25. August 2024, 10:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der DSL-Anbieter 1N Telecom hat mit einer „perfiden Masche“ den Verbraucherschutz auf den Plan gerufen. Das Unternehmen macht sich offenbar die Namensähnlichkeit mit der Deutschen Telekom zunutze. Es geht um Täuschung, Irreführung und womöglich Verstöße gegen das Telekommunikationsgesetz. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat eine Unterlassungsklage gegen 1N Telecom eingereicht und prüft aktuell eine Sammelklage.
Verschiedene Gesetze sollen Verbraucher vor unangemessenen Vertragsbedingungen und Geschäftspraktiken schützen, die unerwartete Kosten mitbringen. In diesem Sinne könnte sich 1N Telecom strafbar gemacht haben. Das Unternehmen soll Verbraucher wissentlich getäuscht, sie in einen Vertragswechsel getrickst und ihnen systematisch hohe Gebühren in Rechnung gestellt haben. Seit 2023 seien mehr als 11.000 entsprechende Beschwerden bei den Verbraucherzentralen eingegangen; ein Großteil demnach seit Beginn des laufenden Jahres. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) habe den DSL-Anbieter schon abgemahnt und Unterlassungsklage eingereicht. Eine Sammelklage soll folgen.
Übersicht
Verbraucherschutz klagt gegen 1N Telecom
„1N Telecom hat […] Verbraucher bereits in der Vergangenheit mit einem Werbeschreiben mit Tarifangebot verunsichert“, kann man dazu in einer aktuellen Veröffentlichung des vzbv nachlesen. In den Schreiben sei ein 24-Monats-Vertrag für Festnetz und DSL-Internet angepriesen worden. Viele Empfänger sollen den Inhalt falsch verstanden haben. Sie gingen laut Angaben der Verbraucherschützer davon aus, dass es sich um die Möglichkeit einer Anpassung der Konditionen ihres laufenden Vertrags handelt – dem mit der Deutschen Telekom.
„Vor allem ältere Menschen sind betroffen, wie zahlreiche Verbraucherbeschwerden zeigen“, erklärt dazu das Sammelklagen-Team des vzbv. Die getäuschten Verbraucher gingen mit ihrer Einwilligung einen neuen Vertrag mit einem Unternehmen ein, dessen Namen dem ihres eigentlichen Anbieters schlichtweg ähnelt.
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Erschlichener Neuvertrag und hohe Wechselgebühren
Irgendwann erkannten die Betroffenen dann doch, dass sie einem Anbieterwechsel zugestimmt haben. Etwa daran, dass der neue Vertragspartner die Portierung der bisherigen Telefonnummer beantragt. In vielen Fällen werde die Täuschung jedoch erst nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist bemerkt, berichten die Verbraucherschützer.
Den Betroffenen werde dennoch die Möglichkeit einer Vertragsbeendigung suggeriert. Dabei lasse 1N Telecom es so klingen, als könnte der Vertrag mit allenfalls minimalen Gebühren vorzeitig beendet werden. Dann aber erhalten sie doch Rechnungen über hohe Beträge. Und: Lehnen Kunden das Portierungsansinnen ab, „kündigt 1N Telecom, fordert Schadensersatz in Höhe von 419,88 Euro und lässt das Geld auch von einer Inkassofirma eintreiben“.
Masche beschäftigt die Deutsche Telekom seit 2021
TECHBOOK hat bei der Deutschen Telekom nachgefragt. Das Unternehmen versuche demnach nunmehr bereits seit 2021, gegen die Masche vorzugehen. Es seien aktuell vor Gericht mehrere rechtliche Auseinandersetzungen mit 1N Telecom anhängig. „Nach wie vor erleben wir, dass in rund 75 Prozent der Fälle, in denen uns ein Antrag der 1N Telecom GmbH auf Portierung der Rufnummer erreicht, die Kunden sich getäuscht sehen und nicht wechseln wollen“, so ein Sprecher.
Man stehe mit den Verbraucherzentralen im Austausch und begrüße die geplanten Schritte. Betroffenen Kunden rät die Telekom, sich eingehend über die eigenen Rechte und Möglichkeiten des Widerspruchs beraten zu lassen, bei einem Rechtsbeistand oder dem Verbraucherschutz.
vzbv hält Verträge für unwirksam
Der vzbv halte die Regelung zur Vertragslaufzeit in den Verträgen für unwirksam und folglich auch die Schadensersatzforderung unberechtigt. Der Verband begründet dies unter anderem damit, dass 1N Telecom in seinem Anschreiben ausschließlich Verträge mit einer Laufzeit von 24 Monaten anbietet. Es müsste aber auch die Möglichkeit einer Bindung von maximal 12 Monaten geben. Eine Unterlassungsklage wegen unwirksamer Vertragsklauseln liege dem Oberlandesgericht Düsseldorf bereits vor. Auch die Verbraucherzentralen in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg planen demnach rechtliche Schritte.
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Was Betroffene tun sollten
Laut den Verbraucherschützern sollten Betroffene 1N Telecom direkt schriftlich kontaktieren – am besten per Anschreiben. Auf der Website der Organisation finden sie zu diesem Zweck einen Briefvordruck sowie die Postadresse des DSL-Anbieters. Mit dem von den Experten aufgesetzten Schreiben fechten Kunden „den angeblich geschlossenen Vertrag wegen arglistiger Täuschung und Irrtums an“.
Weiterhin sind Betroffene dazu aufgerufen, sich beim vzbv zu melden und an einer Umfrage teilzunehmen. Diese finden Sie hier. Die Ergebnisse will der Verband für die Prüfung der beabsichtigten Sammelklage gegen 1N Telecom nutzen. „Mit einer Sammelklage können im Erfolgsfall Rückzahlungen für Betroffene gerichtlich erwirkt werden“, erklären die Verbraucherschützer.