9. August 2019, 16:16 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Im Zuge des Handelsstreits zwischen China und den USA war immer wieder von Huaweis eigenem Betriebssystem die Rede. Dieses sollte eine Alternative zu Android sein. Nun hat Huawei sein eigenes System vorgestellt. Es trägt den Namen HarmonyOS und lässt sich plattformübergreifend einsetzen. Interessant ist es zunächst aber vor allem für den chinesischen Markt.
Huaweis eigenes Betriebssystem ist da, und es heißt HarmonyOS. Harmony ist die englische Übersetzung von HongmengOS, der Codename, unter dem das Betriebssystem entwickelt wurde. Dahinter verbirgt sich ein System, das nicht nur auf Smartphones, sondern auch auf anderen Plattformen wie Tablets, in Autos oder auf Smart TVs eingesetzt werden kann. Dabei läuft es laut Huawei dank Mikroarchitektur unabhängig von der RAM- und Speichergröße.
HarmonyOS ist plattformübergreifend nutzbar
Genau diese plattformübergreifende Nutzung ist es, die HarmonyOS so außergewöhnlich macht. Denn bislang bedienen sich die Hersteller je nach Geräteklasse unterschiedlichen Systemen, wie beispielsweise WearOS für Smartwatches, Android für Handys, Android TV für Fernseher oder ChromeOS für Notebooks.
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HarmonyOS beruht auf Open Source und unterstützt bereits zum Start eine Reihe an Apps. Wie Huawei-Chef Richard Yu während der Präsentation mitteilte, sollen sowohl HTML5-, als auch Linux- und Android-Apps mit dem System kompatibel sein. Nur so ist gewährleistet, dass Programme sich auf jeder Geräteklasse nutzen lassen.
Ein weiterer Vorteil, den Huawei hervorhebt, ist die Sicherheit. Im Gegensatz zum herkömmlichen Android bietet HarmonyOS durch den Mikrokernel keinen Root-Zugriff. Der Quellcode ist aufgrund des Open-Source-Zugang jedem zugänglich und lässt sich so jederzeit auf seine Sicherheit überprüfen.
Neues Huawei-System kommt zunächst auf Honor-Gerät
Die Huawei-Tochter Honor hat bereits ein Gerät angekündigt, auf dem HarmonyOS erstmals zum Einsatz kommen soll. Dabei handelt es sich Berichten zufolge um einen Smart TV, der am morgigen 10. August in China vorgestellt wird. In der Version HarmonyOS 1.0 setzt Huawei offenbar noch auf den Linux-Kernel, der aber dennoch die volle Kompatibilität mit Geräten und Apps gewährleisten soll. Im kommenden Jahr möchte das Unternehmen dann mit HarmonyOS 2.0 einen eigenen Kernel integrieren.
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HarmonyOS und Android: Eine Ergänzung, keine Alternative
Unklar ist derzeit noch, ob Huawei sein hauseigenes System auch auf dem nächsten großen Smartphone, dem Mate 30 (Pro), einsetzen wird. Zumindest im Heimatland wäre eine solche Version denkbar. Denn in China sind ohnehin viele Google-Anwendungen gesperrt – stattdessen setzt man dort auf inländische Alternativen.
In Europa ist die Situation etwas anders. Hier teilen sich Google Android und Apple iOS den Markt der mobilen Betriebssysteme. Huawei hält deshalb noch an Android fest. Denn ein neues System lässt sich nicht so einfach etablieren. Es braucht vor allem Software-Spezialisten, die genügend passende Apps entwickeln. Genau hieran sind frühere Lösungen von Microsoft oder Samsung gescheitert. Android und iOS waren einfach zu stark.
Nur wenn sich der Konflikt zwischen den USA und China weiter zuspitzen sollte und Huawei dann von Android abgeschnitten ist, wäre eine vollständige Umstellung auf HarmonyOS denkbar. Für Bestandsgeräte würde die Anpassung auf das neue System einen geringen Arbeitsaufwand bedeuten. „Von Android auf HuaweiOS umzusteigen, ist nicht so schwierig. Eigentlich ist es sogar sehr einfach,“ so Yu während der Präsentation. Er betont zudem, dass man auch anderen Herstellern Zugriff auf HarmonyOS gewähren wolle.
TECHBOOK meint
„Es gab schon mehrere Versuche großer Smartphone-Hersteller, Android Konkurrenz zu machen. Der heutige Marktführer Samsung hat das gleich mit zwei Anläufen – Bada und Tizen – versucht und ist kläglich damit gescheitert. Allerdings könnte HarmonyOS eine interessante Alternative zu Googles geplantem Fuchsia werden, das auch ein geräteübergreifendens Betriebssystem werden soll. Zum jetzigen Zeitpunkt ist Huawei jedoch noch zu schwach, um auch in Kernmärkten außerhalb Chinas ein eigenes OS durchsetzen zu können.“– Adrian Mühlroth, Redakteur