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Die Telefonzelle in Frankreich, die permanent klingelt

Eine Glückskatze im französischen Murbach – und im Hintergrund die letzte noch funktionierende Telefonzelle in Frankreich
Eine Glückskatze im französischen Murbach – und im Hintergrund die letzte noch funktionierende Telefonzelle in Frankreich Foto: picture alliance/dpa/SWD - Südwestdeutsches Mediennetzwerk GmbH
Marlene Polywka Techbook
Redakteurin

6. August 2024, 11:24 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

In der kleinen französischen Gemeinde Murbach gibt es seit Kurzem eine neue Attraktion: eine Telefonzelle. Das Besondere an dieser speziellen Telefonzelle ist, dass sie seit Neuestem permanent klingelt. TECHBOOK erklärt, warum das so ist und wie es dazu kam.

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Für die einen sind Telefonzellen nostalgische Artefakte, die eine Brücke in eine Vergangenheit schlagen, in der noch nicht alle ein eigenes Telefon hatten – von einem Smartphone ganz zu schweigen. Für die anderen sind sie hingegen im besten Fall nutzlose und im schlimmsten Fall lästige Relikte, die niemand mehr braucht. So oder so werden Telefonzellen in den meisten Ländern zusehends deaktiviert und abgebaut, so auch in Frankreich. Mit einer einzigen Ausnahme und die sorgte zuletzt für Furore.

Die Vergangenheit lässt grüßen

Denn seit einem Bericht des französischen Magazins „Paris Match“ Anfang Juli steht das Telefon kaum noch still. Die Telefonzelle im Elsass ist nämlich die letzte funktionierende in ganz Frankreich. Das bestätigte auch der Nachfolger des früheren nationalen Telekommunikationsunternehmens, Orange, auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Tatsächlich gibt es noch zwei weitere öffentliche Telefone in Frankreich, die noch funktionieren – aber eben keine Telefonzellen. Inzwischen ist das Modell mit der Seriennummer 468 zu mehr als nationalem Ruhm gelangt.

Aus dem ganzen Land rufen seitdem Leute die Telefonzelle an. Nimmt jemand ab, wird das dann von der entsprechenden Person in einem Heft notiert, das in der Zelle ausliegt. Laut einem Bericht der dpa stehen dort inzwischen eine Reihe von Namen, oft auch von Touristen, die die letzte Telefonzelle Frankreichs auf ihrer Reise besuchen wollten.

Die letzte funktionierende Telefonzelle in Frankreich

Dass die Zelle permanent klingelt, hat übrigens auch damit zu tun, dass nur noch Anrufe eingehen können. Da man an dem Telefon nicht mehr bezahlen kann, sind ausgehende Anrufe auf zahlungspflichtige Nummern unmöglich. Auch der alte Schwarz-Weiß-Flüssigkristallbildschirm funktioniert nicht mehr. Und auch sonst ist die Zeit nicht spurlos an der Telefonzelle vorbeigegangen. Sogar die Türen wurden bereits abmontiert.

Der Begeisterung vieler Touristen schadet das nicht, denn eigentlich sollte es bereits seit 2018 keine öffentlichen Telefonzellen in Frankreich mehr geben – zumindest keine, die noch funktionieren. Der Protest war damals vor allem in ländlichen Gebieten groß, in denen das Mobilfunknetz stellenweise nur ungenügend ausgebaut war. Dennoch entschied sich der Staatskonzern Orange aufgrund der zu hohen Kosten und vergleichsweise seltenen Nutzung, die damals in Frankreich noch verbleibenden 1500 Telefonzellen nicht mehr zu betreiben und nach und nach abzubauen. Scheinbar wurde dabei aber das Telefonhäuschen 468 übersehen.

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Telefonzellen auch heute noch beliebt

Die knapp 170 Einwohner von Murbach wissen inzwischen um die Prominenz ihrer Telefonzelle, die in der Ecke eines öffentlichen Parkplatzes steht. Als Station auf der „Romanischen Straße“ im Elsass kommen ohnehin einige Touristen in den Ort Murbach, das nun neben seiner Architektur und der romanischen Klosterkirchen eben noch eine Sehenswürdigkeit mehr zu bieten hat.

Während die Telefonzelle in Frankreich als letzte Vertreterin ihrer Art für Furore sorgt, sieht die Situation in Deutschland ein bisschen anders aus. Ende 2021 entfiel der Versorgungsauftrag für Telefonzellen hierzulande. Im November 2022 wurde zudem die Zahloption mit Münzen an den verbliebenen Zellen eingestellt. Ende Januar 2023 wurde auch die Nutzung per Telefonkarte unmöglich – das restliche Guthaben kann man sich auszahlen lassen.

Nun sollen bis 2025 eigentlich alle Telefonzellen abgebaut werden. Wie aber unter anderem der „Stern“ erst vor wenigen Wochen berichtete, habe der Abbau vielerorts noch nicht einmal begonnen. Und das, obwohl die meisten Telefonzellen inzwischen bereits neue Besitzer haben. Denn nach der Nachricht des Telefonzellen-Aus in Deutschland begann ein regelrechter Run auf die alten Zellen. Vor allem die ikonischen gelben Häuschen sind dabei beliebt, aber auch die silbernen Säulen verkaufen sich wohl ausgesprochen gut. Bis zu 3000 Euro werden dabei auf einigen Internetportalen ausgerufen und das trotz des teilweise schlechten Zustandes der Modelle.

Wer noch gut erhaltene Zellen sehen möchte, kann das immerhin noch in einigen Museen. Allerdings funktionieren diese natürlich nicht mehr. Wer also noch eine echte Telefonzelle in Betrieb sehen will, muss dafür wohl nach Frankreich fahren.

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