1. Februar 2021, 14:27 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Video-Streaming boomt. Für Inhalte zahlen die Abonnenten monatlich eine Gebühr. Im Vergleich zum linearen TV gibt es dann viele neue Filme, Serien und Dokus jederzeit auf Abruf – und das sogar werbefrei. Oder? Sky macht hier eine Ausnahme und blendet Werbung ein, und das sogar relativ häufig. Warum eigentlich, fragte sich auch unsere Redakteurin.
Seit etwa einem Jahr habe ich ein Abo von Sky Q. Für monatlich 25 Euro bekomme ich das Entertainment- und das Cinema-Paket in hochauflösender Qualität. Ideal für mich als Serien- und Filme-Fan. Im Vergleich zu den Abos von Netflix, Amazon Prime Video oder Disney+ zahle ich bei Sky zwar mehr, dafür bekomme ich aber auch zusätzliche TV-Sender, die ich ab und zu ganz gern schaue. Insgesamt also ein rundes Paket. Wenn da nicht die Werbung wäre.
Werbung bei Sky – die hatte ich nicht erwartet
Bevor ich mich im Frühjahr 2020 für ein Abo von Sky Q entschieden habe, waren Netflix und Amazon Prime die primären Plattformen, auf denen ich meine Streaming-Leidenschaft ausgelebt habe. Ich war es also gewohnt, Inhalte werbefrei abspielen zu können. Hin und wieder blendet Amazon vor dem Start eines Films oder einer Serie zwar Teaser für neue Produktionen ein, diese lassen sich mit einem Klick aber überspringen. Sie stellten für mich also nie ein Problem dar.
Leider läuft mir die Werbung bei Sky ständig über den Weg. Vor dem Start eines Video-on-Demand-Filmes muss ich nicht selten drei, vier oder fünf Werbespots von gern mal 30 Sekunden Länge über mich ergehen lassen, bevor der Titel startet. Das sind mitunter mehr als zwei Minuten Werbung – für Autos, Versicherungen, Sportprogramme –, die ich mir ansehen muss. Ich habe auch keine Möglichkeit, die Einblendungen zu überspringen. Schaue ich TV-Sender wie Sky Krimi HD, blendet der Anbieter zwischen den einzelnen Serien ebenfalls Werbung ein. Das würde ich mir vielleicht sogar gefallen lassen, immerhin lassen sich so die einzelnen Folgen klar voneinander abtrennen. Unnötig und unverständlich sind für mich aber die Werbeunterbrechungen innerhalb einer Folge – sie erinnern mich fast schon an die privaten Sender im linearen TV. Sky blendet auch nicht nur einen oder zwei Werbespots ein, sondern eine ganze Hand voll.
Lesen Sie auch: „Disney+, behandle deine Kunden besser!“
Sky im Vergleich mit Netflix und Amazon Video
Übertreibe ich? Vielleicht, aber immerhin zahle ich für das Abo monatlich 25 Euro. Zum Vergleich: Amazon Video kostet mich monatlich 5,75 Euro, dazu gibt es noch die anderen Prime-Vorteile. Für Netflix zahle ich aktuell 15,99 Euro, mit der Preiserhöhung bald 17,99 Euro im Monat, kann mir den Account aber teilen. Netflix ist damit auch nicht günstig, kostet immerhin aber 7 Euro im Monat weniger als Sky. Und, und das ist der entscheidende Punkt, beide Streaming-Dienste kommen ohne Werbung aus. Dennoch schaffen sie es, exklusive Inhalte zu produzieren und ihr Programm jeden Monat teils sehr umfangreich zu erweitern. Sowohl Netflix als auch Amazon Video sind schließlich nicht ohne Grund für ihre Eigenproduktionen bekannt.
Beide Streaming-Anbieter schaffen es also, ihren Kunden neuen, exklusiven Content bereitzustellen, auf Werbung zu verzichten und dennoch die Monatsgebühren im Rahmen zu halten. Auch Sky bietet Eigenproduktionen an. Beispiele sind hier die Serien „Riviera“, „A Discovery of Witches“ oder „Tin Star“. Zusätzlich kauft der Anbieter Lizenzen für größere Produktionen und Kinofilme – Netflix und Amazon Video allerdings auch. Warum schafft es Sky also bei einer derart hohen Monatsgebühr nicht, auf Werbung zu verzichten?
Ich bin nicht allein mit meinem Ärger
Innerhalb der Sky Community findet man einige Beiträge, in denen Kunden sich die gleiche Frage stellen. „Warum muss ich mir bei jedem Senderwechsel zusätzlich Werbung angucken, um dann festzustellen, dass dort auch nur Werbung läuft?“ oder „Die vorgeschaltete Werbung vor jeder (!!) Folge ist frech und mehr als unangebracht“, heißt es beispielsweise im Forum. Ein anderer Nutzer reagiert darauf mit „Mich nervt das bei Q auch! Man hat echt keine Lust irgendeine Serie anzufangen, da laufend etliche Werbespots kommen.“
Wieder ein anderer geht sogar soweit, dass er sich sogar überlegt hätte, ein Abo abzuschließen, hätte er vorher von der Werbung gewusst. „Bin erst seit kurzem Sky-Kunde und hätte ich vorher gewußt, dass ich hier massig Werbung vorgesetzt bekomme, bevor ich endlich einen Film oder Serie schauen kann, hätte ich vermutlich kein Abo abgeschlossen.“
Einträge dieser Art finden sich einige. Eines ist den Urhebern der Posts gemein: Sie sind von der Werbung auf Sky genervt. Dem Anbieter scheint das egal zu sein, diesen Vorwurf spreche ich hier offen aus. Denn auf der eigenen Webseite bewirbt Sky Media die Lukrativität von Werbeeinblendungen, der sogenannten 30-Sekünder, in hohem Maße und hofft damit, weitere Werbepartner an Land zu ziehen. Hier heißt es im Detail:
„Klassische Spots im Werbeblock eignen sich hervorragend, um Produkte und Dienstleistungen zu präsentieren und binnen eines kurzen Zeitraums hohe Bekanntheitswerte zu erzielen. Der 30-Sekünder ist allein deine Fläche und bietet somit die Möglichkeit zum Aufbau von Brand Value sowie zur Erklärung von Produkten und Dienstleistungen und deren USPs.“
Zitat: Sky Media
Die Werbung hat der Anbieter dabei für die Umfelder Sky Sport HD und Sky Bundesliga HD, die Entertainment-Sender sowie Network Channels vorgesehen.
Warum stößt Sky seien Kunden durch die Werbung vor den Kopf? Stimmt etwas im Finanzmanagement des Anbieters nicht, dass er auf die Extraeinnahmen durch die Werbung angewiesen ist? Oder nimmt er sie schlichtweg mit, weil er es kann? Erst vor Kurzem hat das Unternehmen eine neue, einheitliche Preisstruktur eingeführt. Unterschiedliche Kosten für das gleiche Abo soll es damit nicht mehr geben. Sky kann also künftig besser kalkulieren, würde man meinen. Doch ein Ende der Werbung ist dennoch nicht in Sicht.
TECHBOOK hat bei Sky angefragt, warum das Unternehmen so agiert. Hinsichtlich meiner Vermutungen muss sich Sky natürlich äußern dürfen. Denn ich spreche schließlich nur aus Nutzersicht.
Bei Sky ist die Werbevermarktung bereits seit langer Zeit fest im Geschäftsmodell verankert. Auch in Zukunft wird sie weiterhin ein relevanter Bestandteil bleiben, der zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und damit auch zu neuen Investitionen für unsere Zuschauer*innen, etwa in Content, beiträgt. Werbung ist bei uns grundsätzlich auf kurze Slots begrenzt, hat einen qualitativen Anspruch und bindet auch ungewöhnliche, kreative Sonderwerbeformen mit ein. Dabei integrieren wir die Werbeblöcke stets harmonisch und sehr kundenfreundlich in das jeweilige Umfeld.
Sprecher*in von Sky Deutschland gegenüber TECHBOOK.de
Deshalb zeigt Sky Werbung und andere nicht
Nun ist es Zeit, die Nutzersicht zu verlassen und als Redakteurin die Sache etwas genauer zu beleuchten. Denn ob es zu viel Werbung ist oder ob es auch ganz ohne möglich wäre kann man von außen schlecht beurteilen und auch Unternehmen lassen sich nicht so tief in die Karten schauen. Ich bin auf zwei Punkte gestoßen, die jeder im Hinterkopf haben sollte, der über die Werbung bei Sky schimpft. Diese sind zwar nicht offiziell von Sky bestätigt, aber durchaus einleuchtend für die Einblendung von Werbung.
1. Sky Deutschland agiert nicht global
Ein großer Unterschied zwischen Sky und den Streaming-Diensten ist das Operationsgebiet. Klar gibt es den Pay-TV-Sender auch in anderen Ländern, aber jedes Land agiert dennoch finanziell unabhängig voneinander. Das sieht man beispielsweise beim Rechteeinkauf. Hier kauft das entsprechende Land die Rechte an Inhalten immer nur für sich selbst ein. Dementsprechend kann das Geschäftsmodell des Senders eigentlich gar nicht dem der Konkurrenten entsprechen.
Während das Geschäftsmodell von Netflix auf weltweitem Wachstum beruht und somit auch enorme Investitionen rechtfertig, muss ein national agierender Pay-TV-Sender wie Sky sich am deutschen Markt behaupten. Im Gegensatz zu den USA ist die TV-Kultur hierzulande aber anders. Pay-TV erfreut sich zwar im Bereich von Fußballübertragungen großer Beliebtheit, aber grundsätzlich herrscht in Deutschland eine andere Mentalität. Das Free-TV dominiert.
Die hierzulande arbeitenden Streaming-Dienste scheinen Segen und Fluch für Sky zu sein. Zum einen haben sie es in Deutschland ein ganzes Stück salonfähiger gemacht, für Medieninhalte im Abo zu bezahlen. Davon profitiert sicherlich auch Sky mit seinem monatlich kündbaren Sky-Ticket-Angebot. Auf der anderen Seite ist die Konkurrenz natürlich auch ein Problem, denn Kunden können oder wollen sich nur selten alle Dienste leisten.
2. Streaming-Dienste sind nicht gewinnorientiert
Auf Punkt eins aufbauend zeigt sich ein weiterer riesiger Unterschied zwischen einem deutschen Pay-TV-Sender und einem internationalen Streaming-Dienst. Wie bereits erwähnt sind Anbieter wie Netflix oder Amazon wachstumsorientiert, Sky handelt aber gewinnorientiert. Netflix konnte in der Vergangenheit auch Verluste in Kauf nehmen, Sky kann das nicht.
Ähnliches gilt übrigens auch für Amazon Prime Video. Für den Internet-Riesen dürfte sein Streaming-Dienst in erster Linie ein Mittel sein, um Prime-Abos an den Mann zu bringen. Verluste in diesem Bereich kann der Konzern, der mehrere Milliarden Dollar pro Jahr an Gewinn einfährt, daher deutlich einfacher kompensieren.
Wenn Gewinn nicht die oberste Priorität hat, haben auch Werbeeinblendungen es nicht. Man will die Nutzer schließlich nicht verärgern. Man muss wachsen und das ständig.
Lesen Sie auch: Die neuen Serien und Filme auf Sky
Vergleich Sky-Abo vs. Sky Ticket – was lohnt sich für wen?
Netflix, Amazon, Sky, Disney+, … Video-Streaming-Dienste im großen Vergleich
Angebot, Kosten, Laufzeit Amazon Channels – das flexible Streaming-Angebot im Check
Am Ende bleibe ich als Nutzerin inkonsequent
Ich habe meinem Ärger Luft gemacht, erfahren, dass nicht nur mich die Werbung bei Sky nervt, die Sichtweise des Unternehmens erfahren und auch selbst recherchiert. Am Ende muss ich meine Schlüsse ziehen. Kündige ich mein Sky-Q-Abo zu Ende Februar, oder verlängere ich es? Am Ende bleibe ich inkonsequent, könnte man wohl sagen. Ich habe Sky Q verlängert – und das nicht nur um einen Monat, wie ich es im neuen Abomodell nun könnte, sondern erneut um ein Jahr. Ich bin die Werbung mittlerweile wohl einfach gewohnt. Im Radio, im TV und auch auf der Straße werde ich mit ihr geradezu zugeballert. Die Lust auf Serien und Filmen überwiegt einfach. Also ärgere ich mich weiter über Werbeunterbrechungen, schaue nebenbei TV und hoffe, dass Sky seinen Kunden irgendwann doch noch entgegen kommt.