3. Februar 2018, 11:00 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Ein GPS-Sender im Ranzen soll Kinder auf dem Schulweg schützen. Doch noch vorm ersten Test in Ludwigsburg steht das Projekt „Schutzranzen“ in der Kritik. Geht es den Machern in Wahrheit um die Daten? Und wollen die Eltern ihre Kinder damit schützen – oder überwachen?
Im Straßenverkehr kommt durchschnittlich alle 18 Minuten ein Kind unter 15 Jahren zu Schaden. Diese erschreckende Zahl veröffentlichte das Statistische Bundesamt für 2016. Um diese Gefahr einzudämmen, entwickelte das Unternehmen Coodriver die sogenannte Schutzranzen-App – eine Anwendung um Kinder im Straßenverkehr besser zu schützen. Datenschützer schlagen aufgrund der integrierten Ortungsfunktion jedoch Alarm. Ist die App also eine sinnvolle Alternative zur klassischen gelben Warnweste?
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Sicherheit durch GPS-Technik – aber nicht für jeden
Die Grundidee der Schutzranzen-App kommt simpel daher. Eltern statten ihre Kleinen mit einer App auf dem Smartphone oder einem GPS Sender im Ranzen aus. Die Geräte erfassen dann jederzeit die Position des Kindes. Autofahrer werden über das eigene Telefon visuell und akustisch gewarnt, sobald sich ein Schüler im unmittelbaren Umkreis befindet. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich das Gerät in der Tasche befindet oder der KFZ-Führer gerade über eine Freisprecheinrichtung telefoniert. Zusätzlich wurden deutschlandweit Schutzzonen um rund 16.000 Grundschulen herum angelegt. Das System warnt entweder vor einer Schule allgemein oder vor einzelnen Kids.
Der Schwachpunkt des Systems liegt aktuell in der Verbreitung. Sowohl der Fahrer als auch das Kind benötigen die App auf ihrem Smartphone. Coodriver ist daher auf der Suche nach Partnern. Bislang bekundete Ludwigsburg in Baden-Württemberg ihr Interesse. Dort setzt sich Oberbürgermeister Werner Spec für eine flächendeckende Lösung in seiner Stadt ein.
Datenschützer befürchten totale Überwachung
Neben der Hauptfunktion zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, können Eltern ihre Kids außerdem über die Anwendung orten. Bei der niedersächsischen Datenschutzbeauftragten Barbara Thiel sorgt das für starke Bedenken: „Wenn Eltern jederzeit per Knopfdruck die Position ihrer Kinder erfahren können, stellt das eine Totalüberwachung dar.“ Auch beim „Verband Bildung und Erziehung“ stößt die Schutzranzen-App auf wenig Gegenliebe: „Ich warne mit Nachdruck davor, sich trügerischen Sicherheiten im Tausch von Daten hinzugeben“, mahnte der Bundesvorsitzende Udo Beckmann.
Coodriver wehrt sich gegen diese Vorwürfe: „Das Kind muss die Funktion selbst freischalten und kann sie auch jederzeit wieder deaktivieren“, führte Schutzranzen-Erfinder Walter Hildebrandt an. Außerdem zeige die Anwendung lediglich den groben Standort des Kindes an.
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Was passiert mit den Daten?
Coodriver betont, dass sie Daten weder speichern noch verkaufen möchten. Auch deshalb reiche für die Registrierung auch lediglich ein Pseudonym aus. Der Bielefelder Verein Digitalcourage steht dem skeptisch gegenüber. Die Mitglieder befürchten, dass die Daten auf den Servern letztendlich doch bei Google, Amazon und Co. landen.