlayStation Magazin? Dieses war damals im Vergleich zu den meisten anderen Videospielheften der 90er- und Nullerjahre zwar deutlich teurer, aber dafür hatte es etwas, was die anderen nicht hatten: eine Demo-CD. Auf dieser konnten Leser jeden Monat in ausgewählte Spiele hineinschnuppern. Da war des Öfteren Mist oder einfach Uninteressantes dabei. Aber als der erste „Tony Hawk’s Pro Skater“-Teil unter anderem auch auf der Heft-CD vorstellig wurde, war ich direkt hin und weg. Und noch hatte ich keine Ahnung, dass der immense Spaß für mich nicht auf der PlayStation bleiben würde.

Verknotete Finger und Blasen dank „Tony Hawk’s Pro Skater“

Aber zuerst zum Game: Bei „Tony Hawk’s Pro Skater“ schlüpfen Spieler entweder in die Rolle der titelgebenden Skateboard-Ikone oder wählen einen anderen bekannten Profi, unter anderem Bob Burnquist, Geoff Rowley oder Elissa Steamer. Zwar bringen die allesamt etwas abweichende Eigenschaften mit – Hawk ist besonders in der Luft gut, Rowley und andere können besser bei Grinds und Slides das Gleichgewicht halten.

Das Prinzip aber bleibt gleich: Mit möglichst waghalsigen Manövern in begrenzter Zeit massig Punkte sammeln und nebenbei bestimmte Aufgaben erfüllen. Dabei ist derjenige im Vorteil, der die einfallsreich designten Level komplett für sich zu nutzen und Tricks zu ellenlangen Kombinationen zu verketten weiß. Diese entspringen zwar der Realität, aber die Physik entbehrt jedwedem Realismus. Und das sorgt für ein actionreiches, schnelles Gameplay, das beim Streben nach der nächsten persönlichen Bestleistung süchtig macht.

Mein Lieblings-Level beim ersten Teil blieb bis zuletzt der Skate Park in Chicago, wo ich eine hervorragende Line ausgeguckt hatte (wie ich finde) und diese bis zur totalen Fingerverknotung durchexerziert habe. Die magische Marke von einer Million Punkte habe ich aber nicht geknackt. Dafür habe ich mir ernsthaft Blasen an den Fingern erdaddelt – aber „no pain, no gain“ gilt auch für Gaming-Highscores.

Der absolute Höhepunkt mit „Tony Hawk’s Pro Skater 2“

Im Vergleich zum Nachfolger war der erste Teil allerdings nur ein zärtliches Vorspiel – doch mit „Tony Hawk’s Pro Skater 2“ platzte endgültig der Knoten bei mir, während sich meine Finger paradoxerweise noch schlimmer verknoteten. Das Level der Wahl? Marseille. Und dieses Mal regnete es Millionen-Punkte.

Mein spielerischer Fanatismus erreichte in Bezug auf virtuelle Rollbäume hier seinen absoluten Höhepunkt. Und ich verbrachte unzählige Stunden allein oder mit meinem Kumpel Nick, um Kickflip+360 Flip+FS Boardslide+360 Shove it+BS Bluntslide+FS Nosegrind+Manual+900 Varial nicht in den Sand zu setzen. Falls doch, startete eben der nächste Versuch für die Kombo.

Auch bei „Tony Hawk’s Pro Skater 3“ schaffte ich noch Millionen Punkte, doch so langsam stellte sich da eine gewisse Ermüdung ein. Das war dann auch tatsächlich der letzte Teil, den ich noch aktiv spielte. Das lag sicherlich aber auch daran, dass sich nebenbei mit „Grind Session“ und „Thrasher: Skate and Destroy“ noch andere Genrevertreter im CD-Laufwerk drehten. Jahre später kehrte ich zum Skate-Spielgenre zurück – dann zu „Skate 2“ von EA. Die vor einigen Jahren veröffentlichten Remakes der ersten zwei „Tony Hawk’s“-Teile habe ich aber bis heute nicht mehr gespielt.

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Von der Couch aufs echte Rollbrett

Mit dem „Tony Hawk’s“-Franchise habe ich viele intensive Stunden verbracht, an die ich mich bis heute sehr gerne zurückerinnere. Aber das wahre Vermächtnis der Reihe in meinem Leben ist die Tatsache, dass sie sich mich damals als Teenager tatsächlich dazu motivierte, ein Skateboard zu kaufen – so wie viele andere auch.

Hatte ich überhaupt eine Ahnung, was ein gutes Board ausmachte? Nö. Ich bin einfach spontan zu Karstadt in die Sportabteilung gegangen und habe mir eines gekrallt, das zumindest ein cooles Motiv auf der Unterseite hatte. Fühlten mein Kumpel Nick und ich uns anschließend auch wahnsinnig cool? Aber sowas von.

Die knirpsgewordene Definition eines lauchigen Möchtegerns machte bei völliger Abwesenheit jedweden Schamgefühls alsbald Schulhöfe, Gehwege und Parks mit grenzenlosem Dilettantismus unsicher. Immerhin fuhr ich „Goofy“, also mit dem rechten Fuß vorn, das klang cool – Tony Hawk skatet auch so. Allerdings pushte ich auch „Mongo“, das heißt, ich gab Schwung mit dem Vorderfuß, was damals total verpönt war.

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Bekanntschaft mit Ollie

Aber obwohl wir zunächst nichts konnten: Ein unerwartetes wie unbeschreibliches Gefühl von Freiheit begleitete unsere ersten Geh-, Verzeihung, Rollversuche und beflügelte uns, ernsthaft ein paar erste Tricks zu lernen. Die Theorie des Ollies, also dem Sprung mit dem Brett ohne Einsatz der Hände, erschloss sich uns schnell, die praktischen Übungen waren hingegen an Peinlichkeit kaum zu überbieten.

Irgendwann hat es aber ernsthaft „Pop!“ gemacht – also wie das Geräusch, das ertönt, wenn man das Board kräftig auf einer der beiden Seiten nach unten tritt. Der erste Ollie war gestanden und fortan eröffneten sich ganz neue Möglichkeiten der urbanen Mobilität.

Denn jetzt konnten wir nicht nur lässig einen Gehweg entlangrollen, sondern auch bei Straßenübergängen vor den Augen der an roten Ampeln stehenden Autofahrer entspannt vorbeibrettern und den nächsten Bordstein hochhüpfen. In der Anfangszeit glückte das aber auch nicht immer, weswegen ich sehr zur Belustigung aller Verkehrsteilnehmer ab und an den Asphalt geküsst habe.

TECHBOOK-Autor Woon-Mo Sung bei einem Ollie
TECHBOOK-Autor Woon-Mo Sung, irgendwann zwischen 2000 und 2004, am Attilaplatz in Berlin-Tempelhof Foto: Privat

Endgegner Kickflip

Im Laufe der Zeit wagten wir uns kleine Rampen hoch und runter und erweiterten unser Trickrepertoire. Allerdings offenbarte sich recht schnell unser Mangel an echtem Talent: Während ich die Herausforderung von Gaps (zum Beispiel das Springen eines Treppenabsatzes hinunter) in kleinem Rahmen anging, reichte meine Augen-Fuß-Koordination nur noch für einen zuverlässigen Pop Shove-it – dem Drehen des Boards um 180 Grad nur mit den Füßen.

In Kombination mit einem recht hohen Ollie fühlte ich mich in meiner Amateurhaftigkeit schon sehr souverän. Für einen Kickflip (360-Grad-Drehung des Boards über die Querachse) reichten aber Fähigkeiten und Geduld dann doch nicht. Auch hier erschien die Theorie einleuchtend, aber mein Fußgelenk war einfach nicht locker genug, um das Brett entsprechend seitlich anzutreten.

Mit der Zeit stieg die Frustration ob des stagnierenden Fortschritts und demotivierend kam hinzu, dass sich nach und nach einige Freunde vom Skateboarding wieder zurückzogen. Ich habe es dann noch für eine Weile allein probiert, doch das machte mir einfach weniger Spaß. Irgendwann blieb das Brett einfach im Schrank und ward nie wieder in die Hand genommen.

Ein bisschen habe ich gelernt – und es geht nicht mehr weg

Heute blicke ich auf vier bis fünf Jahre voller Spaß, blauer Flecken, aufgeschürfter Ellenbogen und Knie, einer ausgekugelten Schulter und Frust zurück. Ganz sicher waren wir am Ende doch nur Mitläufer, die einfach auf einen Hype aufgesprungen waren, der sich leider nicht als dauerhafte Leidenschaft festgesetzt hat.

Oder vielleicht doch? Mittlerweile sind seitdem knapp 20 Jahre vergangen und heute würden meine lädierten Knie es noch nicht einmal schaffen, für einen Ollie in die Hocke zu gehen. Und doch ist etwas auch nach all den Jahren geblieben: Die Erinnerung an das euphorische Gefühl, einen Trick zum ersten Mal zu landen und das Wissen, dass sich Zielstrebigkeit und ein (bei mir zumindest vorübergehend) eiserner Wille bezahlt machen.

Und bis heute hält der Respekt für Skate-Talente an, die mit ihren Videos für Staunen sorgen: Der YouTube-Algorithmus spült mir in schöner Regelmäßigkeit Ausschnitte aus Wettbewerben oder von Filmdrehs in den Feed und bei Instagram folge ich unter anderem dem bekannten Skater Daewon Song.

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Das Brett ist weg, aber die Träume bleiben

Auch wenn ich nicht mehr aktiv skate, so bin ich ein passiver Fan des Sports geblieben und erfreue mich an neuen Bestleistungen, tollen Trick-Kombinationen und irren Manövern in der Halfpipe oder auf der Straße. Das alles fing an mit einem Videospiel daheim vor der Mattscheibe.

„Tony Hawk’s Pro Skater“ sei Dank habe ich für einige Jahre einen kleinen Einblick in diese Szene bekommen und noch immer kann ich an keinem Treppengeländer vorbeilaufen, ohne mir vor dem geistigen Auge vorzustellen, wie ich selbst herunterspringe oder entlangschlittere.

Man wird ja noch träumen dürfen.

Themen Meinung Videospiele
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