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Geschichte

Was ist eigentlich aus dem einst größten Webportal Yahoo geworden?

Yahoo-Schriftzug und Logo in Browser
Bei diesem Schriftzug wird so manch einer nostalgisch! Yahoo war eine Zeit lang jedem ein Begriff. Foto: Getty Images
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

21. Juli 2023, 13:30 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Es gab eine Zeit, in der an Yahoo praktisch kein Vorbeikommen war, dann wurde es allerdings um das Webportal. TECHBOOK schaut sich die Entwicklung von Yahoo genauer an.

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Manchmal reicht der Flügelschlag eines Schmetterlings, um Geschichten in eine ganz andere Richtung zu verändern. Das einst größte Webportal Yahoo versinnbildlicht diesen Effekt am besten. In den Anfängen des Internetbooms trägt Yahoo eine riesengroße Hausnummer. In der Folge verpasst der Web-Pionier eine Menge großer Chancen. Außerdem hat es Yahoo nicht hinbekommen, einen echten Markenkern zu definieren. Während Google irgendwann den Plan hat, zur größten Suchmaschine aufzusteigen oder Facebook den Begriff Social Media mit Leben füllt, bleibt Yahoo ein buntes Kaufhaus ohne echtes Kernprodukt. Daher ist die Geschichte von Yahoo auch eine Erzählung eines schleichenden Niedergangs.

Als das Internet in den 1990er-Jahren heimische Stuben erobert, sitzen die meisten Menschen noch weitestgehend planlos vor dem Monitor. Deswegen feiern vor allem digitale Helfer, die für Orientierung sorgen, in den Anfängen große Erfolge.

Einer davon ist AOL. Parallel dazu betritt im Jahr 1994 Yahoo die Internetbühne. Der ursprüngliche Name lautet allerdings „Jerry and David’s Guide to the World Wide Web“. Der Name bezieht sich auf seine Erschaffer Jerry Yang und David Filo.

Yahoo presst das Internet in einen Webkatalog

Der Name ist zunächst tatsächlich Programm. Yahoo sieht sich als Webkatalog oder Webportal, das Menschen auf der Suche nach den besten Websites helfen möchte. Ähnlich wie bei AOL bildet Yahoo nicht das komplette Internet ab. Stattdessen bekommen Besucherinnen und Besucher eine kleine, redaktionelle Auswahl an Websites präsentiert. Wie in einem Katalog kann man bei Yahoo in Kategorien stöbern, etwa nach Nachrichten, Sport, Politik oder Unterhaltung. In jeder Kategorie warten unzählige Websites darauf, entdeckt zu werden.

Damit das Angebot möglichst attraktiv aufbereitet erscheint, beschäftigt Yahoo ein riesiges Redaktionsteam. Echte Menschen durchforsten das World Wide Web nach den coolsten Plätzen im Internet und präsentieren diese anschaulich im Yahoo-Webkatalog – und zwar kostenlos für Nutzer. Das Webportal lebt zunächst nur von Anzeigenkunden.

Yahoo Groups und Mail als weitere Standbeine

Neben diesem Webkatalog sorgen zwei weitere Services für den steilen Aufstieg des Unternehmens. Einer nennt sich Yahoo Groups; dahinter verbirgt sich ein Forensystem. Internetforen sind damals einfache Vorläufer von sozialen Medien. Dort treffen sich Menschen und tauschen sich über ihr gemeinsames Hobby, die Lieblingsserie im TV oder Kochrezepte aus.

Als die Yahoo Groups Ende 2020 geschlossen werden, sorgt das für einen mächtigen Aufschrei innerhalb der Netzgemeinde. Das verdeutlicht, welche Bedeutung dieses riesige Forensystem auch heute noch gehabt hat, trotz Facebook, Twitter oder anderer sozialer Medien.

Das dritte wichtige Standbein von Yahoo nennt sich Yahoo Mail. Das Unternehmen bot damals eine kostenlose E-Mail-Adresse an. Die Yahoo-Mailadressen funktionieren heute noch. Wer sich allerdings jetzt mit einer Yahoo-Adresse outet, erntet gegebenenfalls irritierte Blicke.

Großer Erfolg, aber auch große Fehler

Ende der 1990er-Jahre ist alles ganz anders als heute; Yahoo gehört zu den Giganten im Internet. Im Jahr 2000 knackt das Unternehmen erstmalig die Milliarden-Dollar-Umsatzgrenze. In der Folge wird Yahoo diesen Bereich auch nicht mehr verlassen, sondern sogar noch weiterwachsen.

Doch schon zu diesem Zeitpunkt zeichnet sich ab: Yahoo gibt zwar Menschen Orientierung im Netz, verliert allerdings selbst mehr und mehr die Orientierung in Sachen tragfähiges Geschäftsmodell. Gerade zu Beginn der 2000er-Jahre schießen unzählige Startup-Unternehmen auf der ganzen Welt aus dem Boden. Darunter befinden sich auch damals noch unbekannte Unternehmen wie Google oder Facebook.

Plötzlich wächst die Bedeutung von Suchmaschinen im Netz. Yahoo hält dennoch weiterhin an seinem Webkatalog fest. Zwar hat sich das Unternehmen inzwischen mit dem früheren Suchmaschinen-Giganten Altavista zusammengetan. Außerdem arbeitet Yahoo bei der Internetsuche bereits lose mit Microsoft zusammen.

Yahoo macht Google und Facebook Konkurrenz

Die Entscheider bei Yahoo nehmen Google auch wahr. Das Potenzial schätzten sie allerdings falsch ein. Im Jahr 2002 versucht Yahoo Google sogar zu kaufen. Die Verhandlungen darüber betreibt das Unternehmen allerdings halbherzig. So scheitert eine Übernahme. Als Google 2004 an die Börse geht, verkauft Yahoo die eigenen Anteile an dem Suchmaschinenunternehmen zu einem Preis von 80 US-Dollar pro Aktie. Später wird der Wert der Aktie um ein Vielfaches höher liegen – der frühzeitige Aktienverkauf, ebenfalls ein strategischer Fehler.

Die Geschichte geht allerdings noch unglaublicher weiter. Im Jahr 2006 steht Yahoo in aussichtsreichen Verhandlungen mit einem gewissen Mark Zuckerberg. Dieser hat gerade mit Facebook ein soziales Netzwerk gegründet. Yahoo möchte Facebook in das eigene Firmenimperium eingliedern.

Zunächst sieht es auch gar nicht schlecht aus. Doch Mark Zuckerberg soll damals Zweifel bekommen haben, ob Yahoo überhaupt verstanden habe, in welche Richtung Facebook gehen soll. Deswegen zieht er sich aus den Verhandlungen zurück und beschreitet seinen Weg allein. Im Nachhinein sicherlich keine falsche Entscheidung. Für Yahoo allerdings nun schon der zweite geschäftliche Klops hintereinander. Die Folgen für das Unternehmen schlagen sich schon bald in den Umsatzzahlen nieder. Ab dem Jahr 2009 gehen diese auf Talfahrt.

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Die Talfahrt von Yahoo beginnt

Die Geschäftsführung versucht alles, um die Entwicklung wieder umzukehren. Yahoo arbeitet ab Anfang der 2010er-Jahre enger mit Microsoft zusammen. Die Yahoo Suche verknüpft das Unternehmen mit der Microsoft-Suchmaschine Bing. Außerdem übernimmt Yahoo die Blogging-Plattform Tumblr im Jahr 2013. Die Foto-Plattform Flickr gehört schon länger zum Yahoo Webportal.

Die Erfolge bleiben allerdings aus. Dabei hat seit dem Jahr 2012 die ehemalige Vizepräsidentin von Google, Marissa Mayer, bei Yahoo das Sagen. Ausgerechnet eine ehemalige Google-Mitarbeiterin sorgt letztlich für den endgültigen Niedergang des einstigen Web-Pioniers. Fairerweise muss allerdings angemerkt werden, die falschen Entscheidungen haben andere Personen in verantwortlicher Position bereits vorher getroffen.

Marissa Mayer bemüht sich, Yahoo ein neues Image zu verpassen. Die neue Chefin versucht das Unternehmen im Segment digitale Magazine auf Smartphones und Tablets zu etablieren. Dazu entwickelt sie eigene Formate für die Bereiche Essen und Technologie.

Um im wachsenden Streaming-Markt Fuß zu fassen, gründet Marissa Mayer die eigene Videoplattform Yahoo Screen. Das Unternehmen lässt dafür sogar eigene Formate produzieren. Doch sowohl bei den digitalen Magazinen als auch beim Streaming gibt es inzwischen viel bessere Angebote. Yahoo hinkt der Entwicklung hinterher.

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Verkauf besiegelt das Ende

Im Jahr 2016 passiert das Erwartbare: Yahoo wandert für einen Preis von 4,5 Milliarden US-Dollar an das Telekommunikationsunternehmen Verizon. Für einen ähnlichen Preis hat sich Verizon mit AOL bereits einen anderen einstigen Internet-Giganten geschnappt. Der neue Besitzer möchte AOL und Yahoo zusammenlegen, um anschließend Google und Facebook im Bereich Online-Werbung Konkurrenz zu machen.

Auch dieses Unterfangen scheitert. Im Jahr 2021 verscherbelt Verizon die Marken AOL und Yahoo für zusammen knapp fünf Milliarden US-Dollar an die Private-Equity-Gesellschaft Apollo Global Management. Der Niedergang von Yahoo ist damit perfekt.

Einst hatte Yahoo einen Marktwert von mehr als 125 Milliarden US-Dollar. Die gescheiterten Verhandlungen mit Google und Facebook haben die Zukunft des früheren Web-Pioniers maßgeblich bestimmt. Zwei Entscheidungen, vergleichbar mit dem Flügelschlag eines Schmetterlings, allerdings im Rückblick mit massiven Auswirkungen für die unternehmerische Zukunft von Yahoo.

Heute präsentiert sich das deutsche Yahoo als Nachrichtenportal ohne größere Relevanz. Kein Webportal, keine Foren, nur Yahoo Mail hat überlebt. Wer heute noch eine Yahoo-Mailadresse besitzt, hat einen Großteil der Internet-Geschichte und damit auch von Yahoo miterlebt.

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