31. Mai 2022, 10:52 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Kabelnetzbetreiber vermarkten Internetzugänge mit bis zu 1 Gigabit pro Sekunde (GBit/s). Doch was nach Highspeed klingt, ist manchmal ganz schön lahm. Gerade in den Abendstunden kann es zum Beispiel beim Streamen zu Bild- und Tonaussetzern kommen.
Lange Zeit lieferte das Kabelnetz nur Fernsehen und Radio. Mit hohen Internet-Bandbreiten laufen die Kabelnetzbetreibern der Digital Subscriber Line (DSL) inzwischen aber den Rang ab. Während ein Haushalt über einen DSL-Anschluss maximal 250 Megabit pro Sekunde (MBit/s) erhält, sind es bei Kabel-Internet bis zu 1.000 MBit/s, also Gigabit-Geschwindigkeiten. Die Tücke liegt im „bis zu“, denn die gebuchte Bandbreite wird sowohl bei DSL als auch bei Kabel-Internet nur unter nahezu idealen Bedingungen erreicht. Das liegt an der Netzstruktur. Für eine bestimmte Anzahl an Haushalten wird eine bestimmte Bandbreite zur Verfügung gestellt, die sich die angeschlossenen Haushalte teilen müssen. Man spricht hierbei von einem geteilten, einem Shared Medium. Und dieser Umstand führt dazu, dass das Kabel-Internet trotz versprochener hoher Bandbreiten oftmals sehr viel langsamer ist.
Das Kabelnetz als Shared Medium
Der Shared-Medium-Effekt ist vergleichbar mit einer Autobahn. Fährt nur ein Auto auf einer gewissen Strecke, kann der Fahrer das Gaspedal durchtreten. Sind jedoch tausende Autos unterwegs, sinkt die Durchschnittsgeschwindigkeit.
Das gilt auch für den Daten-Highway. Anstelle von Autos geht es im Kabelnetz um die angeschlossenen Haushalte. Sie werden in Gruppen, sogenannte Cluster, zusammengefasst. Für jeden Cluster steht eine konkrete Gesamtbandbreite zur Verfügung, die sich die Haushalte teilen.
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Zu großer Cluster, zu viele Nutzer
Wenn aber auch das DSL-Netz ein Shared-Medium ist, warum hört man den Begriff so häufig im Zusammenhang mit Kabelnetzen? Die Kabelnetzbetreiber sind Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden. Zu schnell haben zu viele Haushalte Kabel-Internet gebucht. Nach Angaben des Verbands der Kabelnetzbetreiber ANGA stieg die Kundenzahl in den vergangenen fünf Jahren um 40 Prozent auf 8,4 Millionen. Jeder dritte Neukunde der ANGA-Netzbetreiber wählt einen Tarif mit mehr als 200 MBit/s. Rund 1,7 Millionen Kunden buchten bislang Bandbreiten über 400 MBit/s.
Die Kabelnetzbetreiber sind daher gezwungen, ihre Netze auszubauen. Sie verkleinern die Cluster. Dadurch teilen sich weniger Haushalte die Gesamtbandbreite pro Cluster. Der Netzausbau läuft aber nicht schnell genug. Und er ist mit Kosten verbunden, die im harten Wettbewerb mit DSL-Anbietern gerne vermieden werden. Die Folge: Die Cluster sind zu groß, zu viele Haushalte teilen sich die Gesamtbandbreite und das Kabel-Internet ist zu langsam.
Das bekommen Kabel-Internetnutzer insbesondere in den Abendstunden zu spüren, wenn besonders viele Haushalte online gehen. Wer nach Feierabend erst auf der Autobahn im Stau stand, findet sich anschließend in der Rush Hour des Daten-Highways wieder. Die stark gestiegene Nutzung digitaler Anwendungen wie Video-Konferenzen oder Streaming in der Corona-Pandemie hat das Problem für Kabel-Internetnutzer zuletzt noch verschärft.
Speed-Test durchführen und Router prüfen
Bei wem das Kabel-Internet regelmäßig zu langsam ist und wer dadurch mit Bild- und Tonproblemen beim Streaming, Aussetzern beim Online-Gaming oder langen Downloadzeiten zu kämpfen hat, sollte einen Speed-Test seines Internetanschlusses vornehmen. Empfehlenswert ist die Breitbandmessung der Bundesnetzagentur. Am besten führt man sie zu verschiedenen Tageszeiten durch. So kann man erkennen, wann die Bandbreite besonders stark absackt.
Ist die Bandbreite aber durchweg zu niedrig, könnte auch ein veralteter Router das Problem sein. Wenn die Netzwerk-Ports des Routers nur mit 100 MBit/s betrieben werden, nutzt ein Internettarif mit 200 MBit/s oder mehr herzlich wenig.
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Support anfragen, Anbieterwechsel
Darüber hinaus können Streaming-Probleme oder lange Downloads auch mit der Anzahl der Geräte zusammenhängen, die im Haushalt parallel online sind. Kabel-Internet mit 50 MBit/s reicht eventuell nicht aus, wenn gleichzeitig an drei Geräte gestreamt wird. Lässt sich die Ursache nicht feststellen, sollte der Support des Kabelnetzbetreibers hinzugezogen werden.
Vorsicht, falls der Abschluss eines Tarifs mit mehr Bandbreite empfohlen wird. Das kann unter Umständen wenig hilfreich sein, denn der Shared-Medium-Effekt wird nicht geringer, wenn im gleichen Cluster mehr Bandbreite nachgefragt wird. Dann hilft nur noch der Anbieterwechsel.