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Nachgefragt

Was das Finanzamt alles über Sie weiß

Mann hält mehrere 50-Euro-Banknoten in Händen
Unter anderem durch die Steuererklärung erhält das Finanzamt umfassende persönliche Informationen Foto: Getty Images
Madlen Schäfer

29. Dezember 2024, 16:25 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Jedes Jahr geben viele Bürger hierzulande ihre Steuererklärung ab. An diesem Punkt haben wahrscheinlich die meisten Kontakt mit dem Finanzamt. Doch die Institution fordert nicht nur Steuern, sie sammelt auch viele Daten.

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Jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland gibt seine Steuererklärung beim Finanzamt ab. Doch was weiß das Finanzamt alles über die Bürger? TECHBOOK hat beim Lohnsteuerhilfeverein „Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V.“ und einem Anwalt nachgefragt.

Datenübermittlung fast nur noch elektronisch

Überwiegend erfolgt die Datenübermittlung mittlerweile auf dem digitalen Weg. Das Finanzamt ermöglicht das online über sein Portal „Elster“. Dieses ist seit Januar 2013 besonders beliebt, denn damals führt man die „ELStAM“, die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale, ein.

„Die Einführung bedeutete zugleich das Ende einer Ära, denn die ELStAM ersetzten die Lohnsteuerkarte aus Papier. Deshalb werden die ELStAM heute auch gerne als ‚elektronische Lohnsteuerkarte‘ bezeichnet“, erklärt Christina Georgiadis vom Lohnsteuerhilfeverein.

Diese Daten sammelt das Finanzamt

„Letztlich sind alle Daten relevant, die Informationen über Einkommen und Vermögen verraten. Dementsprechend verarbeitet die deutsche Finanzverwaltung in großem Umfang personenbezogene Daten und verfügt zudem über eine enorme Vielzahl an Informationen aus zahlreichen unterschiedlichen Quellen, auch von Dritten“, erklärt Anwalt Christian Solmecke, der sich auf Beratung in der Internet- und IT-Branche spezialisiert hat.

Folgende Daten verwendet das Finanzamt:

  • die persönliche Identifikationsnummer
  • die Steuernummer
  • die Kontaktangaben (Vor- und Nachname, Adresse, Geburtsdatum und -ort, E-Mail-Adresse und Telefonnummer)
  • der Familienstand
  • der Beruf
  • die Religionszugehörigkeit
  • die Beiträge der Kranken- und Pflegeversicherung
  • die Beiträge zu Rürup- oder Riesterrente
  • die Daten des Arbeitgebers zum Arbeitslohn
  • die Daten von Banken, etwa vom Kapitalertragssteuerabzug freigestellte Kapitalerträge

Wie lange dürfen die Daten gespeichert werden?

Rechtlich gesehen tritt der Datenschutz hinter das staatliche Interesse an lückenloser Besteuerung zurück. Daran würde auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nichts ändern. Doch wie lange speichert das Finanzamt meine Daten? „Personenbezogene Daten werden so lange gespeichert, wie sie für das Besteuerungsverfahren erforderlich sind“, sagt Anwalt Solmecke. Als Grundlage hierfür gelten die steuerlichen Verjährungsfristen.

Eine Auskunftspflicht gegenüber der betroffenen Person hat die Finanzbehörde, wenn sie personenbezogene Daten zu dieser Person erhebt oder beabsichtigt, diese weiterzuverarbeiten. „Diese Informationspflichten bestehen jedoch u. a. dann nicht, wenn und soweit die betroffene Person bereits über die Informationen verfügt. Hiervon ist z. B. dann auszugehen, soweit ein allgemeines Informationsschreiben gemäß § 32d Abs. 2 Abgabenordnung mit Hinweis auf ein – z. B. im Internet – veröffentlichtes Merkblatt übermittelt worden ist. In diesen Fällen werden die Personen nicht persönlich informiert, sondern die Information ist für jedermann im Netz einsehbar“, sagt Rechtsanwalt Solmecke.

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Darf das Finanzamt in mein Bankkonto schauen?

Ja, das Finanzamt darf auf Ihre Konten zugreifen und die Daten dort einsehen, wie der Lohnsteuerhilfeverein auf der Internetseite mitteilt. Und das ist nicht neu, bereits seit 2005 hat das Finanzamt die Möglichkeit, einen Kontenabruf zu beantragen. Dazu berechtigt ist das Finanzamt, wenn ein steuerpflichtiger Verbraucher keine Informationen über das eigene Einkommen abgeben kann oder will. Durch dieses Gesetz ist es der Regierung möglich gewesen, Steuerhinterziehung deutlich zu erschweren.

Das Besondere: Wenn eine Behörde einen Kontenabruf startet, dürfen die Banken darüber nicht informiert werden. Außerdem erhält auch das Finanzamt nur bestimmte Daten. Etwa darf es nicht den Kontostand oder die Umsätze auf dem Konto abfragen.

Kann ich gegen die Weitergabe meiner Daten vorgehen?

Alle Daten, die Sie in der Steuererklärung angeben, unterliegen dem Steuergeheimnis. Das bedeutet: „Als Verbraucher habe ich keinerlei Nachteile zu befürchten“, sagt Christina Georgiadis vom Lohnsteuerhilfeverein. Daten, die dazu dienen könnten, weniger Steuern zahlen zu müssen, sollten dem Finanzamt auf keinen Fall vorenthalten werden. „Dieser ‚Datenschutz‘ kostet Geld. Daten über steuerpflichtige Einnahmen zu verheimlichen nennt sich Steuerhinterziehung. Das ist eine Straftat und kann neben Geld auch die Freiheit kosten. Lohnt also auch nicht“, sagt Georgiadis.

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Kann ich trotzdem gegen die Nutzung meiner Daten Widerspruch einlegen? Die von der Datenverarbeitung betroffenen Personen haben verschiedene Möglichkeiten. „So hat die betroffene Person das Recht, von der verantwortlichen Finanzbehörde eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob personenbezogene Daten von der Finanzbehörde verarbeitet werden. Ist dies der Fall, hat man ein Recht auf Auskunft. Doch auch hier gibt es zahlreiche Ausnahmen. So gibt es z. B. kein Recht auf Auskunft, wenn dadurch die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet würde, oder die Behörde ihre Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen könnte“, erklärt Solmecke.

Außerdem haben Betroffene das Recht, von der verantwortlichen Finanzbehörde unverzüglich die Berichtigung unkorrekter personenbezogener Daten zu verlangen. Sie können von der verantwortlichen Finanzbehörde zudem verlangen, dass betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden. „Aber: Das Recht auf Löschung und die Verpflichtung zum Löschen besteht immer dann nicht, soweit die Verarbeitung durch die Finanzbehörde erforderlich ist“, sagt Christian Solmecke.

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Welche Gefahren gibt es durch die Digitalisierung beim Finanzamt?

Immer mehr Menschen nutzen das Online-Finanzamt Elster. Die Umstellung auf ELStAM hat viele Verfahren vereinfacht. „Das ist zum Beispiel bei einem Wechsel der Steuerklasse oder bei der Eintragung eines Kinderfreibetrags nötig. Wer beispielsweise heiratet oder aus der Kirche austritt, macht das zwar nach wie vor im Bürgerbüro der Stadt oder Gemeinde, die Stadt- oder Gemeindeverwaltung gibt nun aber die Daten direkt elektronisch an die Finanzverwaltung weiter. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Aufwand“, sagt Christina Georgiadis.

Aber es lauern auch potenzielle Gefahren. Vor allem Datensicherheit ist hierbei ein wichtiges Thema. „Professionelle Cyberkriminelle sind den Behörden oftmals einen Schritt voraus. Eine zunehmende Digitalisierung birgt daher immer auch die Gefahr von Datendiebstählen“, gibt Christian Solmecke zu bedenken. Zusätzlich führe die zunehmende Digitalisierung auch dazu, dass es zu einem Stellenabbau beim Fiskus komme. Auch dies kann negative Konsequenzen haben. „Immer weniger Steuerbeamte müssen immer mehr Steuerklärungen prüfen, was unweigerlich zu Fehlern führt. So werden immer wieder elektronische Meldungen ungeprüft übernommen, ohne den Steuerzahler ausreichend zu informieren“, sagt Solmecke.

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