6. April 2022, 12:00 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ob QR-Code am Kneipentresen, WLAN in der S-Bahn oder der digitale Check-in vor dem Flug: Das Internet ist im Alltag vieler allgegenwärtig. Trotzdem gibt es noch immer Millionen in Deutschland, die fast nicht oder sogar noch nie im Netz unterwegs waren. Doch warum und wie viele leben tatsächlich ohne Internet?
Es gibt sie tatsächlich noch in Deutschland, und es sind gar nicht so wenige: Menschen, die ohne Internet leben, es teilweise sogar noch nie genutzt haben. Was für viele unvorstellbar scheint, ist für gar nicht so wenige Realität. Das Statistische Bundesamt hat nun aktuelle Zahlen vorgelegt.
Millionen in Deutschland ohne Internet
Laut Bundesamt leben in Deutschland rund sechs Prozent der Bundesbürger zwischen 16 und 74 Jahren ohne Internetzugang. Das entspricht rund 3,8 Millionen Menschen im Land, teilten die Statistiker am Dienstag in Wiesbaden mit. Diese Zahlen stammen aus dem vergangenen Jahr 2021. Die Erhebung der Zahlen bezieht sich explizit auf private Haushalte. Kein Internet bedeutet unter anderem: kein Streaming, keine Navigationsgeräte, keine Messenger, kein Online-Shopping oder -Banking, kein ständiger Informationsfluss, keine Online-Terminbuchung etc. Möglich ist das natürlich, aber wen betrifft das überhaupt?
Ältere Personen leben öfter offline
Nach Angaben des Digitalverbandes Bitkom ist die Zahl der Personen ohne Internet gerade in der jungen Altersgruppe bis 30 Jahre sehr überschaubar. „In unseren repräsentativen Umfragen geben regelmäßig fast 100 Prozent der Teilnehmenden unter 30 und übrigens auch unter 50 Jahren an, das Internet in den vergangen Tagen und Wochen genutzt zu haben“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder am Dienstag auf Anfrage. Demnach hat so gut wie niemand zwischen 16 und 29 Jahren regelmäßig bewusst auf das Internet verzichtet.
Deutlich größer ist der Anteil in den älteren Jahrgängen. Denn auch das zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Je älter die Menschen, desto höher der Anteil der Personen ohne Internet. Mit rund 21 Prozent am größten sei er bei den 65- bis 74-Jährigen, erklärte das Bundesamt. Bei den 55- bis 64-Jährigen beträgt der Anteil acht Prozent. Wie hoch er bei den über 74-Jährigen ist, geht aus den Zahlen der Statistiker nicht hervor. „Dies lässt den Schluss zu, dass derzeit noch weit mehr Menschen offline sind“, sagte die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen, Regina Görner, der Deutschen Presse-Agentur.
Gerade für junge Menschen ist das Internet und dabei vor allem das Smartphone ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Alltags. Aber gibt es auch unter ihnen einen Anteil, der noch nie im Internet war? Ganz einfach lässt sich das nicht beantworten. Den Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge sind zumindest bei den unter 55-Jährigen immerhin drei Prozent sogenannte Offliner.
Pandemie erschwert Leben ohne Internet
Aber warum gibt es gerade unter Älteren so viele Menschen, die ohne Internet leben? Regina Görner führt dies unter anderem darauf zurück, dass bei vielen die finanziellen Möglichkeiten fehlten, sich mit digitalen Geräten auszustatten oder einen Internetanschluss zu bezahlen. „Auch sehen sie eher die Gefahren als den Nutzen und haben nur geringes Vertrauen in ihre Lernfähigkeit, um eine souveräne Nutzung auf diesem komplexen Gebiet sicherzustellen.“
Das Leben dieser Offliner sei in der Corona-Pandemie noch umständlicher geworden, erklärte das Bundesamt. Dabei verwies es verwies auf den digitalen Impfnachweis und die vielerorts zwischenzeitlich nötigen Online-Terminbuchungen. Vergleiche zu den Vorjahren seien wegen methodischer Änderungen nur sehr eingeschränkt möglich.
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Deutschland im Vergleich unter Durchschnitt
In der Europäischen Union betrug der Durchschnitt an Menschen ohne Internet im vergangenen Jahr rund acht Prozent. Innerhalb der EU gebe es aber große Unterschiede, erläuterte das Bundesamt unter Verweis auf die Statistikbehörde Eurostat. In Irland, den skandinavischen Staaten, den Niederlanden und Luxemburg etwa lag der Anteil der 16- bis 74-Jährigen, die noch nie das Internet genutzt haben, unter fünf Prozent. Die höchsten Anteile verzeichneten Griechenland mit 20 Prozent, Bulgarien mit 17 und Portugal mit 16 Prozent.
Weltweit waren nach Schätzungen der Internationalen Fernmeldeunion der Vereinten Nationen (ITU) 37 Prozent der Weltbevölkerung noch nie im Internet. Das sind rund rund 2,9 Milliarden Menschen.