4. April 2022, 13:57 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Sind Kryptowährungen und NFTs gute Investments oder ist der Hype darum schon wieder vorbei? Finanzexperte Carsten Maschmeyer beantwortet im großen TECHBOOK-Interview die wichtigsten Fragen, die man sich aktuell stellen sollte.
Vielen dürfte Carsten Maschmeyer als fester Bestandteil im Fernsehformat „Die Höhle der Löwen“ bekannt sein. Als Start-up-Investor ist der 62-Jährige in Dutzenden Unternehmen investiert. Auch als Buchautor machte er sich einen Namen. Mit seinem neuesten Werk „Die Start-up Gang“ möchte er bereits Kindern unternehmerisches Denken vermitteln.
Nicht zuletzt ist Maschmeyer aber an den Finanzmärkten unterwegs. Sein Expertenwissen zu Aktien und Investments im Allgemeinen erweiterte er in jüngster Vergangenheit auf Krypto und NFTs. Im Interview mit TECHBOOK gibt Maschmeyer wichtige Tipps für Anleger und warnt vor Fehlern.
Sind Kryptowährungen grundsätzlich ein gutes Investment?
Carsten Maschmeyer: „Jein! Kryptowährungen haben einige wichtige Vorteile. Weil sie so stark schwanken und riskant sind, haben sie das Potenzial für hohe Gewinne. Sogar Pensionsfonds legen schon einen Teil ihrer Einlagen in Krypto an, um mehr Rendite zu bekommen. Umgekehrt kann man durch das heftige Auf und Ab der Kurse auch viel Geld verlieren. Zudem kann Krypto vor Inflation schützen. Gerade jetzt, mit Inflationsraten von zuletzt sieben Prozent, ist das ein dicker Pluspunkt. Außerdem kann Vermögen in Krisenzeiten durch solche Cyberdevisen, ähnlich wie Gold, abgesichert werden.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass jede Menge Unfug damit betrieben wird. Krypto ist ein beliebtes Zahlungsmittel der kriminellen Szene, weil es anonym abläuft, beispielsweise für Drogenhandel oder Lösegeldzahlungen. Und im Ukraine-Krieg kann Krypto den Russen helfen, den Verfall des Rubels und die internationalen Sanktionen zu umgehen. Insgesamt bleiben Kryptowährungen eine sehr riskante Anlage und taugen nach meiner Überzeugung aktuell nur als langfristig angelegte Beimischung für diversifizierte Portfolios. Oder eben für bewusstes ,Spekulieren‘.“
Sind NFT‘s grundsätzlich ein gutes Investment?
Carsten Maschmeyer: „Als Technologie sind NFTs extrem spannend. Als Investment sind sie reine Zockerei. Der aktuelle Hype erinnert mich mehr an die niederländische Tulpenmanie oder die Dotcomblase als an eine seriöse Anlage. Wenn für animierte Katzen-GIFs viele hunderttausend Dollar oder für digitale Gemälde bei Christies kürzlich 69 Millionen Dollar gezahlt werden, halte ich das für verrückt.
Ich rechne damit, dass diese NFT-Blase bald platzt, spätestens dann, wenn die weltweite Liquidität und Investitionslaune mal etwas zurückgeht. Aktuell ist der Markt ja ohnehin in nur wenigen Wochen bereits zur Hälfte eingebrochen. Bis auf wenige NFTs werden alle ihren Wert fast oder vollständig verlieren, übrig bleiben werden nach meiner Überzeugung nur die Werke von ganz bekannten Künstlern. Wenn sich das so entwickelt, wäre das aber auch nicht weiter tragisch, denn der Grundgedanke von NFTs war ja nicht, ein Zockerinstrument zu schaffen.“
Welches Wissen benötigen Einsteiger?
Carsten Maschmeyer: „Man sollte immer nur in das investieren, was man auch versteht. Einsteiger sollten sich daher erstmal Wissen über die Technologie und Funktionsweise sowie über die Vor- und Nachteile von Kryptowährungen und NFTs aneignen. Dann sollten sie sich eine wichtige Frage mit kühlem Kopf beantworten: Passt ein Investment in Krypto oder NFTs in meine persönliche Anlagestrategie und zu meinem Gesamtvermögen und subjektivem Risikoprofil?
Anleger sollten sich außerdem einen Überblick verschaffen über die vielen verschiedenen Kryptowährungen – es sind mittlerweile ja schon über 18.000 verschiedene Währungen, davon natürlich die meisten völlig unbekannt und bedeutungslos. Und dann lohnt es sich noch, das politische und regulatorische Umfeld zu kennen. Kürzlich wurde im EU-Parlament über ein mögliches Verbot von Kryptowährungen abgestimmt, die besonders hohe Klimakosten verursachen. Wäre der Antrag angenommen worden, hätte das zu einem Handelsverbot von Bitcoin in Europa führen können. Und wenn in Russland Vermögende mittels Krypto die westlichen Sanktionen zunehmend umgehen, werden USA und Europa das sicher nicht akzeptieren. Sie werden einschreiten müssen, vielleicht bis hin zu Krypto-Verboten.“
Wie bewerten Sie Krypto und NFTs im Vergleich zu anderen Investmentformen?
Carsten Maschmeyer: „Der große Unterschied zwischen Aktien und Kryptowährungen: Aktien sind hinterlegt mit bestehenden Werten, man erwirbt also einen Anteil an einem real existierenden Unternehmen. Kryptowährungen haben keinen intrinsischen Wert. Eine Entweder-oder-Entscheidung halte ich daher für kontraproduktiv. Nicht nur in Zeiten steigender Inflation ist der beste Anlegertipp, immer eine Diversifikation des eigenen Portfolios mit verschiedenen Assetklassen vorzunehmen. Was man zusätzlich wissen muss: Die Klimabilanz von Krypto ist eine absolute Katastrophe. Der jährliche Stromverbrauch für das Schürfen von Bitcoins ist so hoch wie der von Ländern wie beispielsweise Niederlande oder Chile. Ich wundere mich schon, dass dieser Aspekt trotz des breiten Bewusstseins für Klimaschutz oft fast untergeht.“
Wie viel Prozent seines Einkommens in Krypto und NFTs investieren?
Carsten Maschmeyer: „Pauschal kann man das nicht sagen. Das hängt immer von der aktuellen Lebenssituation des Einzelnen ab. Welchen Investmenthorizont habe ich? Wie risikoscheu oder risikofreundlich bin ich? Und wichtig: Wie viel Geld habe ich insgesamt, wieviel würde ich im Worst Case als Verlust verschmerzen, ohne dass ich in finanzielle Schwierigkeiten komme? Aber um mal eine Hausnummer zu sagen: Ich persönlich würde maximal zehn Prozent für solche Investments reservieren.“
Welche Gefahren sehen Sie bei Krypto und NFT?
Carsten Maschmeyer: „Es gibt drei größere Gefahren: Einerseits die extreme Schwankungsanfälligkeit, denn in unsicheren Marktphasen werden viele fluchtartig diese hochriskante Anlageklasse wieder verlassen. Dann können regulatorische Änderungen dazu führen, dass die Handelbarkeit eingeschränkt wird oder es sogar zu Verboten kommt. Und der Vorteil der Anonymität kann zugleich auch ein Nachteil sein, da kriminelle Transaktionen begünstigt werden können. Bei Investments in Krypto gilt ein Grundsatz, der auch bei Aktienanlagen gilt: Nicht alle Eier in einen Korb zu legen, also nicht nur auf eine Währung setzen, sondern auf mehrere, und zwar langfristig. Und ich rate auch dringend davon ab, den eigenen Vermögensaufbau oder -erhalt hauptsächlich mit Krypto zu betreiben.“
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Fazit: Wer sollte in Krypto und NFT investieren und wer nicht?
Carsten Maschmeyer: „Wer etwas Geld übrig, risikofreudig ist und einen langen Investmenthorizont hat, kann einen Teil zur Diversifizierung seines Portfolios investieren, sollte dies aber als Spielgeld sehen.“